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Der • Zugang zu literarischen Texten in der Schule über das • Autorenwissen, d.h. dem biografischen und autobiografischen Wissen, gehört heute zu den meist genutzten Zugängen im Literaturunterricht in der Sekundarstufe I und besonders in der Sekundarstufe II. Dabei ist wird der Zugang wohl meistens noch mit kognitiv-analytisch Verfahren genutzt, aber grundsätzlich sind auch verschiedene produktive Verfahren denkbar und gewinnen mehr und mehr an Boden.


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Dabei kann sich biografisches Wissen grundsätzlich "entweder auf Figuren beziehen, die in der Textwelt eines Textes vorkommen und eine Entsprechung in der außerliterarischen Wirklichkeit haben, oder auf das Leben der Autoren literarischer Werke selbst." (Abraham 2021, S.134) Hier wird das biografische Wissen als Autorenwissen aufgefasst, dass sowohl biografisches Wissen über den Autor als auch das • autobiografische Wissen des Autors über sich selbst umfasst,

In den • KMK-Bildungstandards (BISTA AHR-D 2912) wird dieses Autorenwissen im Rahmen des eingeforderten literaturgeschichtlichen und poetologischen Überblickswissens eingefordert und ist auch in den verschiedenen Lehr- und Bildungsplänen der Bundesländer in Kompetenzerwartungen und Standards "gesetzt"  (z. B. Bayern, Baden-Württemberg). (vgl. Überblick: Von den EPA zu den Bildungsstandards)

Der auf eine wechselvolle Geschichte zurückgehende • biografische Ansatz zählt im Rahmen der in der Schule als Schreibform üblichen • kontextualisierten werkimmanenten Interpretation zu den wichtigsten • Methoden bei der • schulischen Analyse und Interpretation literarischer Texte.

Dabei nimmt das biografische Wissen beim • Hinzuziehen von Kontexten verschiedener Art eine herausragende Rolle ein. Neben anderen Gründen liegt dies wohl auch daran, dass Informationen über das Leben von Autoren auch in vielen Lehrwerken immer wieder zur Kontextualisierung literarischer Primärtextes herangezogen werden  (vgl. Pauldrach 2020, S.2). Autorbiografien eignen sich besonders gut zur narrativen Vermittlung von Geschichte beim • historischen Erzählen von Lehrerinnen und Lehrern. Aber auch für die Schülerinnen bieten Informationen aus unterschiedlichen Quellen und Medien eine ausgezeichnete Möglichkeit, auf dem Weg entdeckenden Lernens ihre eigene Erzählung über das Leben eines Autors zu konstruieren. So können sie mit dem Autorwissen, das sie unter einer vorgegebenen oder selbstgewählten Problemstellung eigenständig recherchieren und/oder aus einer Materialauswahl erarbeiten, die individuelle Bedeutsamkeit dieses Wissens erfahren ihrer individuellen Bedeutsamkeit zu erfahren.

Biografistische Verkürzungen als Problem des Zugangs über das Autorenwissen

Informationen zu den Lebensumständen im Literaturunterricht sind dabei nicht per se hilfreich bei der Interpretation und Sinnkonstruktion. Ob sich der Aufwand für das literarische Verstehen lohnt, entscheidet man am besten von Fall zu Fall. Zudem ist immer wieder zu beobachten, dass Schülerinnen und Schüler beim Heranziehen des biografischen Kontexts zur Plausibilisierung ihrer Deutung zu "biographistische(n) Verkürzungen" (Nickel-Bacon 2014, S.95) neigen. So kommen zwar nicht unbedingt falsche, aber doch sehr vereinfachende Interpretationen zustande, die dem literarischen Text u. U. nicht gerecht werden. (vgl. ebd.)

Von einem Beispiel für "störendes biographisches Wissen" weiß Spinner 2022a, S. 176) zu berichten. So habe eine Schülerin bei der Behandlung von Gedichten » Georg Trakls (1887-1914) durch eigene ,Recherchen von dessen Drogenabhängigkeit erfahren, dies im Unterricht eingebracht mit der Folge, dass "die Klasse die schwer verständlichen Gedichte nur noch als wirren Ausdruck eines Drogensüchtigen" eingeschätzt habe. Ähnlich sind auch die bei der Interpretation von Texten Franz Kafkas (1883-1924) immer wieder dessen • "Brief an den Vater" heranzuziehen, unabhängig davon ob dies besonders im Vergleich zu anderen Deutungsansätzen besonders ergiebig ist. (vgl. Abraham 2021, S.136) Ähnlich sieht dies auch Spinner (32019, S.239f.) der zugleich davor warnt, dass auf diese Weise "der literarästhetische Text zum bloßen Dokument" für biografisches Wissen werde, ohne auch nur annähernd zu erklären, warum ausgerechnet ein Autor wie Franz Kafka eine so bedeutende Rolle in der Literatur des 20. Jahrhunderts spiele.

Ein • Beispiel aus der Unterrichtspraxis im Zusammenhang mit einer • produktorientierten Schreibaufgabe zur Textinterpretation von • Franz Kafkas Parabel »Der Schlag ans Hoftor« im Unterricht kann ähnliche Probleme verdeutlichen.

Dass Schülerinnen und Schüler zu biografistischen Verkürzungen tendieren, dürfte auch damit zusammenhängen, dass die damit verbundenen lebensweltlichen Bezüge ihnen vertrauter erscheinen als die abstrakten Deutungsrahmen anderer Ansätze. Der biografische Bezugsrahmen macht in ihren Augen  literarische Texte lebendiger, weil sie "erkennen, dass hinter dem Werk ein Mensch mit seinem Engagement, seinen Leidenserfahrungen und seinen Sehnsüchten steht." (Spinner (32019, S.239f.)

Zudem erwarten sie wohl, dass sie mit einer • lernstrategischen Orientierung, bei der sie das schreiben, was die Lehrkräfte vermeintlich erwarten, deren sozialen und die Leistungserwartungen am besten erfüllen. Dies dürfte um so häufiger der Fall sein, je geringer ihre Fähigkeiten sind, inter- oder extratextuelle Kontexte auf ihre Stichhaltigkeit und Konsistenz zu prüfen.

 

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 18.08.2024

 
 

 
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