Mit dem Vorsatz ist das, wie jeder weiß, so eine Sache.
Manchmal genügt schon das Aufwachen aus den süßen Träumen
eines kleinen, unschuldigen Mittagsschläfchens, dass er
angesichts der noch irgendwo in der Wohnung ohne jeden
Vorsatz gebunkerten Restschokoweihnachtsmänner und
-osterhasen nach einem halben Stündchen schon nicht mehr
vorgeht. Vorsätze menscheln eben, weiß auch jeder! Böser das
Erwachen aber, wenn man den Fehler gemacht hat, seinen
Vorsatz hinauszuposaunen, hinauszutwittern oder gar
hinauszuposten. Als ob man seine Vorsätze absichtlich gegen
die Schokolade gefahren hat, bekommt man schon beim nächsten
Kaffeekränzchen von liebenswürdigen Kaffeetanten und – man
achte auf die Genderlinie! – Kaffeeonkels die hämische
Erinnerung an diese Vorsätze wieder vorgesetzt, wenn man,
zugegeben etwas blauäugig, die aufgenötigte Sachertorte mit
halbwegs Genuss verspeist. Wer sich in Gefahr begibt ... Ehe
man sich versieht, hat einer der „Freunde in echt“ -
natürlich nur aus Jux und Tollerei und ohne jeden Vorsatz! –
seine Facebook-Freunde informiert, dort auf die Pinnwand des
armen Versagers vor alle anderen Einträge gesetzt: „Na,
Moppel, wieder nichts mit den guten Vorsätzen? Macht nix!“ –
Macht’s wohl! Wer dann noch erleben darf, dass ausgerechnet
das Foto vom Kaffeekränzchen unter Freunden an die
WhatsApp-Gruppe „Rund-aber-Gesund“ gesendet wurde, auf dem
man mit aufgesperrtem Munde gerade mit seiner Kuchengabel
der Torte auf die Schokolade rückt, dann könnte man, ohne
Aussicht auf mildernde Umstände, also mit Vorsatz oder
Heimtücke, am besten mit beidem, den Rachefeldzug gegen die
Lästermäuler, besten Freunde mit den besten Absichten in
echt und anderswo, die Mobber und die Cybermobber und am
Ende gegen Gott und die Welt vorsätzlich beginnen.
Der Weg zur Hölle ist eben mit guten Vorsätzen gepflastert,
wusste Samuel Johnson (1709-1784) zu sagen, warum sagt einem
das heute keiner mehr! Dabei hat der Gute allerdings
übersehen, dass das mit dem Vorsatz eigentlich begann, noch
ehe man so richtig von der Hölle sprechen konnte. War es
doch Eva im Paradies gewesen, die ihren Adam mit dem Apfel
vorsätzlich verführt und damit für uns alle erst den Weg
dahin so richtig freigemacht hat. Aber war die Schöpfung
selbst nicht auch etwas wie eine vorsätzliche Tat? Wenn ja,
was hat sich der liebe Gott bei der Sache eigentlich
vorgenommen? Wie würde er heute angesichts von Dauerkriegen,
Hunger, Not, Flüchtlingselend und Klimakatastrophe das Ganze
beurteilen? Und, mit welchen Vorsätzen könnte der das Ganze
nachbessern? Schwer zu sagen, ob er wirklich für das Ganze
einen Plan hatte, aber das macht ihm ja auch keiner zum
Vorwurf und postet seine Kritik an die Pinnwand des Himmels.
Also doch lieber Plan als Vorsatz, haftet doch letzterem
seit Evas unsäglicher Aktion immer die Vorstellung vom
Vorhof der Hölle an, auf dessen abschüssiger Bahn hinunter
man nur Halt finden kann, wenn man bereit ist, sich
vorsatzgemäß zu kasteien. Wer allerdings der Geißeltour der
Vorsätze und ihrer Antreiber aus dem Weg gehen will, sollte
es wie Gott machen. Statt Vorsätze, also wenigstens einen
Plan B.Gert Egle, www.teachsam.de, 6.1.2016
Mit dem Vorsatz ist das so eine Sache ... von
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