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Plausible Muster der Alltagsargumentation

Ursache-Wirkung-Muster

Typen von Argumentationen

 
FAChbereich Deutsch
Glossar RhetorikGeschichteBegriff und TheorieRhetorische Mittel Argumentieren ▪ Didaktische und methodische Aspekte Überblick
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Regeln für vernünftiges Diskutieren (Kienpointner)
Überblick
Redefreiheit
Begründungspflicht
Redliche Bezugnahme auf das Gesagte
Verwendung plausibler Argumentationsmuster
Logische Gültigkeit

Leitfragen zur Analyse von Alltagsargumentationen

Formen von Argumenten
Überblick
Dreigliedriger Syllogismus
Deduktive Argumente
Induktive Argumente
Überblick
Statistische Argumente
Argumente aus der Autorität
Argumente gegen den Mann
Argumente aus der Übereinstimmung
Argumente aus der Analogie
Kausale Argumente

Kienpointner (1996, S.83-184) hat anknüpfend an die ▪ topische Argumentation von Aristoteles und an die Modelle und Klassifikationen von »Chaim Perelman (1912-1984) und »Stephen Toulmin (1922-2009) eine ganze Reihe von ▪ Mustern der Alltagsargumentation zusammengestellt und mit einem an ▪ Toulmins Schema zur Argumentation orientierten, dreiteiligen "Basisschema" aus den Elementen These, Argument und Schlussfolgerung analysiert.

Das Autoritätsmuster der Argumentation ist eine der neun Klassen von Argumentationsmustern, die von Kienpointner "je nach den entscheidenden inhaltlichen Zusammenhängen zwischen Vordersätzen (Prämisssen) und Schlussfolgerung (Konklusion)" (Kienpointner 1996, S. 184) zusammengefasst werden.

Argumente, die ihre ▪ Geltungsansprüche  auf plausible kausale Beziehungen zwischen Ursachen und Wirkungen und zwischen Mittel und Zwecken stützen, stellen ▪ kausale Argumente dar, die ihrem Charakter nach ▪ induktive Argumente sind.


Für größere Ansicht bitte anklicken*tippen!Ursache-Wirkung

Obgleich es etliche, auch sehr unterschiedliche Definitionen für Kausalität gibt, kann man im Rahmen der Alltagsargumentation davon nach Kienpointner (1996, S. 129, ähnlich auch Kolmer/Rob-Santer 2002, S.182f.) ausgehen, dass ein Ereignis oder eine Handlung nur dann als Ursache für eine bestimmte Wirkung angesehen werden kann, wenn

  • die Wirkung der Ursache regelmäßig folgt

  • die Ursache der Wirkung zeitlich vorausgeht (es gibt aber auch Fälle, in denen Ursache und Wirkung gleichzeitig möglich sind)

  • das, was als Wirkung eingestuft wird, ohne die bezeichnete Ursache nicht auftritt.

Auch wenn dabei oft quasi monokausal von einer bestimmten Ursache als Grund für eine Wirkung gesprochen wird, ist es dennoch oft so, dass eine bestimmte Wirkung auf verschiedenen Ursachen beruht. Und ebenso kann eine Ursache auch mehrere unterschiedliche Wirkungen haben. (vgl. ebd.)

Dies lässt sich wie folgt verdeutlichen.


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Notwendige und hinreichende Bedingungen in Ursache-Wirkung-Zusammenhängen

Bei Ursache-Wirkungszusammenhängen muss untersucht werden, ob eine bestimmte Ursache wirklich dafür verantwortlich ist, dass eine bestimmte Wirkung eintritt. In einem solchen Fall spricht man von einer notwendigen Bedingung.

Es kann aber auch sein, dass die Ursache nicht unbedingt unentbehrlich für das Auftreten einer bestimmten Wirkung ist, aber ausreicht, um eine bestimmte Wirkung zu erzeugen. In einem solchen Fall spricht man einer hinreichenden Bedingung.

Im ersten Beispiel oben, sind die kausalen Argumente i. e. S. hinreichend für das Eintreten der Wirkung, jedes einzelne von ihnen, für sich genommen, aber nicht zwingend notwendig dafür, dass die Anzahl der jugendlichen Verkehrstoten so hoch ist. Diese Wirkung könnte also auch von den restlichen Ursachen ausgehen.

Wenn man etwas zur Hauptursache bestimmt, sollte sie im Allgemeinen eine notwendige und hinreichende Bedingung für die behauptete Wirkung repräsentieren. (vgl. (vgl. ebd., S.131)

Die Struktur des kausaler Argumente nach dem Ursache-Wirkung-muster

Das Argument nach dem Ursuche-Wirkung-Muster lässt sich allgemein so darstellen (.

Wenn p dann  q.
p
q

Zu diesem Muster lassen sich verschiedene Varianten wie folgt paraphrasieren.

Muster zur Vorhersage von Wirkungen aus Ursachen
Paraphrase Beispiele

Wenn die Ursache p vorliegt, folgt daraus die Wirkung q.

Die Ursache p lieg vor.

► Also: Die Wirkung q folgt.

(Ausnahmebedingung: Es gibt außer q noch andere Wirkungen von p)

Wenn die Verkehrsdichte weiter zunimmt, werden die Straßen immer stärker überlastet werden.

Die Verkehrsdichte hat zugenommen.

► Also: Die Überlastung der Straßen wird stärker.

(Ausnahmebedingung z. B.: Die Steuerung des Verkehrs wird von intelligenten elektronischen System übernommen, die die Überlastung der Straßen vermeiden können.)

Wenn die Ursache p nicht vorliegt, folgt die Wirkung q nicht.

Die Ursache p liegt nicht vor.

► Also: Die Wirkung q folgt nicht.

(Ausnahmenbedingung: Es gibt andere Ursachen für q vor)

Wenn die CO2-Emmissionen nicht drastisch reduziert werden, können die Klimaziele nicht erreicht werden.

Die CO2-Emmissionen sinken nicht drastisch.

► Also: Die Klimaziele können nicht erreicht werden. (Die Wahrheit der 2. Prämisse wird vorausgesetzt)

Muster zur Erklärung von Wirkungen aus Ursachen
Paraphrase Beispiele

Wenn die Wirkung q vorliegt, ist ihr die Ursache p vorausgegangen.

Die Wirkung q liegt vor.

► Also: Die Ursache p ist ihr vorausgegangen.

Wenn die gelben Säcke am Boden durchlöchert sind, waren Mäuse am Werk.

Die gelben Säcke sind am Boden durchlöchert.

► Also: Mäuse waren am Werk.  (Die Wahrheit der 2. Prämisse wird vorausgesetzt)

Wenn die Wirkung q nicht vorliegt, ist ihr die Ursache p nicht vorausgegangen.

Die Wirkung q liegt nicht vor.

► Also: Die Ursache p ist ihr nicht vorausgegangen.

Wenn die Schüler*innen im Unterricht nicht mitarbeiten, sind sie nicht hinreichend an seinen Inhalten interessiert.

Die Schüler*innen arbeiten im Unterricht nicht mit.

► Also: Sie sind nicht seinen Inhalten interessiert.

Muster für praktische bzw. pragmatische Schlüsse

Mit derartigen Schlüssen können u. a. Entscheidungen motiviert werden, bei denen es um die Abwägung, Begründung und Durchführung zukünftiger Handlungen geht.

Paraphrase Beispiele

Handlung p führt zur Folge q.

q ist positiv zu bewerten.

► Also: Handlung p ist positiv zu bewerten / ist durchzuführen.

(Ausnahmebedingung: p hat noch andere, stärker zu gewichtende Folgen, die negativ zu bewerten sind)

Respektvoller Umgang miteinander hilft bei der Lösung von Konflikten.

Die Lösung von Konflikten ist positiv zu bewerten.

► Also: Respektvoller Umgang miteinander ist positiv zu bewerten.

(Ausnahmebedingung z. B.: Respektvoller Umgang miteinander überlagert grundlegende Konflikte derart, dass sie quasi "zugedeckt" werden.

Handlung p führt zur Folge q.

q ist negativ zu bewerten.

► Also: Handlung p ist negativ zu bewerten / ist durchzuführen.

(Ausnahmebedingung: p hat noch andere, stärker zu gewichtende Folgen, die positiv zu bewerten sind)

Leute, die rechtsextreme Ansichten vertreten, widerspruchslos zuzuhören, stärkt deren weitere Verbreitung.

Die weitere Verbreitung rechtsextremer Ansichten ist negativ zu bewerten.

► Also: Das widerspruchslose Zuhören bei Äußerungen rechtsextremer Ansichten ist negativ zu bewerten.

(Ausnahmebedingung z. B. In manchen Kommunikationssituationen, in denen man auf rechtsextreme Meinungsäußerungen trifft, ist es sinnvoller, sich auf keinen Streit einzulassen.)

Wenn X das Ziel p nur durch Verwendung des Mittels q erreichen kann, soll X das Mittel q verwenden.

X kann p nur durch q erreichen.

► Also: X soll das Mittel q verwenden.

(Ausnahmebedingung: q ist ethisch nicht akzeptabel oder q ist zwar akzeptabel, kann aber von X mit ethisch noch besser akzeptablen Mitteln oder mit ähnlich akzeptablen, aber nicht so aufwändigen Mitteln erreicht werden)

Wenn die zukünftige Entwicklung von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland vom Einsatz der KI als Schlüsseltechnologie abhängt, dann muss sich die schulische Bildung für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz öffnen.

Die zukünftige Entwicklung von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland hängt von der Künstlichen Intelligenz als Schlüsseltechnologie ab.

► Also: Die schulische Bildung muss sich für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz öffnen.

(Ausnahmebedingung z. B.: Die Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler zur Bewältigung von Zukunftsaufgaben benötigen, lassen sich auch ohne Einsatz von KI erwerben.)

(vgl. Kienpointner 1996, S. 133-135)

Kausale Fehlschlüsse

Neben der Tatsache, dass im Zusammenhang mit bestimmten Themen es immer wieder strittig sein kann, ob zwischen bestimmten Sachverhalten, Gegenständen, Einstellungen und Verhaltensweisen kausale Zusammenhänge bestehen, können kausale Argumente auch Gefahr laufen, so genannte • Fehlschlüsse zu sein-

Solche Fehlschlüsse liegen  z. B. vor, wenn • Ursachen und Wirkungen verwechselt, • komplizierte Wechselwirkungen grob vereinfacht oder • Fakten und Bewertungen miteinander vermischt (naturalistischer Fehlschluss) werden.

Dagegen gibt es kein Patentrezept. Allenfalls muss man die Datenbasis für den Schluss so erweitern, dass eine Überprüfung der Argumentation möglich ist und damit geklärt werden kann, ob das kausale Argument korrekt ist. (vgl. Bayer 1999, S.141ff.) Wer es mit dem • naturalistischen Fehlschluss zu tun bekommt, kann die  zugrunde liegenden Werturteile erfragen und damit offen legen lassen (vgl. Kolmer/Rob-Santer 2002, S.189)

Kausale Fehlschlüsse können also auf verschiedene Art und Weise zustande kommen. (vgl. vgl. Kienpointner 1996, S. 139), vgl. Bayer 1999, S.141ff., vgl. Kolmer/Rob Santer 2002, S.188f.)

Fehlschluss Beispiele
Zwei zeitlich aufeinander folgende Ereignisse, die aber nicht wirklich zusammenhängen, werden als Ursache und Wirkung aufgefasst.
(post hoc ergo propter hoc = nach diesem [Ereignis], also wegen dieses [Ereignisses]))

Heute bin ich vom Pech verfolgt gewesen. Mein Fahrrad war platt, das Essen ist mir beim Kochen angebrannt und dann habe ich auch meinen Hausschlüssel verlegt. Und das nur, weil heute Freitag der dreizehnte ist. (abergläubische Pseudobegründung)

Ein Stuhl dreht sich immer weg, wenn sich ihm ein möglicher Benutzer nähert. ("Versteckte Kamera")

Verwechslung von Ursache und Wirkung

Männer mit Brusthaaren sind die besseren Liebhaber.

Der so weit verbreitete Antisemitismus kann nicht gänzlich grundlos sein, sonst wären Juden im Laufe der Geschichte nicht in so ganz verschiedenen Gesellschaften und Kulturen immer wieder verfolgt worden.  (Verwechslung von Ursache und Wirkung durch die Täter-Opfer-Umkehr) (vgl. Kienpointner 1996, S. 140)

Simplifizierende Deutung komplexer Wechselwirkungen

Computerspiele machen gewalttätig.

Abtreibung ist Mord.

Wenn eine Frau bauchfrei und im Minirock zur Arbeit kommt, darf sie sich nicht wundern, wenn sie "angemacht" wird. (•Simplifizierende Stammtischparolen)

Vermischung von Fakten mit Bewertungen
(naturalistischer Fehlschluss)
1) aus rein faktischen Aussagen (Tatsachenbehauptungen) normative Aussagen, die eigentlich mindestens eine weitere normative Prämisse benötigten, wird eine normative Aussage abgeleitet;

2) die  Argumentation mit einem moralischen Verweis daherkommt, der die vermeintliche Natürlichkeit eines Sachverhaltes oder eines Verfahrens unterstellt;

1) Wir müssen weniger fossile Brennstoffe benutzen, denn andernfalls geht die Menschheit zugrunde! – damit der Schluss logisch korrekt wird, muss zumindest die normative Prämisse "Die Menschheit soll nicht zugrunde gehen." eingefügt werden; 2)  Homosexualität ist unnatürlich.– "Weil Männer und Frauen »von Natur aus da sind«, wird Heterosexualität als »normale Lebensform« gefolgert (soweit noch korrekt: Faktum folgt aus Faktum), diese dann als moralisch positiv bewertet (hier passiert der Fehlschluss) und eine homosexuelle Lebensform als negativ abgelehnt." (Kolmer/Rob-Santer 2002, S.189);
Eines von zwei Ereignissen A und B, die Wirkung eines dritten Ereignisses sind C, wird als Ursache des anderen betrachtet (A als Ursache von B oder B als Ursache von A  (Fehlschluss der gemeinsamen Ursache) Ich habe Fieber, weil ich Schnupfen habe. - Ich habe Schnupfen, weil ich Fieber habe. (eigentliche Ursache ist aber eine Infektion)
Kritische Fragen zur Prüfung von kausalen Argumenten in Form des Ursache-Wirkung-Musters

Um kausale Argumente im Form des Ursache-Wirkung-Musters auf ihre Plausibilität zu überprüfen, kann man nach Kienpointner (1996,S.156; 2005, S.6) auf den nachfolgenden Fragenkatalog zurückgreifen. Die Fragen werden hier in leicht veränderter Fassung wiedergegeben.

  1. Liegt die behauptete Ursache wirklich (nicht) vor?

  2. Liegt die behauptete Wirkung wirklich (nicht) vor?

  3. Führt die angeführte Ursache regelmäßig zur der Wirkung?

  4. Kommt es nicht zu dieser Wirkung, wenn die Ursache nicht vorliegt?

  5. Könnte die Wirkung auch durch andere Umstände verursacht sein?

  6. Könnte die Ursache auch andere Wirkungen hervorrufen?

  7. Ist die Wirkung im Sinne der Folge einer Handlung tatsächlich positiv zu beurteilen?

  8. Ist die Wirkung im Sinne der Folge einer Handlung tatsächlich negativ zu beurteilen?

  9. Zieht die Handlung noch weitere Folgen nach sich?

  10. Überwiegen die positiven die negativen Folgen?

  11. Überwiegen die negativen die positiven Folgen?

  12. Ist das, was erreicht werden soll, wichtiger bzw. positiver zu bewerten als die dabei zum Einsatz kommenden Mittel?

  13. Kann das Handlungsziel nur mit diesen Mitteln erreicht werden?

  14. Gibt es Mittel, die positiver zu bewerten sind, oder Mittel, die das Handlungsziel mit geringerem Aufwand erreichen können?

  15. Ist das einzige Mittel, mit dem das Handlungsziel erreichbar ist, ethisch zu rechtfertigen? Gibt es, wenn nicht, Situationen, in denen es ausnahmsweise gerechtfertigt ist?

Regeln für vernünftiges Diskutieren (Kienpointner)
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Redefreiheit
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Redliche Bezugnahme auf das Gesagte
Verwendung plausibler Argumentationsmuster
Logische Gültigkeit

Leitfragen zur Analyse von Alltagsargumentationen

Formen von Argumenten
Überblick
Dreigliedriger Syllogismus
Deduktive Argumente
Induktive Argumente

Überblick
Statistische Argumente
Argumente aus der Autorität
Argumente gegen den Mann
Argumente aus der Übereinstimmung
Argumente aus der Analogie
Kausale Argumente

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 05.01.2024

 
 

 
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