▪
Text und Stil
▪
Überblick
▪
Stilwissen
▪ Textstilistische
Handlungsmuster
▪
Stilregister
▪
Stilzüge und Ausdruckswerte
▪
Stiltypen
▪
Stilmittel des Wortschatzes
▪ Satzbaustile
Journalistische Texte bzw. Schreibformen (auch: Darbietungsformen
der journalistischen Publizistik) kann man, auch wenn es dagegen auch
Einwände gibt, als Texte verstehen, die einem spezifischen
• Funktionalstil als typisiertem Stil zugeordnet werden können.
Die Frage ist dabei u.
a., ob "sich Texte anhand einer journalistischen Formung als
journalistische Medientexte zu erkennen geben" (Hoffmann 2017,
S.381) Die journalistische Formung ist dabei der dominierende
Stilzug der ▪
informations- bzw. tatsachenbetonten und der ▪
meinungsbetonte
Formen.
Michael
Hoffmann
(ebd., S. 402ff.) geht von der Existenz eines typischen
Funktionalstils des Journalismus aus, der als besondere
Kommunikationsform historisch zunächst in der Presse entstanden ist und
sich später auch in Radio, Fernsehen und Internet entwickelt hat. Dabei
resultiere "die Zweckbestimmtheit der Sprache (...) in diesem Bereich
aus Aufgaben, die dem Journalismus in verschiedenen Arbeitsfeldern
zukommen." Bei den Texten, die im Allgemeinen in diesem
Kommunikationsbereich
verfasst werden, dominiert, wenn es sich um die ▪
informations- bzw. tatsachenbetonten Formen handelt, die •
Informationsfunktion
über tagesaktuelle Ereignisse, wenn es um ▪
meinungsbetonte
Formen geht, die
appellative Funktion mit dem Ziel, auf die öffentliche
Meinungsbildung Einfluss zu nehmen.
Der Funktionalstil des
Journalismus wird im Allgemeinen von entsprechend ausgebildeten und
institutionell z. B, in Zeitungsredaktionen eingebundenen Journalisten
genutzt, um im
textmusterkonformen Schreiben die Erwartungen ihrer Adressaten an
die so gestalteten Texte zu erfüllen. Zu den jeweils dominierenden
journalistischen Sprachhandlungstypen, die in den ▪
informations- bzw. tatsachenbetonten und der ▪
meinungsbetonte
Formen vollzogen werden, gehören typische
Subhandlungsschemata (•
indem-Relationen), denen diese Sprachhandlungen im
einzelnen durchführt werden. Dabei verweisen die Ausdrücke, die dazu
verwendet werden, "auf die unter der Oberfläche liegenden Schemata des
Handelns in Texten." (Feilke/Bachmann
2014, S.7).
Im Rahmen der •
textprozedurenorienterten Schreibdidaktik spricht man in diesem
Zusammenhang von
Prozedurausdrücken (Textprozeduren,
Formulierungsroutinen,
literale Routinen
oder auch
literalen Prozeduren), die sowohl die Textproduktion als auch die
Textrezeption steuern können. Dabei sind solche Ausdrücke und
Formulierungen, die auf der Textoberfläche die bestimmte
Texthandlungstypen (Erzählen, Beschreiben, Argumentieren ...) markieren
und als Textbausteine in in einer spezifischen Zusammenstellung von ▪
Textprozeduren bestimmte ▪
globale Textmuster
und/oder
▪
Textsorten prägen, wie alle sprachlichen Äußerungen
stilistisch geprägt und beruhen auf der Wahl bestimmter sprachlicher
Formulierungen aus einem ▪
Stilregister und
oder, wie im Fall der journalistischen Schreibformen eben dem
Funktionalstil des Journalismus.
Ressortübergreifende Arbeitsfelder des Journalismus
Dabei lassen sich nach
Hoffmann
(ebd., S. 403) drei verschiedene Arbeitsfelder des Journalismus
unterscheiden, die einen jeweils eigenen •
Gattungs
- bzw. •
Textsortenstil prägen.
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Texte aus dem Arbeitsbereich des Informationsjournalismus
Zu den Texten, die zum
Arbeitsbereich des Informationsjournalismus zählen, gehören die ▪
informations- bzw. tatsachenbetonten Formen, mit ihren auf
Fakten bezogenen Antworten auf die vier großen W's (wer, was, wo und
wann) . Diese Fragen werden in einer für den •
Gattungsstil typischen Art und Weise beantwortet:
-
Die
Wer-Frage wird mit der Angabe
vollständiger Personennamen und relevanter Zusatzangaben
beantwortet.
-
Die
Was-Frage wird im Allgemeinen mit
Wörtern, die zur •
Stilschicht der Normalsprache ("sachlich, nüchtern, neutral und objektiv")
gehören, textlich beantwortet. Es können aber auch, um z. B.
Lokalkolorit zu erzeugen, in gewissen Grenzen umgangssprachliche
Formulierungen sein oder fachsprachliche Ausdrücke und Wendungen
ergänzt werden, deren Kenntnis angesichts des geltenden
Verständlichkeitsgebots bei den Rezipient*innen im Allgemeinen
vorausgesetzt werden kann. Normalsprachlich, ohne besondere •
Stilfärbungen
u. ä. müssen im Übrigen auch die redeeinleitenden Formulierungen
sein, wenn in einem solchen Text mit dominierender •
Informationsfunktion •
Rede- bzw. Text
wiedergegeben wird. Aus dem •
Wortfeld
redebezeichnender Verben (sagen-sprechen-reden) kommen dabei jene Wörter
zum Zuge, die das Wiedergegebene stilistisch möglichst wenig •
BEWERTEN,
also z. B. Verben, die beim •
Mitteilen
i. e. S. "neutral" klingen wie sagen oder etwas
feststellen, etwas betonen oder etwas hervorheben.
-
Die Antwort auf die
Frage, wann etwas geschehen ist (Wann-Frage),
wird mit einer auf den ersten Blick zwar ungenau wirkenden
Zeitmarkierungen gegeben, die auf einen Wochentag bezogen ist. Dabei
ist diese scheinbare Ungenauigkeit die als Zeichen für die
Aktualität der Meldung, Nachricht oder des Berichts steht.
-
Die Beantwortung der
Wo-Frage im Text lokalisiert das
Ereignis an einem bestimmten Ort, wobei dieser Ort aber nicht
unbedingt mit dem identisch sein muss, an dem ein Geschehen
stattfindet. Es kommt ebenso vor, dass der Ort genannt wird, von dem
aus jemand berichtet, oder, bei den Adressaten gemeinhin unbekannten
Orten, ein bekannterer Nachbarort zur Markierung des Ortes angegeben
wird.
Zum •
Gattungsstil der journalistischen Texte, die dem Arbeitsbereich des
Informationsjournalismus zugeordnet werden können, gehört ferner,
dass angeben wird, aus welcher Quelle der
Text stammt. Diese Quellenmarkierung wird z. B. bei Meldungen, •
Nachrichten und •
Berichten, ebenso wie die Zeit- oder
Ortangabe in der so genannten •
Orts- bzw. Spitzmarke
am Beginn des Textes platziert. Der/die eigentliche Autor*in des Textes
wird bei den ▪
informations- bzw. tatsachenbetonten Formen aus dem Bereich des
Informationsjournalismus gewöhnlich nicht angegeben.
Oftmals folgen Texte
dieses Arbeitsbereichs, vor allem wenn sie für Print-Medien gestaltet
werden, auch den Aufbauprinzipien des so genannten •
Lead-Stils, der u. a. ermöglicht, dass die vier W-Fragen wer, was, wann, wo?
ohne wesentlichen Informationsverlust auch dann noch beantwortet
bleiben, wenn der Text von hinten gekürzt wird.
Texte aus dem
Arbeitsbereich des Meinungsjournalismus
Zum Arbeitsbereich des
Meinungsjournalismus zählen die ▪
meinungsbetonte
Formen wie z.B. der ▪
Kommentar, der ▪
Leitartikel, der ▪
journalistische Essay sowie die ▪
Glosse. Im
Kommunikationsbereich
des Journalismus verbindet sich bei diesen Textmustern im Allgemeinen
die dominierende ▪
Appellfunktion
mit der ▪ Informationsfunktion,
wobei die Glosse diesen Funktionsmix natürlich noch um eine
literarästhetischen Funktion (▪
poetische Funktion) erweitert. (vgl. dazu u. a. auch die •
Sprachfunktionen bei
Roman Jakobsen)
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Dabei muss man,
wie
Hoffmann (ebd., S. 406f.) darlegt, zwischen den beiden
Begriffen Meinung und Meinungsbetontheit unterscheiden, von
denen der letztere ja auch in die Terminologie zur
Unterscheidung journalistischer Schreibformen nach ihrer Art der
"Meinungs"kundgabe eingeht. Über
Meinungen können natürlich die ▪
informations- bzw. tatsachenbetonten Formen in einem
referierenden Modus informieren und auch Texte, die dem
Erlebnisjournalismus zugeordnet werden, können Meinungen
thematisieren. Der Begriff der
Meinungsbetontheit bezeichnet, so Hoffmann, im
Unterschied dazu ein Gestaltungsprinzip, das "sich auf den Text
als Ganzheit (erstreckt) und in erster Linie die Art und Weise
(erfasst) , wie die Texthandlung BEWERTEN (eines aktuellen
Ereignisses) durchgeführt wird."
Als Leitfragen für das
Bewertungshandeln bei diesen journalistischen Darstellungsformen können
dabei zunächst einmal die folgenden Fragen dienen, mit denen man die
thematische Einstellung, wie dies
Klaus
Brinker
(92018, S.99) nennt, untersuchen kann:
Auf welche Art und
Weise wird der zentrale Bewertungsgegenstand bzw. das zu bewertende
Ereignis in den Text eingeführt?
-
Wird verdeutlicht,
mit welchen Maßstäben bzw. Kriterien die Bewertung vorgenommen wird?
-
Wenn ja, wie werden
diese Maßstäbe kommuniziert?
-
Welche sprachlichen
und sprachlich-stilistischen Mittel werden beim •
Bewertungshandeln in dem Text eingesetzt?
-
Grundsätzlich lassen
sich Bewertungen danach einteilen,
ob sie
explizit oder implizit vorgenommen werden.
In der
Alltagskommunikation nehmen wir bei der mündlichen
Alltagsargumentation häufig Bewertungen vor, oft ohne dass uns die
unsere Bewertungsmaßstäbe überhaupt bewusst sind. Nicht nur aus diesem
Grund kommunizieren wir sie dementsprechend eigentlich erst dann, wenn
man von seinem Kommunikationspartner aufgefordert wird, ein geäußertes
Werturteil zu
begründen und zu erläutern. Wir erklären einfach, dass wir etwas gut
oder schlecht finden (=
evaluative,
d.h. wertende thematische Einstellung) und unterstreichen das
im Allgemeinen noch mit verbalen Mitten, mit denen wir das Geäußerte
weiter •
EMOTIONALISIEREN. Zudem setzen wir dabei simultan zum und mit dem
Gesagten weitere
paraverbalen
(prosodischen Merkmalen
der Sprache wie z. B.
Akzent,
Intonation, Rhythmus etc ) oder
nonverbalen (= körpersprachlichen) Mitteln wie ▪
Körperhaltungen, ▪
Blick
und Blickkontakt, ▪
Gestik und ▪
Mimik
um ihr den entsprechenden Nachdruck zu verleihen.
Über eine derartige
"Komplexität des emotionalen Ausdrucksverhalten" (Sandig
2006, S.256) verfügen die schriftlichen journalistischen
Darstellungsformen natürlich nicht.
Die Art und
Weise, wie man seine ▪
thematische Einstellung zum Ausdruck bringen kann, ist
dabei, so
Brinker
(92018, S.99), sehr verschieden.
Man kann dazu
-
Äußerungen über die Wahrheit oder Wahrscheinlichkeit des
Textinhalts (wissen, glauben, zweifeln, bestätigen
etc.), abgeben
-
Angaben
zum Sicherheitsgrad seines Wissen (tatsächlich,
bestimmt, gewiss, offensichtlich, vielleicht,
keinesfalls) machen
-
positive
oder negative Wertungen (gut/schlecht finden)
vornehmen
-
Äußerungen machen, die den Grad des Interesses
signalisieren (wünschen, beabsichtigen, wollen,
vorziehen)
-
seine
psychische Haltung zum Texteinhalt/-thema signalisieren
(bedauern, erfreut sein);
Für die
textanalytische Betrachtung ist die
evaluative
(= wertende) Einstellung (etwas gut/schlecht finden)
als zentrale Kategorie zur
Analyse von textuellen
Bewertungen besonders wichtig, zumal sie auch in anderen
Formen der interessenbezogenen Einstellung oder auch bei
Einstellungen, die den Gefühlszustand ausdrücken (emotive
Einstellungen) implizit vorkommen.
Auf der Wortebene zeichnen sich meinungsbetonte Texte durch die
Verwendung wertender Ausdrücke und Formeln, durch die Häufigkeit von
Modalverben und Modalwörtern aus. Hinzukommen weitere Momente aus dem
Bewertungsrepertoire des
textstilistischen
Handlungsmusters •
BEWERTEN aus dem
•
Blickwinkel der pragmatisch-textlinguistischen Stilistik.
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
11.01.2024
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