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Schulische Schreibformen: Didaktische und methodische Aspekte
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Themabereich: Lesen »
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Hermeneutische Modelle des
Textverstehens
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Werkinterpretation
(textimmanente Interpretation)
▪
Hermeneutischer Zirkel

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Damit sie zufriedenstellend gelöst
werden kann, muss das Thema alters- und entwicklungsgerecht (gestellt)
sein und "an den vorhandenen Erfahrungen und Vorstellungen von Kindern
und Jugendlichen anknüpfen" (Baurmann (2002/2008,
S. 53).
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Die
Lehrkräfte müssen bei der didaktischen Reflexion von einer möglichst
genauen Einschätzung der bis dahin erworbenen
▪
Schreibkompetenzen der
Schreiberinnen und Schreiber in allen Teilbereichen
ausgehen (▪
Zielsetzungskompetenz,
▪
inhaltliche Kompetenz,
▪
Strukturierungskompetenz,
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Formulierungskompetenz).
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Im Rahmen einer
▪
förderlichen Begleitung von Schreibprozessen können Schreibaufgaben
nach erfolgter Diagnose des individuellen Leistungsstandes auch sehr
differenziert gestellt werden, wenn sie das Schreibalter und die erworbenen Schreibfähigkeiten
berücksichtigen.
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Sie können sich nicht nur hinsichtlich
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Kompetenzniveaus (▪
einfach,
▪
schwierig,
▪
komplex),
inhaltlichen Schwerpunkten u. ä. unterscheiden, sondern auch danach, ob
sie im Rahmen eines prozessorientierten und kooperativ angelegten
▪
Schreibprozesses (▪
kooperatives Schreiben)
▪
einzelne Schreibhandlungen aus dem gesamten Schreibprozess ausgliedern
oder nicht.

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Die Aufgabenformate
für die schriftliche Textinterpretation
Die schulische
Textinterpretation ist ▪
produktorientiertes Schreiben über
literarische Texte
in einem individuellen ▪
Schreibprozess
in Form eines Interpretationsaufsatzes, d. h. einer sprachlich
in sich geschlossenen Darstellung eines Textverstehensprozesses
und seiner (vorläufigen) Ergebnisse.
Unabhängig davon ob die
▪
Schreibaufgabe in einem vollständig
offenen Aufgabenformat ("Interpretieren Sie den Text xy.")
gestellt oder mit zusätzlichen Relevanzinstruktionen
zu bestimmten formalen oder inhaltlichen Aspekten, die dabei
besonders berücksichtigt werden sollen, versehen ist, stets
stellt diese Art der Textinterpretation einen
Erschließungsprozess des Textes auf allen Ebenen dar und den
Versuch, auf der Grundlage von Hypothesen in einer
Text-Leser-Interaktion ▪
einen plausiblen Bedeutungs- bzw. Sinnzusammenhang zu
konstruieren.
Das
kann nach dem Muster des Interpretationsaufsatzes erfolgen, der konzeptionell
den Prinzipien der ▪
kontextualisierten werkimmanenten Interpretation folgt.
Wer
also eine Schreibaufgabe im
offenen Aufgabenformat mit dem Auftrag. "Interpretieren Sie den Text xy."
oder eine Schreibaufgabe, die daneben noch bestimmte Relevanzinstruktionen
zu bestimmten formalen oder inhaltlichen Aspekten, die dabei besonders
berücksichtigt werden sollen, gestellt bekommt, von dem wird bei der Bewältigung
der Schreibaufgabe ein Interpretationsaufsatz erwartet, der "analytische,
interpretative und argumentative Fähigkeiten des Formulierens, Belegens und
Begründens von Deutungshypothesen (integriert)." (Ehlers
2010 , Kap. 8.1.5 Schriftliche Formen der Interpretation)
Die Methode, mit der man einen
solchen Interpretationsaufsatz erarbeitet und strukturiert, kann als
▪
untersuchendes
Erschließen literarischer Texte bezeichnet werden.
Entsprechende Schreibaufgaben
verwenden in der Regel die Aufforderung zum
Interpretieren als einen übergeordneten Operator, der die Schreibaufgabe
insgesamt bezeichnet und gegebenenfalls um bestimmte Teilaufgaben, die im Rahmen
des von dem mehr oder weniger klar umrissenen Textmuster Interpretationsaufsatz
in jedem Fall zu behandeln sind. In der Regel sollen derartige "Hilfestellungen"
den ansonsten sehr umfänglichen Schreibprozess entlasten, indem sie die
Aufmerksamkeit auf bestimmte relevante Aspekte der Interpretation lenken.
Im Rahmen der schulischen Textinterpretation stellt das die
Analyse des Textes "eine Methode der Textarbeit und nur eine
Teilleistung der Textinterpretation" dar (ISB
22010, Bd.2, S. 381)
Problemlösendes
Schreiben bei der Interpretation
Schreibaufgaben zur Textinterpretation sollten als Aufgaben konzipiert
sein, die eine Problemlösung verlangen. (vgl.
Spinner 1989, S.20, vgl.
Kepser/Abraham 42016, S. 256)
Dies betrifft zunächst einmal die Auswahl der Texte bzw. Textstellen,
die für die Interpretation vorgesehen werden, durch die Lehrkraft. Die
Texte, die ausgewählt werden, sollen zum Interpretieren auch tatsächlich
motivieren.
Allerdings hängt die Motivation zur Textinterpretation
sicherlich nur zum Teil von der textseitigen Komplexität und
Dichte ab. Mindestens genau so wichtig ist die Frage, ob die Texte vielfältige
Deutungswege ermöglichen und entwicklungsgemäße Themen zur Sprache
bringen.
Dass sich auch Texte eignen, die nicht zur sogenannten
"Höhenkamm-Literatur" (Kepser/Abraham
42016, S. 263) zählen, sondern "bloß" populär sind, heißt
dabei freilich nicht, dass ihnen keine für die Analyse und Interpretation
durch die Schülerinnen und Schüler interessanten und relevanten Aspekte
abzugewinnen sind. Unter Umständen erleichtert dies Lehrkräften sogar,
sich bei der Auswahl von Texten flexibler zu zeigen, denn "aktuelle oder
abseitige Texe unterliegen nicht einer kulturellen Deutungstradition,
der sich Lehrkräfte und nachfolgend Schüler/–innen verpflichtet fühlen
müssen." (ebd.)
Dass dies auch das ständige Suchen und sich Orientieren an
vorgefertigten Materialien für den Literaturunterricht bei der
Vorbereitung entlastet und auch den Literaturunterricht offener und
mit einem weitaus größeren Spielraum für Lehrkräfte und Schüler lässt, ganz
verschiedene Zugangsweisen zum Text und vielfältige Lesarten zu
erproben, ist mehr als nur ein Nebeneffekt der Auswahl derartiger Texte,
sondern kann die soziale Praxis der Interpretation in der Schule
beträchtlich verändern.
Um der ▪
sozialen Abhängigkeitsorientierung
beim Schreiben entgegenzuwirken, sollten Schülerinnen und Schüler "aus
mehreren Texten einen zur Interpretation auswählen [...] dürfen" (Kepser/Abraham
42016, S. 263)


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▪
Analyse oder Interpretation?
abhängig.
Aus diesem Grunde scheint es berechtigt und didaktisch auch durchaus
sinnvoll, möglichst genau zu präzisieren, ob primär analysiert und
beschrieben, oder hauptsächlich interpretiert werden soll. In schriftlichen
Aufgabenstellungen können dies entsprechende ▪
Operatoren leisten.
Allerdings macht es,
da die Abgrenzung nicht immer sehr trennscharf ist, auch wenig Sinn, den Akzent
bei der ▪ schulischen
Textinterpretation nur auf das eine oder andere zu legen.
Wenn einem aber
wichtig ist, die die Tätigkeiten des Analysierens und Beschreibens
bei Schreibaufgaben vom eigentlichen Interpretieren deutlicher
abzusetzen, dann sollten entsprechende Vorgaben und Anweisungen
klar signalisieren, worauf
der Schwerpunkt der Darstellung liegt.
So könnte man,
zumindest als gewisse Orientierung, wenn einem dabei nicht
eine sowohl methodisch wie kognitiv streng getrennte Operation vorschwebt,
von (primär) deskriptiven und interpretativen Textanalysen bzw. -beschreibungen
sprechen, wobei gerade letztere eben noch nicht den Anspruch erhebt, eine
mehr oder weniger stringente und konsistente Interpretation als Ganzes zu
bieten. (Beispiel
1,
Beispiel 2)
Didaktisch bleibt dies aber wohl schwer zu vermitteln.
In den
EPA-Vorgaben zählt
die Textinterpretation auf der Basis der ihr zugrundeliegenden
fachspezifischen Erschließungsform zum
→untersuchenden Erschließen. Aufgabenstellungen im Abitur, wie z.B. in
Baden-Württemberg, fordern diese Schreibform derzeit nur Verwendung
des
übergeordnete Operators "Interpretieren"
ein, eine genauere Aufgliederung der Aufgabe im Sinne einer mehrteiligen
Arbeitsanweisung unterbleibt damit. Es gehört damit zu den vom Schüler bzw.
der Schülerin selbständig zu lösenden Aufgaben, wie er/sie im konkreten Fall
"sprachliche Handlungen des Zusammenfassens und Wiedergebens, des
Beschreibens und schließlich Argumentierens funktional integrieren und dabei
auch literaturästhetische und literaturgeschichtliche Kenntnisse zeigen
soll." (Abraham/Kepser
22006, S.116) (Genaueres
zum Abiturstandard für das untersuchende Erschließen von literarischen
Texten)

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Aller Standardisierungsbemühungen zum Trotz trägt die Schreibform jedoch
nicht immer den gleichen Namen. Ebenso wenig werden die Operatoren, jedenfalls im
die Bundesländer übergreifenden Vergleich, einheitlich verwendet. So lassen
sich die
übergeordneten Operatoren
analysieren
und
interpretieren
bzw.
deuten
oft nicht trennscharf verwenden und ihre Verwendung als untergeordnete
Operatoren macht die Sache auch nicht unbedingt leichter.
chreibungen
sprechen, wobei gerade letztere eben noch nicht den Anspruch erhebt, eine
mehr oder weniger stringente und konsistente Interpretation als Ganzes zu
bieten. (Beispiel
1,
Beispiel 2)
Die Textinterpretation gehört zu den wichtigsten
schulischen
Schreibformen und wird in nahezu allen Prüfungen als eine der möglichen Aufgabenstellungen aufgeführt.
Dabei haben sich Inhalte und Art und Weise der Aufgabenstellungen über die
Jahre hinweg immer wieder geändert. Themenstellungen wie z. B. zu
Franz Kafkas "Der Prozess" wie die folgenden, sind heute nicht mehr
üblich:
-
"Seltsame Geschehnisse - ruhig sachliche Sprache; deuten Sie dieses
wesentliche Charakteristikum des Romans!" , oder
-
"Der Mensch K und sein vergebliches Streben nach fremder Hilfe"
Dass die Textinterpretation nicht mehr in diesem Gewand des
traditionellen Interpretationsaufsatzes daherkommt, hat verschiedene Gründe.
Einer davon ist freilich, dass die Anforderungen der jeweils gestellten
Aufgabe heutzutage klarer herausgearbeitet und verschiedenen
Anforderungsbereichen zugeordnet werden, die sich in der Struktur der
Aufgabenstellung sowie der jeweiligen Formulierung der Aufgabe mit
bestimmten
Operatoren niederschlägt. Die möglichst genaue Formulierung von
Operatoren hat auch dazu geführt, dass
mehrteilige Arbeitsanweisungen, wie sie lange üblich waren, wieder mehr
und mehr durch eine einteilige Arbeitsaufgabe mit dem
übergeordneten Operator →"Interpretieren
Sie" ersetzt werden bzw. ersetzt worden sind. Sie lauten, z.B. im
schriftlichen Abitur des Landes Baden-Württemberg, wieder schlicht in Form
des "hermeneutischen Imperativs" (Kammler
2005, S.195):
Dennoch sind mehrteilige Arbeitsanweisungen weiterhin sehr verbreitet und
werden auch wohl nicht grundsätzlich ersetzt werden. Wie diese mehrteilige Arbeitsanweisung im einzelnen aussieht, lässt sich
nicht verallgemeinern. Im herkömmlichen Literaturunterricht wird sie anders
aussehen als in einem kompetenzorientierten. In jedem Falle sollte sie den
bloß reproduzierenden Aufgabenteilen kein großes Gewicht geben und
sich am besten an den
Anforderungsbereichen
(Afb
I,
Afb II und
Afb III)
orientieren, die für die Abiturprüfung fixiert worden sind.
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Schulische Schreibformen: Didaktische und methodische Aspekte
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Themabereich: Lesen »
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Lese- und Rezeptionsstrategien
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Lesen und Textverstehen
(CI-Modell)
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Hermeneutische Modelle des
Textverstehens
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Überblick
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Grundpositionen der Texthermeneutik
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Werkinterpretation
(textimmanente Interpretation)
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Überblick
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Hermeneutischer Zirkel
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Kognitionspsychologie
und hermeneutischer Zirkel Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
12.11.2021
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