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Wer arm ist, stirbt eher im Straßenverkehr
von Gert Egle
Als Familie Müller ihren neuen Mittelklassewagen bestellt,
achtet sie vor allem auf Preis, Verbrauch, Alltagstauglichkeit
und verfügbare Sicherheits- und Assistenzsysteme, mit denen das
Risiko, auf bundesdeutschen Straßen mit allen denkbaren Folgen
in einen Verkehrsunfall verwickelt zu werden, so versprechen es
jedenfalls die Anbieter, deutlich vermindert werden kann:
vorausschauender Notbremsassistent, Abstandsregler oder
Abstandsregeltempomat, Spurwechsel-, Spurhalte-, Park-, Licht-
Nachtsicht- und Verkehrszeichenassistent und Müdigkeitswarner -
die Palette des Angebots ist riesig und wie sicher ein Auto im
Verkehr technisch gesehen daherkommt, natürlich auch eine Frage
des Geldbeutels.
Davon kann Familie Singh im indischen Neu-Delhi nur träumen.
In ihrem Land kosten Autos zwar neu meistens nur zwischen 3.000
und 6.000 Euro - ohne jedes Assistenzsystem wohlgemerkt -
aber selbst das ist für die Familie zu teuer. Sie hofft darauf,
einmal das Auto ihrer Eltern vererbt zu bekommen. BMWs, Audis
oder Mercedes mit dem ganzen Schnickschack ist Sache der Reichen
in einem Land, indem motorisierte Teilnahme am Straßenverkehr
für die meisten Fahren mit den legendären Tuk-Tuks ist, den
kleinen Taxi-Motorrad-Rikschas bedeutet, in die sich ganze
Großfamilien so lange zwängen, "bis die Federn ächzen. Sechs
Kinder passen irgendwie auf die Rückbank, Vati und Mutti
flankieren den Fahrer. Gurte gibt es keine. Sie würden auch
nichts nützen, denn die Knautschzone eines Tuk-Tuks hängt davon
ab, wie dick die Kleidung der Passagiere ist." (Unterwegs
im Getummel von Neu Delhi, in: automotorsport online)
Wer arm ist, stirbt eher im Straßenverkehr
Klingt vielleicht komisch, stimmt aber, wenn man das Problem
weltweit betrachtet: Das Risiko im Straßenverkehr bei einem
Unfall zu sterben ist in armen Ländern der Welt dreimal so hoch
wie in den wohlhabenden Staaten. Am höchsten ist die Todesrate
in Afrika mit 26,6 Verkehrstoten auf 100.000 Menschen, am
niedrigsten in Europa mit 9,3 Verkehrstoten auf 100.000
Einwohner. 3.700 sterben im Straßenverkehr weltweit jeden Tag.
Verkehrsunfälle stehen weltweit an achter Stelle der häufigsten
Todesursachen, noch vor HIV/Aids oder Durchfallerkrankungen.
Das sagt jedenfalls ein
Bericht der »Weltgesundheitorganisation
(»WHO), der
sich dabei auf Daten aus dem Jahr 2016 stützt.
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Weltweit
kommen jedes Jahr 1,35 Millionen Menschen bei Unfällen im
Straßenverkehr um.
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Verkehrsunfälle sind zugleich die häufigste Todesursache für
Kinder und junge Menschen zwischen fünf und 29 Jahren.
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Außerdem ist
die Zahl der Verkehrstoten in nur drei Jahren um rund
100.000 angestiegen.
Das Risiko, bei einem Verkehrsunfall zu sterben, hängt
natürlich auch von der Art ab, wie die Menschen am Verkehr
teilnehmen.
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Weltweit
betrachtet liegt der Anteil der Fußgänger und Fahrradfahrer
an der Gesamtzahl der Verkehrstoten bei 26%. In Afrika liegt
ihr Anteil bei 44% und im östlichen Mittelmeerraum bei 36%.
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Auch der
Anteil der bei Unfällen getöteten Motorradfahrer und
Mitfahrer ist beträchtlich. 28% sind es weltweit, aber ihr
Anteil ist in einigen Regionen viel höher, z. B. in
Südost-Asien 43% und im westlichen Pazifikraum 36%.
Viele und vor allem zusehends mehr Staaten der Welt haben
inzwischen Maßnahmen ergriffen, um die vermeintlichen Ursachen
für die tödlichen Verkehrsunfälle zu bekämpfen. Mit
Gesetzesänderungen, Tempolimits, Alkoholverboten am Steuer,
Helmpflicht für Motorradfahrer, Anschnallpflicht in Autos und
LKWs und besonderen Schutzmaßnahmen für die Mitnahme von
Kindern, Einführung und Anpassung von Regelungen zum Erwerb von
Führerscheinen. systematischer Kontrolle des Straßenzustandes u.
ä. haben zahlreiche Länder inzwischen "nachgebessert", um die
Sicherheit ihrer Einwohner im Straßenverkehr zu erhöhen. Aber:
Nur 109 der 175 untersuchten Länder (62%) haben eine landesweit
gültige Notrufnummer, über die Hilfe angefordert werden kann.
Trotz dieser Anstrengungen ist die Todesrate im Straßenverkehr
seit dem Jahr 2000 nur wenig gesunken: von 18,8 Toten pro
100.000 Menschen auf 18,2.
Die
hohe Anzahl der Opfer gebietet, sich um weitere Verbesserungen
zu ringen. Das sieht auch der Chef der WHO so, wenn er sagt:
"Diese Todesfälle sind ein nicht zu akzeptierender Preis für die
Mobilität."
Um die Daten ins richtige Licht rücken zu können, müssen
natürlich viele Gesichtspunkte berücksichtigt werden, von denen
aber etliche vom Wohlstand der Staaten abzuhängen scheinen.
Weltweit hätte es schlimmer kommen können. An den
wohlhabenden Ländern liegt es allerdings hauptsächlich, dass
sich die Todesrate trotz des Bevölkerungswachstums und der
Zunahme von Autos weltweit in den letzten Jahren einigermaßen
stabilisiert hat. Hier ist Geld da, wenn auch nicht ausreichend,
für Verbesserungen der Infrastruktur, wie z. B. für sichere Geh-
und Radwege. Und der TÜV zieht im Idealfall verkehrsuntaugliche
Fahrzeuge, die ein Risiko für alle anderen darstellen,
rechtzeitig aus dem Verkehr.
Dennoch: Grund, sich auf die eigene Schulter zu klopfen gibt
es auch hierzulande nicht. Auch in Deutschland starben im Jahr
2018 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wieder annähernd
3.300 Menschen im Straßenverkehr.
Wo man froh ist, überhaupt einen
Drahtesel zu besitzen oder sich mit 10 Personen im Tuk-Tuk
fortzubewegen, ist das mit den Sicherheits- und
Assistenzsystemen wohl eher ein Luxusproblem. Wer aber von
unseren Autofahrern wollte sich selbst mit diesen bis unters
Schiebedach bewaffnet, in das Verkehrsgetümmel von Neu-Delhi
stürzen? Und solange unsere "ungesicherten" PKWs ihre
Restlaufzeit auf den Straßen in ärmeren Ländern fahren und viele
auch hierzulande ihre alten Autos jahrzehntelang fahren müssen,
gilt eben auch unter diesem Aspekt: Wer arm ist, stirbt eher im
Straßenverkehr.
Während die Gesamtzahl der Verkehrstoten in Deutschland 2017
gesunken ist, sind mehr Pedelec-Fahrer bei Unfällen getötet
worden als im Vorjahr. 68 E-Radler kamen
dem ADAC zufolge ums Leben, 9,7 Prozent mehr als 2016.
Der Großteil der Opfer war 70 Jahre oder älter.
Während die Gesamtzahl der Verkehrstoten in Deutschland 2017
gesunken ist, sind mehr Pedelec-Fahrer bei Unfällen getötet
worden als im Vorjahr. 68 E-Radler kamen
dem ADAC zufolge ums Leben, 9,7 Prozent mehr als 2016.
Der Großteil der Opfer war 70 Jahre oder älter.
Während die Gesamtzahl der Verkehrstoten in Deutschland 2017
gesunken ist, sind mehr Pedelec-Fahrer bei Unfällen getötet
worden als im Vorjahr. 68 E-Radler kamen
dem ADAC zufolge ums Leben, 9,7 Prozent mehr als 2016.
Der Großteil der Opfer war 70 Jahre oder älter.
Während die Gesamtzahl der Verkehrstoten in Deutschland 2017
gesunken ist, sind mehr Pedelec-Fahrer bei Unfällen getötet
worden als im Vorjahr. 68 E-Radler kamen
dem ADAC zufolge ums Leben, 9,7 Prozent mehr als 2016.
Der Großteil der Opfer war 70 Jahre oder älter.
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Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
03.02.2023