Eine strittige These/Schlussfolgerung wird durch Argumente
begründet. Der Begründungsvorgang bzw. die Schlussfolgerung wird durch eine
allgemein gehaltene Schlussregel ermöglicht, deren Relevanz für
gleichartige Argumentationsgegenstände und für die vorliegende Argumentation
gestützt wird. Um den Wahrscheinlichkeitsgrad oder
Geltungsanspruch einer Schlussfolgerung zu gewichten, kann man die Aussage
mit Operatoren modifizieren. Um die Anfechtbarkeit der implizierten
Schlussregel zu vermindern, können im Rahmen der Argumentation Ausnahmebedingungen formuliert werden.
In seinem Argumentationsmodell geht Toulmin
nicht von verschiedenen konkreten Argumentationstechniken aus, sondern richtet
sein Interesse auf das Schema des Argumentierens.
Man hätte Toulmin jedoch
gänzlich falsch verstanden, wenn man von seinem Argumentationsmodell "so etwas
wie die 'richtige' Argumentation" ableiten wollte. Denn:
"Richtigkeit im Sinne
von formaler Ableitbarkeit ist das falsche Ideal; stattdessen gehe es um
substantiell Ergiebiges. Substantielle, d. h. inhaltlich gefüllte
Argumentationen – das ist die immer wiederkehrende These – sind nicht einfach
logisch schwache Argumentationen, sondern sie zeichnen sich durch etwas aus, was
die noch so 'wahren' analytischen Argumentationen niemals erreichen: sie
erzeugen neues Wissen." (Goettert 1978
S.14).
Toulmin knüpft mit seinem Modell an den
▪
klassischen Syllogismus an, auch
wenn dieser eigentlich ein Instrument formalen Argumentierens darstellt. Seine
Vorstellung substantieller Argumentation, der es um die Erzeugung von neuem
Wissen geht, sprengt jedoch diesen formal-logischen Rahmen.
Toulmin setzt an die Stelle des alten Dreierschema von 1. und 2. Prämissen sowie
Conclusio ein erweitertes Schema.
Darin wird im Gegensatz zum traditionellen Syllogismus, der mit
der ersten Prämisse stets eine auf bestehendem Wissen beruhende
Verallgemeinerung behauptet, auf die ganz konkrete
Erfahrungsgebundenheit unserer Prämissen verwiesen.
"Verallgemeinerung", so betont
Goettert (1978, S.14) sei für Toulmin "der Tod für die Gewinnung von
neuem Wissen, weil man dann immer in einem abgeschlossenen Universum des
unveränderlich 'Wahren'" lebe. Statt solcher in der formalen Logik fest
fundierten und fest stehenden Verallgemeinerungen, "bewegt sich" bei
Toulmin die erste Prämisse in der konkreten Erfahrungswelt, mit deren ständigen
Veränderungen sie sich auch selbst verändern kann und muss. " Konkrete
Argumentationen mögen dann durchaus im Dreiertakt des Syllogismus verlaufen –
man muss sich nur immer bewusst sein, dass dieser Dreiertakt nur unter der
Voraussetzung einer für den Augenblick als allgemein betrachteten Prämisse
zustande kommt." (ebd.)
vgl.
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.12.2023