▪ Plausible Muster der
Alltagsargumentation (Kienpointner 1996)
▪
Modelle der kritischen
Argumentation
und Diskussion
▪
Überblick
▪
Idealmodell
der vernünftigen Argumentation
(Habermas)
▪
Regeln für
vernünftiges Argumentieren
Vernunftorientierte
Argumentation ist unserem gängigen Verständnis rational, d. h. sie
orientiert sich an allgemein anerkannten Mustern des Denkens und steht,
zumindest, prinzipiell, auf der Grundlage der Logik.
Beim Argumentieren
sollen – so die übliche Lesart – "zwischen zwei Interaktanten
strittige, konkurrentielle Wissenselemente durch verbale Interaktion in
ihrem Status geklärt werden". Und im Idealfalle kommt "dem
wechselseitige(n) Überzeugen der Interaktanten eine große Bedeutung zu."
(Ehlich 1993/42010,
S.53f.)
Allerdings wird nicht immer und
überall versucht, das, was strittig
ist, in einer argumentativen
Auseinandersetzung, im Idealfall mit einem vorher in keiner Weise
festgelegten Ausgang, zu klären. Oft wird Strittiges einfach "von oben"
entschieden und immer wieder kommt es vor, dass Menschen lieber mit den
Fäusten als mit Worten "argumentieren".
Ist also etwas strittig, dann ist noch
lange nicht gesagt, dass es auch zu einer vernunftorientierten argumentativen
Auseinandersetzung kommt.
Wenn Menschen nämlich weder die Fähigkeit noch die
Bereitschaft haben, sich mit Argumenten "vernünftig" und rational miteinander auseinanderzusetzen, gibt
es auch eigentlich kein Argumentieren im Sinne der
obigen Definition. Dabei hängt das Ganze nicht allein daran, ob "Subjekte fähig und bereit
sind, Problemlagen argumentativ zu bewältigen", sondern auch davon, ob die "gesellschaftlichen Verkehrsformen diese Form kommunikativer
Problembewältigung strukturell fördern." (Kopperschmidt
1989, S.15)
Ob "gute" Argumente in Wirklichkeit allerdings auch einfach überzeugen
können, ist zumindest fraglich und hängt nicht allein vom guten Willen
der Beteiligten ab, sich auch auf andere Argumente einzulassen.
In jedem Fall wirken die vermeintlich besseren Argumenten nicht "wie
rhetorische Vektoren, die Überzeugungen in ihre Richtung bewegen." (Abelson 1986)
Der Myside-Bias und die Voreingenommenheit beim Argumentieren
In den extrem
polarisierten Gesellschaften, wie wir sie heute immer wieder auf der
Welt erleben, sehen wir uns einer Situation gegenüber, die eine
vernunftorientierte Verständigung zwischen den Lagern immer stärker
verunmöglicht.
Ins Zentrum der
Aufmerksamkeit rücken daher mehr und mehr die Prozesse dieser
"Lagermentalität". Und dabei geht es weniger darum, welches Lager recht
hat oder um die vermeintlichen Folgen einer katastrophalen
gesellschaftlichen Abkehr vom Konzept der Wahrheit (vgl.
Stanovich 2020),
sondern um die wachsende Bedeutung
kognitiver »Verzerrungen (cognitive bias), insbesondere dem
sogenannten ▪ Meine-Seite-Denken (Myside
thinking)
Stanovich 2021).
Diese besondere Art der
kognitiven Verzerrung, die "unser Denken im realen Leben
(charakterisiert)" (Stanovich
2020a), steht dabei dem teht vor allem das ▪
Meine-Seite-Denken (Myside-Bias) (Stanovich
2021) dem Ideal ▪ vernunftorientierter
Argumentation entgegen, das letzten Endes in argumentativen
Auseinandersetzungen auf das bessere Argument vertraut.
Zugleich ist es wohl der
maßgebliche Grund dafür, dass die kognitiven Schemata, mit denen wir
ansonsten durch ▪
Wissenszuwachs, ▪
Feinabstimmung, ▪
Umstrukturierung
und ▪
Integration die nötigen Anpassungen an die Realität vornehmen, sich
nur noch im sozialen Rahmen eines bestimmten "Lagers" "weiterentwickeln"
und Informationen, die von unserer sozial konstruierten Normalität abweichen, überhaupt nicht mehr wahrgenommen werden.
Auswirkungen des Myside-Bias beim Argumentieren
Beim ▪ Argumentieren
spielt das Meine-Seite-Denken (Myside-Bias) sowohl bei der Bewertung von Argumenten anderer als
auch bei der Generierung eigener Argumente eine maßgebliche Rolle. Die
größte Bedeutung besitzt das Meine-Seite-Denken
-
So hat man in verschiedenen
Studien herausgefunden, dass die Versuchsteilnehmer*innen eine weitaus
größere Zahl von Argumenten für ihre Seite als die der Gegenseite
fanden, wenn sie eine klare Meinung zu dem Thema hatten.
Im Übrigen kam
dieses Ergebnis auch zustande, wenn sie zuvor ausdrücklich angewiesen
wurden, in ihrer Argumentation unvoreingenommen zu sein (Stanovich
2021, S.14f. Kindle-Version)
-
Myside-Bias bei der Risikowahrnehmung
Auch unsere
Risikowahrnehmung läuft nicht unvoreingenommen ab, sondern ist durch
unsere Affekte bestimmt. Wenn uns nämlich die Vorteile einer Sache
gefallen, tendieren wir dazu, sie für ein geringes Risiko zu halten.
Wahrend z. B. in der
realen Welt Risiko und Ertrag in der Regel miteinander korrelieren – je
höher das Risiko, desto höher der Ertrag – nehmen wir in unserem Leben
eine andere Risikobewertung vor. Hier gilt im Allgemeinen: "Wenn etwas
mit hohem Nutzen bewertet wird, wird es tendenziell als risikoarm
angesehen; und wenn etwas als risikoreich eingestuft wird, wird davon
ausgegangen, dass es nur einen geringen Nutzen bietet." (Stanovich
2021, S.14f. Kindle-Version)
Ins Zentrum der
Aufmerksamkeit rücken daher mehr und mehr die Prozesse dieser
"Lagermentalität". Und dabei geht es weniger darum, welches Lager recht
hat oder um die vermeintlichen Folgen einer katastrophalen
gesellschaftlichen Abkehr vom Konzept der Wahrheit (vgl.
Stanovich 2020),
sondern um die wachsende Bedeutung
kognitiver »Verzerrungen (cognitive bias), insbesondere dem
sogenannten ▪ Meine-Seite-Denken (Myside
thinking).
Unsere Neigung zu ▪
kognitiven Verzerrungen verschiedener Art ist wissenschaftlich in
zahlreichen Experimenten und Studien belegt. Dabei können gewöhnlich in
einem Bereich mehr und in einem anderen Bereich weniger zu solchen
Verzerrungen tendieren.
Neben anderen
Verzerrungen steht vor allem das ▪
Meine-Seite-Denken (Myside-Bias) (Stanovich
2021) dem Ideal ▪ vernunftorientierter
Argumentation entgegen, das letzten Endes in argumentativen
Auseinandersetzungen auf das bessere Argument vertraut.
Zugleich ist es wohl der
maßgebliche Grund dafür, dass die kognitiven Schemata, mit denen wir
ansonsten durch ▪
Wissenszuwachs, ▪
Feinabstimmung, ▪
Umstrukturierung
und ▪
Integration die nötigen Anpassungen an die Realität vornehmen, sich
nur noch im sozialen Rahmen eines bestimmten "Lagers" "weiterentwickeln"
und Informationen, die von unserer sozial konstruierten Normalität abweichen, überhaupt nicht mehr wahrgenommen werden.
Wenn
Stanovich (2020)
im ▪
Meine-Seite-Denken (Myside thinking) ein
allgemeines gesellschaftliches Phänomen sieht, müssen aber auch die
"gesellschaftlichen Verkehrsformen" (Kopperschmidt
1989, S.15), die dem vernunftorientierten Argumentieren im Weg stehen,
in den Blick genommen werden.
In jedem Fall ist das Meine-Seite-Denken ein allgemeines
gesellschaftliches Problem und zugleich handelt sich um eines der am
weitesten verbreiteten und universellsten kognitiven Vorurteile
überhaupt. (vgl.
Stanovich 2020;
S.3)
▪
Plausible Muster der
Alltagsargumentation (Kienpointner 1996)
▪
Modelle der kritischen
Argumentation
und Diskussion
▪
Überblick
▪
Idealmodell
der vernünftigen Argumentation
(Habermas)
▪
Regeln für
vernünftiges Argumentieren
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.12.2023
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