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Strukturierungstypen
von Texten in der Mehr-Ebenen-Klassifikation
In der Schule eine neuere Formen des erörternden Schreibens
Der
▪ Private Geschäftsbrief kann zu den
▪ neueren Formen ▪
erörternden Schreibens
in der Schule gezählt werden. Diese stellen eine
wichtige Gruppe ▪
schulischer Schreibformen (Textmustern)
dar, die die Palette der ▪ klassischen Formen
der Erörterung aus unterschiedlichen Gründen erweitert hat.
Er gehört vor allem dann dazu, wenn die
Schreibaufgabe neben dem normgerechten Schreiben schriftliches
Argumentieren zu einem Problem bzw. Sachverhalt verlangt.
Schriftliche
Kommunikation in einem offiziellen Rahmen
Private
Geschäftsbriefe sind
Gebrauchstexte (pragmatische
Texte). Sie dienen der schriftlichen Kommunikation in einem offiziellen
Rahmen
-
zwischen Privatpersonen oder
-
zwischen einer Privatperson und einer Institution, einer Körperschaft oder
einem Unternehmen
Normgerechtes Schreiben ist ein Muss, aber nicht alles
Wer einen privaten Geschäftsbrief schreiben will, muss wissen,
dass man dabei strengen Regeln zu folgen hat. Wie bei kaum einem anderen
Text ist das Verfassen eines Geschäftsbriefes, und das auch in seiner
privaten Form, ein an vorgegebenen Normen orientiertes Schreiben.
Dieses
normgerechte Schreiben bezieht sich vor allem auf die äußere Gestaltung,
schließt aber ebenso sprachlich-stilistische Aspekte mit ein.
Und
insbesondere letztere sollten dabei im Fokus des Schreibunterrichts im Fach
Deutsch stehen. Anders sieht es beispielweise im Fach Textverarbeitung aus,
bei der die äußeren Formmerkmale besonderes Gewicht haben.
Dennoch: einer
künstlichen Trennung von Form und Inhalt soll hier nicht das Wort geredet
werden. Allerdings werden Lehrkräfte, denen es sonst ja oft an
harten Kriterien zur Benotung von Schreibleistungen mangelt, leicht dazu
verleitet, bei ihrer
bewertend-prüfenden Beurteilung
die formalen Kriterien überzubewerten.
So muss bei der Schreibaufgabe auf jeden Fall klar sein, welche
Schreibziele damit erreicht werden sollen. Das hängt nicht zuletzt
von den Textfunktionen ab, die ein konkreter privater Geschäftsbrief
auszeichnen soll. Wenn es bei der Schreibaufgabe z. B. darum geht,
eine Argumentation zu einem bestimmten Problem zu entwickeln, nähert
sich der private Geschäftsbrief eben auch erörternden Schreibformen
an, die im Rahmen der Textmustervorgaben des privaten
Geschäftsbriefs zu bewältigen sind. Die Leistungen, die dann bei der
Argumentationsentwicklung zu erbringen sind, dürften den Stellenwert
des normgerechten Schreibens mehr als relativieren, wenn der
private Geschäftsbrief zu
einer
▪ freieren
Form erörternden Schreibens tendiert. (vgl. z. B.
▪ Party an der Schule,
▪ Ego-Shooter ...)
"Ich rate ab" - Schulpraktiker sehen die Schüler*innen bei
Prüfungsaufgaben überfordert
Der private Geschäftsbrief, so scheint es, hat, insbesondere wenn
es sich um eine Prüfungsaufgabe handelt, offenkundig nicht nur
Fürsprecher. So rät »Klaus
Schenck auf seiner Internetseite ausdrücklich davon ab, den
Privaten Geschäftsbrief als Prüfungsthema zu wählen, weil die
Notengebung zu streng und die Schüler*innen sich dabei "kaum
entfalten, aber vieles falsch machen" könnten, wenn sie z. B. "zu
nahe an der Aufgabenstellung" schrieben oder "nicht angemessene
Formulierungen" benutzen würden.
Natürlich gibt es, wie bei jeder Schreibform Tücken, aber eine
solche Haltung unterstellt, dass die Schüler*innen den geforderten
Standards überhaupt nicht entsprechen könnten. Eine zumindest sehr
fragwürdige Einstellung, so viel sei hier gesagt, die unter dem
Deckmantel gutgemeinter Schülerorientierung und
Schülerfreundlichkeit daherkommt.
Der private Geschäftsbrief - längst nicht mehr nur ein Fall für Tinte
und Papier
Einer schulischen Praxis, die das normgerechte Schreiben
überbewertet, steht nicht nur entgegen, dass auch die
kommunikative Bedeutung des privaten Geschäftsbriefs in der traditionellen
Form abnimmt.
Wichtiger ist noch, dass ein Großteil der Probleme, die
Schüler beim Schreiben dieser Briefe haben, eher auf sprachlicher und
argumentativer Ebene liegen. Erst ihre Bewältigung kann bewirken, dass
ein privater Geschäftsbrief die ihm zugewiesene kommunikative Funktion
erfüllen kann.
Wenn also heutzutage ein großer Teil des privaten
Geschäftsverkehrs in schriftlicher Form schon als E-Mail abgewickelt wird,
macht es wenig Sinn, über Gebühr auf den Formkriterien des privaten
Geschäftsbriefes herumzureiten. Vielmehr kommt es darauf an, die
kommunikativen Funktionen des privaten Geschäftsbriefes auch in Form
privater Geschäfts-E-Mails zu erproben und einzuüben.
Dabei spielt eben
nicht nur die sprachliche und argumentative Gestaltung einer bestimmten
Schreibhandlung wie z. B. das Formulieren einer Reklamation usw. eine Rolle,
sondern auch die Nutzung der mit der digitalen Technik verfügbaren
Möglichkeiten wie z. B, Dateianhänge, Fotos oder Videos zur Dokumentation
einzusetzen, um seine Schreibziele zu erreichen.
Und nicht zuletzt gehört
der Umgang mit dem Datenschutz und die sichere Archivierung von E-Mails,
sowie das Einsetzen von Lesebestätigungen, die Verwendung von E-Mails als
Einschreiben u. dgl. zu einem modernen Schreibunterricht über den privaten
Geschäftsbrief, der gesellschaftlich übliche kommunikative Praktiken
einbezieht.
Die äußere Form des privaten Geschäftsbriefs
Die äußere Form
eines
privaten Geschäftsbriefs
folgt bestimmten, auf Konvention beruhenden Regeln. Als standardisierte Form
ist sie auch in einer DIN-Norm (»DIN
5008) niedergelegt.
Als schulische Schreibform, insbesondere im Rahmen des Deutschunterrichts
oder entsprechender Abschlussprüfungen, gelten zum Teil freilich noch
kulturell bedingte Schreibgewohnheiten, die nicht unbedingt und in letzter
Konsequenz mit der DIN-Norm konform sind.
Dies entspricht auch der Tatsache,
dass sich solche Normierungen, auch wenn es dafür gute Gründe geben mag,
gegen kulturell konventionalisierte Formen auch im Zeitalter der
Globalisierung nicht so ohne weiteres durchsetzen lassen.
Was im
Geschäftsleben (B2B und A2B und umgekehrt) durchaus Sinn macht, kann im
halbprivaten Bereich, eben dort, wo Menschen ihre privaten Geschäftsbriefe
abfassen, nicht so ohne weiteres alte Gewohnheiten und Gepflogenheiten
verdrängen. Und im Zeitalter der digitalen Kommunikation verschieben sich,
wie bereits ausgeführt, auch hier allmählich die Akzente.
Dennoch muss der Deutschunterricht, insbesondere nach Veröffentlichung der Norm,
zum
normgerechten Schreiben anleiten. Auch wenn die (DIN-)Normen lediglich
den Charakter von Empfehlungen haben, es jedem einzelnen überlassen bleibt,
ob er sich danach richtet, erreichen sie eine große Verbindlichkeit, weil
viele gesellschaftliche Gruppen an ihrer Umsetzung Interesse haben. Denn im
Gefolge von Normierungen können sich, wie Melanie
Goldmann (2007, S.128) betont, "neue Technologien schneller am Markt
durchsetzen, weil durch die Normung die wesentlichen Fragen der Sicherheit,
der Verträglichkeit mit Gesundheit und Umwelt sowie der
Gebrauchstauglichkeit und Zuverlässigkeit geklärt sind."
Normierung, so
schlussfolgert sie, schaffe damit Vertrauen, was letzten Endes den Menschen
in ihrem Alltagsleben Sicherheit gebe. So sei es die Aufgabe von Normen,
"den Nutzen technischer Entwicklungen zu maximieren und von ihnen ausgehende
Gefährdungen zu minimieren." (ebd.)
Normen standardisieren und vereinfachen die briefliche Kommunikation
In Unternehmen, Institutionen und Körperschaften werden in der
geschäftlichen Korrespondenz Regelungen für das normgerechte Schreiben,
sobald solche erarbeitet und veröffentlicht worden sind, umgesetzt. Sie
standardisieren und vereinfachen auf diese Weise die briefliche
Kommunikation. So gelten die entsprechenden Normen für den offiziellen Geschäftsbrief
als weitgehend verbindlich. Für den
privaten
Geschäftsbrief gilt dies indessen nicht in gleichem Umfang. Wenn jemand
als Privatperson einen geschäftlichen Angelegenheiten dienenden Brief
verfasst, kann er/sie den Brief im Prinzip gestalten und schreiben, wie es
beliebt. Aber gute Gründe sprechen dafür, sich auch dabei an bestimmte
Normvorgaben zu halten. Sie erleichtern den Briefversand, sorgen dafür, dass
ein Brief seinen Adressaten erreichen kann, helfen diesem, Anlass und
Gegenstand des Briefes in den eigenen Geschäftsverkehr einzuordnen usw.
Allerdings ist eben im Zeitalter von E-Mail, insbesondere dem »e-post-Brief,
von SMS, MMS und dem Posten von Mitteilungen in sozialen Netzwerken auch im
Bereich des privaten Geschäftsbriefes manches im Fluss. So kann, wer z. B.
heutzutage einen Handyvertrag kündigen will, dies längst per E-Mail tun. Und
was in solchen geschäftlichen Dingen möglich ist, hat längst auch andere
Bereiche erreicht. Und E-Mails entziehen sich, auch im Geschäftsverkehr,
bislang erfolgreich einer derartigen Normierung. Nicht dass nicht auch daran
gearbeitet wird: Aber die kulturellen Gepflogenheiten im E-Mail-Austausch
lassen die verbindliche Durchsetzung von Schreibnormen in diesem Bereich
offenbar (noch) nicht zu.
Textfunktionen
Wie bei den meisten Texten werden die kommunikativen Funktionen
eines privaten Geschäftsbriefes in einer Kombination mehrerer
Textfunktionen signalisiert, von denen mal die eine, mal die andere die
dominierende Textfunktion darstellt.
So wird in einem privaten
Geschäftsbrief meistens über etwas informiert (informative Textfunktion,
zugleich aber auch zu etwas aufgefordert (appellative Textfunktion). Es kann
sich bei der dominierenden Textfunktion um eine Bestellung,
eine Mahnung, eine Erinnerung, eine Anfrage oder eine Reklamation handeln.
Ob diese oder jene Textfunktion dominiert, hängt letzten Endes von der im Text ausgedrückten Anweisung des
Verfassers (Emittenden)
ab, " die der Rezipient erkennen soll" , nämlich wie bzw. "als was dieser den
Text insgesamt auffassen soll." (vgl.
Brinker
1997, S.95, Hervorh. im Original gesperrt),
Unterschiede von Privatbrief und privatem Geschäftsbrief
Als
offizielle Briefe
dienen private Geschäftsbriefe nie ausschließlich der Kontaktpflege und
heben sich damit
grundlegend von Privatbriefen ab.
Beide unterscheiden sich im Allgemeinen in Aufbau, Inhalt und
(stilistischer) Form. Während der Privatbrief hauptsächlich der
Kontaktpflege dient, kann ein privater Geschäftsbrief sehr unterschiedliche
(Text-)Funktionen erfüllen. Da ein privater Geschäftsbrief verwendet wird,
um "offizielle" Beziehungen und "geschäftsmäßige" Sachverhalte zwischen Privatpersonen
untereinander oder zwischen Privatpersonen und Unternehmen,
Einrichtungen oder Körperschaften zu regeln, muss er auch Gepflogenheiten und Konventionen bei seiner Gestaltung entsprechen, wie sie
im Geschäftsverkehr üblich sind bzw. gewöhnlich erwartet werden.
-
Ein
privater Brief kann als
Mitteilung an einen oder mehrere Empfänger eigentlich ganz beliebig
aussehen. Grundsätzlich betrachtet braucht ein solcher Brief nicht
einmal eine Anrede, eine Unterschrift oder die Angabe des Briefdatums.
Und doch gibt es auch dafür mehr oder weniger verbindliche Konventionen,
die sich aus der jeweils besonderen Kommunikationssituation ergeben. Die
Wahl der äußeren und stilistischen Form eines privaten Briefs hängt
damit neben der Beziehung der Kommunikationspartner zueinander, dem
Anlass und dem Inhalt des Briefes auch davon ab, welche Ziele ein
solcher Brief verfolgt. Ein Liebesbrief wird so sicher anders aussehen
als ein Brief, den eine Tochter ihren Eltern aus ihrem Urlaub schreibt.
-
Demgegenüber ist der
private Geschäftsbrief in seiner an den
DIN-Normen (»DIN
5008) orientierten und in seiner als E-Mail verwendeten Form stark
standardisiert. Neben den äußeren Formmerkmalen, die beim
herkömmlichen Geschäftsbrief eine große Rolle spielen, betrifft dies vor
allem bestimmte Angaben, die im Geschäftsverkehr üblicherweise gemacht
werden müssen und den Brief bzw. die E-Mail dem Geschäftshandeln zugehörig machen. Das sind z.B. Angaben zu
▪ Absender und ▪
Empfänger, ▪
Brief-/E-Mail-Datum, ▪
Brief-/E-Mail-Zweck (Betreff),
▪
Anrede, ▪
Haupttext, ▪
Grußformel,
▪ Anlagen(Anlagenvermerk)/Attachments und (digitale) Unterschrift.
Und selbstverständlich gehört zu einem
privaten Geschäftsbrief in der einen oder der anderen Form auch ein Schreibstil, der sich von dem rein
privater Ausführungen deutlich abhebt. Private Geschäftsbriefe sind, auch wenn sie einen individuellen Charakter
besitzen und als offizielle Briefe" in der Regel 'unter Ausschluss der
Öffentlichkeit' formuliert (und gelesen)" werden, "im ganzen so geschrieben,
als ob sie der Öffentlichkeit zugänglich wären. Diese (fiktive)
Publizierbarkeit hat zur Folge, dass solche Briefe in einer nüchternen,
weitgehend standardisierten und damit lesbaren Form gehalten sind" (Engel
1996, S.174)

Merkmale privater
Geschäftsbriefe
-
regeln "offizielle" Beziehungen zwischen
Privatpersonen und Geschäftspartnern, zwischen Kunden und einer Firma etc.
-
besitzen einen individuellen
Charakter
-
haben meist einen aktuellen
Anlass
-
sind in ihrer äußeren Form
mehr oder weniger standardisiert
-
müssen bestimmte
Mindestinformationen enthalten (allerdings adressatenspezifische
Unterschiede)
-
haben eine klare Gliederung
(Abschnitte)
-
sind in einer sachlichen
Sprache verfasst
Privater Geschäftsbrief als Prüfungsaufgabe
Der
Aufgabentyp "Privater Geschäftsbrief"
war lange Zeit eine der sechs verschiedenen Schreibformen, die als
Prüfungsaufgaben
in der Abschlussprüfung in der
Berufsschule des Landes Baden-Württemberg zur
Auswahl standen. Auch im neuen Bildungsplan ist die Schreibform
verbindlich im Unterricht zu behandeln. Mit dem Inkrafttreten des
neuen
Bildungsplans für das Fach Deutsch ab 2016, hat sich der Charakter
der Abschlussprüfung grundsätzlich geändert. So wurden die
Prüfungsaufgaben im Fach Deutsch in zwei Teile gegliedert. Dazu wird, je
nach Dauer der Ausbildung (2-jährig oder 3-jährig), eine
Materialbasis zu einem nicht-fiktionalen oder gedruckten fiktionalen
Text zur Bewältigung der Schreibaufgabe angeboten. Die mit der Prüfung
verbundene Schreibaufgabe dient nur mehr der schwerpunktmäßigen
Überprüfung der geforderten aufgabenbezogenen Schreibkompetenz. Die
Prüfungszeit von 120 Minuten ist beibehalten worden.
-
Ausbildungsberufe
mit 2-jähriger Regelausbildungsdauer
Materialbasis: nicht-fiktionaler Text
-
Die Aufgaben von
Teil 1 beziehen sich auf das vorgelegte Material und
sollen das Textverständnis schwerpunktmäßig überprüfen.
Es handelt sich dabei um geschlossene und halboffne Aufgaben,
die durch entsprechende Aufgaben, die andere im Bildungsplan
aufgeführte Kompetenzen überprüfen. Dabei ist, zusammengefasst
unter der Bezeichnung "Sprachgebrauch" z. B. an
Rechtschreibstrategien, Formulierungsaufgaben, etc. gedacht.
-
Die Aufgaben von
Teil 2 bestehen aus einer Schreibaufgabe, wie z. B. einem
privaten Geschäftsbrief, einer Stellungnahme etc. Damit soll die
aufgabenbezogene Schreibkompetenz schwerpunktmäßig
überprüft werden.
-
Die Teile 1 und 2
werden bei der Bewertung zu jeweils 50% gewichtet.
-
Ausbildungsberufe
mit 3-jähriger Regelausbildungsdauer
Auswahl von zwei verschiedenen Prüfungsaufgaben - Prüfungstyp I:
Materialbasis nicht-fiktionaler Text; Prüfungstyp II: gedruckter
fiktionaler Text
-
Die Aufgaben von
Teil 1 beziehen sich auf das vorgelegte Material und
sollen das Textverständnis schwerpunktmäßig überprüfen.
-
Die Aufgaben von
Teil 2 bestehen aus einer Schreibaufgabe, wie z. B. einem
privaten Geschäftsbrief, einer Stellungnahme etc. Damit soll die
aufgabenbezogene Schreibkompetenz schwerpunktmäßig
überprüft werden.
-
Die Teile 1 und 2
werden bei der Bewertung zu jeweils 50% gewichtet.
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Strukturierungstypen von Texten in der
Mehr-Ebenen-Klassifikation
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
07.01.2024
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