Das Textanalysewissen gehört zu den • kognitiv-analytischen Zugängen
beim Umgang mit literarischen Texten in der Schule. Es bezieht sich auf
ein weites Feld von Operationen, die bei der schulischen Textarbeit an
literarischen Texten gemeinhin durchgeführt werden.
Das Textanalysewissen ermöglicht mit Hilfe von textanalytischen
Kategorien zentrale Textelemente auf den Ebenen von Inhalt und Form zu
erkennen und funktionale Zusammenhänge zwischen diesen Elementen zu
bestimmen. Dabei wird wohl •
Künstliche Intelligenz (KI) in Zukunft einer der wichtigsten Quellen
dieses Wissens werden, sofern sie dies heute nicht schon ist.
Das Textanalysewissen unterscheidet sich auch danach, ob es sich auf •
erzählende, •
dramatische,•
lyrische Texte,•
literarische Zweckformen,
• Filme oder Comics bezieht, die man
als die grundlegenden fiktionalen
Großgattungen ansehen kann. (vgl.
Kepser/Abraham 42016, S.51ff.)
Zum Textanalysewissen gehören dabei, ohne Anspruch auf Vollständigkeit
und textlinguistisch gesprochen,
Textmusterwissen
und
Textsortenwissen und
Textstrukturwissen.
Hinzukommen Sprachwissen
und rhetorisches Wissen sowie
Stilwissen.
Konkreter gesagt, geht es dabei um allgemein um Kategorien der
Stilanalyse (•
Figuren und Tropen,
Metapher, Anapher, Parallelismus etc.) bzw. der sprachlich-stilistischen
Analyse überhaupt.. Ferner dreht es sich um •
Strukturbegriffe der
Erzähltextanalyse und um •
Grundbegriffe zur Gedichtinterpretation
(z. B. Strophenform, Reimschemata, Metrik etc.). Außerdem geht es um
Begriffe und Konzepte der •
Argumentationslehre bei der Analyse verschiedener •
literarischer
Zweckformen oder um Kategorien, die bei der •
Film- oder Comic-Analyse verwendet
werden.
Die Interpretationspraxis der Schülerinnen und Schüler zeigt dabei immer
wieder Probleme bei der Herstellung des Funktionszusammenhangs der
verschiedenen strukturbezogenen und sprachlich-stilistischen Mittel mit
der Gesamtaussage literarischer Texte. Dementsprechend schwer tun sie
auch auch immer wieder, wenn im Rahmen •
mehrteiliger
Arbeitsanweisungen zur Textinterpretation einzelne Arbeitsaufträge
so formuliert sind: "Zeigen Sie, mit welchen sprachlichen
formalen Mitteln (der Text) gestaltet ist und welche Funktion diese
Gestaltung für den Text/die Textgestaltung besitzt."
Nicht zuletzt aus diesem Grund greifen wir in unseren verschiedenen
FAQ's (Frequently Asked Questions) immer wieder solche Fragen auf, wie
z. B. in den folgenden bei der Analyse und Interpretation erzählender
Texte:
Insbesondere bei
der •
Analyse und Interpretation erzählender Texte im schulischen
Literaturunterricht Erzähltextanalyse konkurrieren eine große
Zahl unterschiedlicher Kategorien, die zum Teil alle bestimmten
Literaturtheorien zugeordnet werden können, oder unterschiedliche
Kategorien verschiedener Herkunft im Sinne der • "Werkzeugkasten-Fraktion" (Vogt
2011, S.10) verwenden, •
wenn es didaktisch anzeigt scheint. Schließlich geht es bei der ▪
schulischen Analyse und Interpretation
von Erzähltexten
nicht um eine letztlich widerspruchsfreie, kategoriale
Terminologie in einem geschlossenen erzähltheoretischen Universum, sondern um den heuristischen Wert, den die Anwendung der
Strukturbegriffe für Schülerinnen und Schüler auf den ihnen angemessenen
Kompetenzniveaus besitzt.
Dieses durchaus
eklektische Vorgehen passt dabei, da ist
Vogt
(2011, S.109 voll und ganz zuzustimmen, in die "innerhalb der
deutschen Literaturwissenschaft [...] in den letzten Jahren doch immer
stärker in diese vernünftige Richtung eines entspannten
Methodenpluralismus" gegangene Entwicklung.
Es geht dabei gerade bei der Interpretation von literarischen Texten,
und das natürlich in besonderem für die schulische Textinterpretation
darum, erzähltheoretische Kategorien, "verstanden als begrifflicher
Werkzeugkasten" (Köppe/Kindt
2014, S.33) "im Rahmen unterschiedlich ausgerichteter
interpretativer Erschließungen von Erzähltexten" zu nutzen.
hier i. e. S. verwendet
für erzähltheoretische und erzählanalytische Ansätze wie das on »Franz
K. Stanzel (geb. 1923) (z. B.
Typische Formen des
Romans 1964,Theorie
des Erzählens 1979), die Analyse der Bauformen des Erzählens von »Eberhard
Lämmert (1924-2015) (z. B.
Bauformen des
Erzählens 1953/1955), »Hans-Werner
Ludwig (geb. 1934) (z. B.
Arbeitsbuch
Romananalysen 1982) u. a.
Aus diesem Grunde haben
Kategorien der
traditionellen Erzähltheorie,
wie sie von »Franz
K. Stanzel (geb. 1923) mit dem Konzept der ▪
Erzählsituationen, von »Eberhard
Lämmert (1924-2015) (z. B.
Bauformen des
Erzählens 1953/1955) oder auch»Hans-Werner
Ludwig (geb. 1934) (z. B.
Arbeitsbuch
Romananalysen 1982) entwickelt worden ist, ebenso ihren Platz im Literaturunterricht
wie Kategorien der Erzähltextanalyse von Petersen oder Kategorien und
Konzepte der modernen Narratologie von Gérard Genette oder Wolfgang
Schmid. Dabei werden in der Literaturdidaktik immer wieder Anstrengungen
unternommen, um Werkzeugkästen mit neuem Inventar zum Durchbruch zu
verhelfen. Teil geschieht dies unter Berufung darauf, dass ältere
Kategorien eben längst von der Kritik überholt worden seien, teils mit
durchaus einleuchtenden Argumenten, die aber dann keine Aussicht auf
größere Verbreitung haben dürften, wenn sie stets die scheinbar
veraltete und didaktisch verwirrende Terminologie in einem als Ganzes
geschlossen auftretenden Werkzeugkasten die bis dahin gebräuchlichen
Werkzeuge einfach nur anders benennt.
Dies betrifft auch das
von Martin Leubner und Anja Saupe (2006) vorgestellte Modell der
Erzähltextanalyse, das sie im Anschluss an die Narratologie Gérard
Genettes entwickelt haben. (vgl.
Spinner (2022a,
S.170f.) hat dazu im Zusammenhang mit dem von den beiden modellierten
Erzählperspektive ausgeführt: "Die Erzählperspektive / der quantitative
Point of View kann die folgenden Varianten aufweisen: a) der Erzähler
sagt mehr als die (Haupt-)Figur weiß b) der Erzähler sagt genauso viel
wie die (Haupt-)Figur weiß c) der Erzähler sagt weniger als die (Haupt-)Figur
weiß (Leubner/Saupe 2006, S. 133; leicht modifiziert in Leubner/Saupe/Richter
2010, S. 100)" Für Spiinner ist und bleibt aber der Begriff des
Erzählers das eigentliche Problem. So sei es seiner Auffassung nach eben
grundsätzlich angebrachter von der Erzählinstanz zu sprechen, da der
Unterschied von Erzähler und Autor den Schülerinnen und Schüler immer
wieder Probleme bereite. Solche Personifikationen abzubauen, die auf die
Schülerinnen und Schüler stets befremdlich wirkten, liegen ihm
jedenfalls besonders am Herzen.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
31.07.2024