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Schulische Schreibformen: Didaktische und methodische Aspekte
▪
Themabereich: Lesen »
▪
Hermeneutische Modelle des
Textverstehens
▪
Werkinterpretation
(textimmanente Interpretation)
▪
Hermeneutischer Zirkel
▪
Methoden und Verfahren des Literaturunterrichts
▪
Textvergleich
▪
Tabellarischer Überblick über kontrastive Verfahren bei der
Textinterpretation
Der
▪
Textvergleich
zählt zu den wichtigsten ▪
Methoden und
Verfahren des Literaturunterrichts. Man kann
sie als "kontrastive
Verfahren" (Kepser/Abraham
42016,S. 265ff.) bei der Analyse und Interpretation von
Texten bezeichnen, wobei das Verhältnis von
Analyse und Interpretation
schreibaufgabenabhängig sehr flexibel zu gestalten ist.
Der Vergleich von bestimmten Textphänomenen oder -merkmalen innerhalb
eines Textes (intratextueller
Vergleich)
und der Vergleich zweier oder mehrerer Texte miteinander (intertextueller
Vergleich) gehört inzwischen zu den Standardaufgaben bei der
mündlichen oder ▪ schriftlichen
Textinterpretation in der Schule.
Der Vergleich als literaturwissenschaftliches Konzept reicht dabei
zurück bis in die »positivistisch
geprägte Phase des Umgangs mit Literatur im 19. Jahrhundert, die es als
eine ihrer Hauptaufgaben verstand, verschiedene Fassungen eines Werks
miteinander zu vergleichen. (vgl.
Klein/Vogt 31974, S.30)
In
der neueren Literaturwissenschaft steht dagegen das »strukturalistische
bzw.»
poststrukturalistische »Konzept
der Intertextualität Pate, das aufzeigen will, dass Texte und dabei
vor allem literarische, sich nicht in einem Vakuum befinden, sondern
stets auf andere Texte bezogen sind.
Dabei spielt die wissenschaftliche Fundierung des postrukturalistischen
Intertextualitätskonzeptes durch »Julia
Kristeva (geb. 1941), »Roland
Barthes (1915-1980) oder »Harold
Bloom (1930-2019) im Rahmen des schulischen
Literaturunterrichts sicherlich eine untergeordnete Rolle. Ansätze aber,
wie die von »Harold
Bloom (1930-2019), der "gar nicht den Text als das wesentliche
Phänomen, sondern die Beziehung zwischen den Texten, und zwar auch zu
den persönlichen
Texten des Lesers" (Kepser/Abraham
42016,S. 265) für relevant hält, auch für die
Literaturdidaktik mehr a interessant, zumal dahinter auch das
Vergleichen als einer der fundamentalen Prozesse bei der
Literaturrezeption sichtbar gemacht wird, wie es auch ▪
kognitionspyschologische Konzepte des Textverstehens immer wieder
betonen.
So sind Vergleiche, die mit schon vorhandenen mentalen
Repräsentationen unterschiedlichster Art bei der Rezeption vorgenommen
werden, für die ▪
Sinnkonstruktion, den Aufbau eines ▪
Situationsmodells, grundlegend: "Diese Figur erinnert mich an meinen
Vater ..." oder "Dieser Schauplatz erinnert mich an den Ort, wo ich
aufgewachsen bin ..." oder "Diese Geschichte erinnert mich an einen
Film, den ich vor kurzem gesehen habe ..." und viele ähnliche
"persönliche Texte" nehmen also großen Einfluss darauf, wie wir Texte
verstehen.
Kontrastive
Verfahren bei der schriftlichen Textinterpretation
Schreibaufgaben, die zu einem
intratextuellen oder intertextuellen Vergleich auffordern, können sich
auf ganz verschiedene Vergleichsaspekte beziehen. die in der
Schreibaufgabe explizit vorgegeben sein sollten. Natürlich ist auch eine
Schreibaufgabe in einem vollständig
offenen Format (z. B. "Vergleichen Sie die beiden Texte ..." oder
"Vergleichen Sie die beiden Fassungen") denkbar, stellen aber deutlich
höhere Ansprüche, wenn Schülerinnen und Schüler eigenständig geeignete
Vergleichsaspekte auswählen und anwenden müssen. Dies ist jedenfalls
ohne ausreichende Übung und entsprechende Schreiberfahrungen kaum zu
bewältigen.
Es gibt eine vergleichsweise große Zahl von Aspekten, die bei einer
Schreibaufgabe zum Textvergleich eingefordert werden können. Dabei muss
es nicht ein einzelner Vergleichsaspekt sein, sondern es können durchaus
auch verschiedene Vergleichsaspekte vorgegeben werden. Immer geht es auf
der Ebene des jeweiligen Vergleichsaspektes um das Erkennen,
Analysieren, Interpretieren von Gemeinsamkeiten und Unterschieden
zwischen den Textstellen oder zum Textkorpus des Vergleichs zählenden
Texten, die zudem abgestuft nach ihrer Differenzqualität beurteilt
werden müssen.

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▪
Tabellarischer Überblick über kontrastive Verfahren bei der
Textinterpretation
Aufgabentypen für
die vergleichende Textinterpretation
Auch wenn es aus
literatur- und schreibdidaktischen Gründen allgemein zu
empfehlen, ist dass die Schreibaufgaben für die
textvergleichende Interpretation Angaben zu dem oder den
geforderten Vergleichsapekt(en) machen sollte, gibt es
Aufgabenstellungen, die dazu keine expliziten Angaben machen
oder verschiedene Arbeitsaufträge erteilen, von denen nur einer
den gewünschten Vergleich einfordert.
Wird der
Vergleichsauftrag mit Hilfe des ▪
KMK-Operators ▪ "vergleichen",
der vorgibt, dass in einem solchen Fall nach vorgegebenen oder selbst gewählten Gesichtspunkten
problembezogen Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten und Unterschiede ermitteln
und darstellen werden sollen, wird die Bandbreite in offenen und stärker
mit Relevanzinstruktionen gelenkten Aufgabenformaten bei der
textvergleichenden Interpretation abgesteckt.
Bei der
Konzipierung von Schreibaufgaben für die textvergleichende
Interpretation ist besonders zu beachten, dass sie nicht so
leicht zum bloßen Aufzählen von Gemeinsamkeiten verleiten
können, sondern Textanalyse und Interpretation als Wege zur
Problemlösung stets eng aufeinander bezogen und
ineinandergreifende Operationen darstellen müssen.
Dies wird an
nachfolgenden Beispielen deutlich (vgl.
Kepser/Abraham 42016,S. 265):
-
Analysieren
und interpretieren Sie den Text A und vergleichen Sie ihn
anschließend mit dem Text B. oder
-
Vergleichen
Sie Text A mit B im Hinblick auf die Aspekte XY und
formulieren Sie im Anschluss daran eine Gesamtdeutung.
oder
-
Beschreiben
Sie Aufbau und Form von Text A und B. Vergleichen Sie Text A
und B unter den Aspekten XY. oder im völlig
offenen Aufgabenformat:
-
Interpretieren Sie Text A und B im Vergleich.
Grundsätzlich
ergeben sich aus solchen den Textvergleich einfordernden
Schreibaufgaben drei verschiedene Verfahren die auch zu
unterschiedlichen Arbeitsgliederungen und ▪
Schreibformaten beim
Aufbau der Textinterpretation führen:
-
Getrennte
Analyse und Interpretation der Texte mit einem daran
anschließenden Vergleich (Aufgabentyp 4)
-
Getrennte
Beschreibung und Analyse der Texte und anschließender
aspektgesteuerter Vergleich unter einer nicht explizit
verlangten, aber implizit geforderten
Interpretationsperspektive (Aufgabentyp 3)
-
Verzicht auf
eine umfassende Einzeltextanalyse; Analyse von Text A und
anschließender Vergleich mit Text B unter den bei der
Analyse von A vorgegebenen oder selbst entwickelten oder
festgestellten Vergleichspunkten und -kriterien (Aufgabentyp
2)
-
Analyse der zu
vergleichenden Texte auf der Basis selbst entwickelten
Vergleichsgesichtpunkten (Aufgabentyp 4)
Die Aufgabentypen
sind mehr oder weniger stark an
textsukzessiven oder an
textstrukturierenden Bearbeitungsstrategien orientiert,
können aber auch für unterschiedliche Teile, in denen mehr
aspektorientiert analysiert wird (textstrukturierende
Bearbeitungsstrategie) oder in denen mehr hermeneutisch
interpretiert (textsukzessive Bearbeitungsstrategie) mal so oder
mal so zum Zuge kommen.
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Schulische Schreibformen: Didaktische und methodische Aspekte
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Hermeneutische Modelle des
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Werkinterpretation
(textimmanente Interpretation)
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Methoden und Verfahren des Literaturunterrichts
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Textvergleich
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Tabellarischer Überblick über kontrastive Verfahren bei der
Textinterpretation Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
05.04.2022
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