Die unterrichtliche Vermittlung des Schreibens war lange Zeit,
vom Schriftsprachenerwerb abgesehen, Aufsatzunterricht und
die Regeln für die Schreibprodukte, die dabei entstanden, waren
in der Aufsatzlehre festgelegt.
Schreiben, das war stets
das Hinarbeiten auf den individuellen Aufsatz, der sowohl
als Lern- wie auch als
Leistungsaufgabe schulisches Schreiben
dominierte. Schulische Schreibprozesse waren fast immer
produktorientiert, der Aufsatz eine individuelle Leistung. Von
Co-Authoring oder
kooperativem Schreiben war weit und breit
keine Rede und auch die Schreibforschung und die
▪
Schreibdidaktik, so wie wir sie heute kennen, steckte noch in
den Kinderschuhen.
Erst in neuerer Zeit hat sich mit der Handlungsorientierung
des problemlösenden Schreibens und der Weiterentwicklung der
Schreibdidaktik (vgl.
▪ Texte
verfassen - schreiben), die mehr und mehr die Ergebnisse der
▪
Textlinguistik
auch begrifflich in ihren Konzepten des
Schreibens
aufnahm, die Terminologie weiterentwickelt, so dass man
heute wohl nur noch zur Verdeutlichung vom Aufsatzschreiben
spricht, wenn man die Schreibhandlung beim
textmusterorientierten, textmusterbezogenen oder textmusterkonformen
Schreiben in der Schule bezeichnen will. (vgl.
Textmuster,
Textmusterwissen)
Dabei ist die
Orientierung an solchen globalen Textmustern in der Fach- und
Schreibdidaktik allenthalben heftig umstritten (Feilke
2017, S,157f.) und wird der traditionellen Aufsatzdidaktik
zugeordnet. Was man ihr aus didaktischen Überlegungen
vorhält, ist pointiert auf den Punkt gebracht: "Starrheit
globaler Textnormen, kein Bezug auf den Schreibprozess, kein
Bezug auf die interne Handlungsstruktur und den
kompositorisch-prozeduralen Aufbau von Texten, kein Bezug auf
Schreibfunktionen, das Spektrum kommunikativer Textfunktionen
und die damit verbundenen Situierungsoptionen für das
Schreibenlernen." (ebd.,
S.155)
Dabei muss das
Wissen über Textmuster keineswegs grundsätzlich nur dazu führen,
bestimmte dem jeweiligen Textmuster zugeschriebenen Merkmale bei
der eigenen Textproduktion zu reproduzieren und damit das
Textsortenwissen auf die
deklarative Komponente des Wissens (»knowing that«) zu
reduzieren. Das Wissen über (schulische) Textmuster des
Argumentierens und Erörterns, Beschreibens, Berichtens und
Zusammenfassens ist nämlich jeweils "als abstraktes Rahmenthema
gespeichert und enthält prototypische Elemente" (Fix 2006/2008,
S.92) über die jeweiligen Muster. Textmuster sind einem
zeitgemäßen Verständnis nach dazu da, die jeweilige
"Schreibaufgabe durchschaubarer zu machen und den Schreibprozess
zu entlasten." (ebd.,
S.106) Vor allem sind sie nicht Anleitungen zur Erfüllung
von Schreibnormen, die wie "systematisch abzuarbeitende
Ausführungspläne" (ebd.,
S.93) zu verstehen sind, sondern "heuristische Pläne" (ebd.),
"sind Teil der Methodenkompetenz und ermöglichen eine bestimmte
Schreibstrategie, indem sie prototypische Elemente liefern, an
denen sich sowohl die Schreibenden als auch die Lesenden
orientieren können." (ebd.)
Wer kompetent mit ihnen umzugehen versteht, und dies sollte
schließlich Ziel schulischen Lernens sein, der greift auf dieses
Textmusterwissen "flexibel und situationsadäquat" zurück, indem
er elementare Muster "als Module (verwendet), mit deren Hilfe
neue Detailpläne erzeugt werden." (ebd.)
Im Übrigen
durchläuft die ▪
Schreibentwicklung
in dem vielzitierten ▪
Schreibentwicklungsmodell von Carl
Bereiter (1980),
auch wenn die Abfolge der Entwicklungsstadien weder eindeutig
festgelegt noch alle Stadien durchlaufen werden müssen, als
zweite Stufe das sogenannte ▪
regelgemäße Schreiben (performative writing). Die ▪
Kompetenzentwicklung beim Schreiben erfolgt auf dieser Stufe
durch die Produktion eines normgerechten Textes unter
Berücksichtigung von Orthografie,
Syntax, Stil, Textstrukturwissen und Textsortenwissen.

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Statt der
Orientierung an globalen Textmustern und Makrotypen haben ▪
Textprozeduren als prozedural wiederkehrende Handlungsmuster
von Texten eine größere Beachtung gefunden. Dabei richtet sich
die Aufmerksamkeit beim Schreiben didaktisch "nicht mehr auf das
globale Textmuster, sondern auf die auch sprachlich
ausgewiesenen Kompositionselemente von Texten". (Feilke
2017, S.158) Solche Textprozeduren "beziehen sich auf den
Text und dessen Komposition " und "betreffen die kommunikativ-sprachlichen
Handlungskomponenten des zu schreibenden Textes (z. B. Einleitung,
Gliederung, Argumentation etc.)" (Feilke
2014, S. 20); besitzen "generatives Potential" (ebd.,
S. 14). Sie sind vergleichsweise stabile (Text-)Bausteine, die für die
Textproduktion, aber auch Textrezeption eingesetzt werden und sich auf
der sprachlichen Textoberfläche in ▪
Prozedurenausdrücken für bestimmte Textmuster
bzw. in bestimmten
Textsorten zeigen.
Die Systematik,
der teachSam folgt, orientiert sich an der produktorientierten
Klassifikation der traditionellen Aufsatzdidaktik und stellt
schulische Schreibformen als Textmuster vor. Dabei ist das, was
im teachSam Arbeitsbereich schulische Schreibformen zur
Darstellung kommt, weder an ein bestimmtes schreibdidaktisches
Konzept gebunden noch erhebt es den Anspruch, ein konsistentes
System darzustellen. Wo immer ausgehend von den vorgestellten,
mehr oder weniger didaktisierten Textmustern ihr Schreiben
thematisiert wird, greifen wir auf Ansätze und Methoden
unterschiedlicher schreibdidaktischer Konzepte zurück.
Dies geschieht,
weil das Schreiben dieser schulischen Schreibformen nicht zur
entkontextualisierten Schreibübung von stark normierten
Textmustertypen und abstraktem Wissen über den Textaufbau werden
darf. (vgl.
Schüler 2017, S.20) Dabei sind wir uns auch bewusst, dass
die schreibenden Schülerinnen und Schüler "viel weniger
isoliertes vereinzeltes Wissen über eine bestimmte Textsorte
(Inhaltsangabe, Erlebniserzählung, Bericht ...)" brauchen, "um
sich situations- und adressatengerecht zu verhalten." (Merz-Grötsch
2000/2005, S.108) Was sie konkret benötigen, ist Wissen
darüber, wie sie generell berichtend, informierend etc.
schreiben können (vgl.
ebd.)
teachSam hat sich Ende des letzten Jahrhunderts dafür
entschieden, die Schreibprodukte, die in schulischen
Lehr-/Lernprozessen vermittelt und eingeübt werden, als
▪
schulische Schreibformen zu
bezeichnen. Dahinter stand ein Unbehagen gegenüber dem
traditionellen Aufsatzbegriff, ohne dieses
begrifflich-theoretisch zu fundieren. Die Bezeichnung ist also
mehr ihrem praktischen Nutzen geschuldet als einer
tiefgreifenden methodisch-didaktischen Reflexion und
wissenschaftlich-kategorialer Begriffsbildung.
Aber diese war lange ohnehin schwierig, zumal der Begriff
"(Schul-)Aufsatz" u. ä. immer wieder in
die Kritik geraten ist, weil die Konnotationen zu diesem Begriff
-
überwiegend in Richtung "anstrengender und womöglich bürokratischer
Arbeit" gingen (vgl.
Fritzsche 1994,
S.25)
-
meistens an Vorstellungen umfangreicher, abgerundeter,
ausformulierter und überarbeiteteter Texte gebunden waren
-
einen traditionellen Kanon festgelegter Aufsatzformen ohne
pragmatische Funktion unterstellten
-
immer wieder mit dem Begriff der
Klassenarbeit in Verbindung gebracht wurden (vgl.
ebd.)
Fritzsche (1994,
S.26) bevorzugt stattdessen den Begriff
Schreibaufgaben,
auch wenn dieser Begriff ebenfalls "nicht frei von irreführenden
Konnotationen" ist. (Kurzer
Abriss zur Geschichte des Aufsatzunterrichts)