Waldmann
(52008, S.117-133) hat in Anlehnung an
Scheller (1993)
eine Liste von Aufgaben zusammengestellt, die "durchweg ohne Vorkenntnisse
und praktische Erfahrungen im szenischen und darstellenden Spiel" umgesetzt
werden können. (ebd.,
S. 120). Dramendidaktisch lassen sich die Methoden im Allgemeinen ▪
produktions- und
▪ theater- bzw. spielorientierten Ansätzen zuordnen.
Die Zusammenstellung Waldmanns greift auf die von
Scheller
(1999) im Rahmen seines Konzepts der
▪
szenischen
Interpretation vorgestellten Methoden zurück (vgl. auch
Scheller
22008,, S.62-64), die allerdings über die im
Literaturunterricht intendierten Ziele weiterreichende personale und intrapersonale
Wirkungsabsichten verfolgen. Der Begriff der szenischen Interpretation
wird aber durchaus auch ohne diese konzeptuelle Bedeutung Schellers
im Sinne szenischen Interpretierens und szenischen Erarbeitens
dramatischer Texte verwendet.
Im Zusammenhang mit dem hier vorgestellten ▪
Methodenrepertoire zur
szenischen Erarbeitung von Dramentexten wird auf diese und
andere Quellen Bezug genommen. Dabei werden aber auch einige Ergänzungen
hinzugefügt.
Im Mittelpunkt dieser Methode zur ▪ szenischen
Erarbeitung eines dramatischen Textes steht
die Einfühlung in eine Figur, indem man sich Gedanken darüber macht,
was diese mit dem, was sie äußert, beabsichtigt und wie sie sich
dabei verhält.
Die Methode basiert auf Ansätzen, die der russische Schauspieler
und Theaterregisseur »Konstantin
Sergejewitsch Stanislawski (1863–1938) in seiner
Schauspieltheorie bzw. »Schauspielkonzept
dargelegt hat. Mir diesem soll sich u. a. das Verhältnis von Schauspieler, Rolle und Figur
so entwickeln, dass Darsteller und Figur weitgehend miteinander
verschmelzen. Die soll mit dem Mittel der Einfühlung erreicht
werden.
Stanislawski geht von der Annahme aus, dass diese Einfühlung nur dann
gelingen kann, wenn der Darsteller bzw. die Darstellerin Gefühle der
Figur auf der Bühne tatsächlich erlebt. Erst diese
naturalistisch-individuell spezifische Verkörperung kann seiner
Auffassung nach die für das Theater und ihren mitfühlenden
Zuschauer nötige Wirklichkeitsillusion schaffen.
Das oft auch als "Stanislawski-Methode" bezeichnete
Konzept fußt auf den fünf Säulen: Rollenarbeit, Situationsanalyse,
Herstellung eines persönlichen Bezugs, Annäherung "von außen" über
körperliche Handlungen und Abbau von der Einfühlung möglicherweise
entgegenstehenden Ängsten oder Blockaden.
In den Bereich der Rollenarbeit fällt dabei auch die Methode,
sich mit sogenannten Untertexten (Subtexten) zu beschäftigen, die
zum Ausdruck bringen, was im Grunde zwischen den Zeilen der
dramatischen Rede steht.
In diese Richtung weist auch die Methode "Eine Szene mit eigenen
Worten erspielen", die auch als ▪ produktive
Textarbeit / ▪ literarisches Rollenspiel
mit schriftlich formulierten Untertexten durchgeführt werden kann.
Der
Arbeitprozess gliedert sich in verschiedene Phasen: individuelle
Lektüre, Verteilung der Rollen, mentale Konstruktion von
"Untertexten", erste Inszenierung mit eigenen Worten, Reflexion und
zweite Inszenierung mit dem Originaltext.
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Lesen Sie den Text
der Szene zunächst jeder für sich durch.
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Verteilen Sie im
Anschluss daran die in der Szene vorkommenden Rollen.
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Überlegen Sie dann -
jeder für die ihm zugefallene Rolle -, was die Figur in dieser
Situation beabsichtigt und wie sie sich gegenüber den anderen
Figuren verhält.
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Im Anschluss daran
spielen Sie die Szene miteinander und verwenden dabei
ihre
eigenen Worte.
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Berichten Sie im
danach Ihren Mitspielern bzw. Zuschauern, wie Sie die Rolle
erlebt haben.
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Zum Abschluss spielen
Sie die Szene ein zweites Mal mit dem Originaltext.