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Textauswahl: Inhaltsangabe kontinuierlicher Sachtexte

Vorsicht Falle! Nesthockerei im Hotel Mama

 
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Vorsicht Falle! Nesthockerei im Hotel Mama
von Gert Egle

"Wenn es bei uns in der Familie Konflikte gab, verstand mein Vater wenig Spaß. Bis heute höre ich ihn noch drohen: 'Solange du deine Füße unter meinen Tisch streckst!' Da hatte man keine Wahl“, sagt Sabine Rothfeld (63), Mutter von 3 erwachsenen Kindern, 2 davon gut verheiratet und schon lange außer Haus. Wenn sie darauf angesprochen wird, wieso ausgerechnet ihr ältester Sohn Kai im Alter von 32 Jahren immer noch im Elternhaus wohnt, klingt ihre Antwort fast ein wenig lakonisch: „Früher war das halt anders", fährt sie fort, "da wollte man einfach so schnell wie möglich von den Eltern weg.

Sabine Rothfeld ist seit 9 Jahren Witwe. Was sie als Witwenrente bekommt, ist auch nicht gerade üppig. "Ich komme schon irgendwie zurecht", meint sie und fährt in einem Atemzug fort: "Ich kann den Jungen doch nicht einfach hinauswerfen, wenn er mich noch braucht." Der Junge, ihr Sohn Kai, ist ein gut aussehender junger Mann, wirkt körperlich gepflegt und besucht regelmäßig das Fitness-Studio. Kai hat nur als Jugendlicher einmal eine Freundin gehabt, mit der er fast fünf Jahre lang zusammen war, danach mal so, mal so eben. "Ich genieße mein Single-Leben", sagt er und fügt hinzu: "Ich brauche meine Freiheit, die ist mir wichtiger als alles andere." Kai hat studiert, dabei das Jurastudium im fernen Köln nach 4 Semestern abgebrochen und ist dann nach dem Tod seines Vaters wieder bei seiner Mutter eingezogen, um ein BWL-Studium in seiner Heimatstadt aufzunehmen. Nach dem Abschluss seines Studiums hat er Glück und findet auf Anhieb einen gut bezahlten Job in einer 45 km entfernten Kleinstadt. Seitdem pendelt er jeden Morgen mit dem Zug hin und abends wieder zurück, weil er sich, wie er meint, "das Leben ohne den Puls einer Großstadt" nicht vorstellen kann.

Der Fall von Sabine und Kai Rothfeld ist heutzutage nichts Außergewöhnliches mehr. Allenfalls das Alter von Kai ist auch für die Gruppe moderner Nesthocker sicher schon etwas weit fortgeschritten. Aber in allen Industrieländern verlassen Jugendliche heute so spät wie nie zuvor das Nest ihrer Herkunftsfamilie.
Wo einstmals die frühe Nestflucht angesagt war, ist Nesthockerei weit verbreitete soziale Realität geworden. Alles Hoffen der Eltern auf ihr „eigenes Leben“ nach den Kindern ist für viele umsonst. Der Wenn-die-Kinder-erst-mal-aus-dem-Haus-sind-Traum vieler Eltern? Längst ein »Treppenwitz.

Dabei werden viele, denen es geht wie Sabine Rothfeld, von ihren Kindern auch ohne Not um ein Stück ihres "eigenen Lebens" gebracht. Etliche Nesthocker ziehen nämlich ihr eigenes Lebensprogramm ohne jeden Skrupel durch. Selbst wenn dies nicht einmal in böser Absicht geschieht: Die Tatsache, dass sich wohl nur wenige Nesthocker Gedanken darüber machen, was das für die Lebensplanung ihrer Eltern bedeutet, muss allerdings zu denken geben.

Nach der 16. Shell-Jugendstudie aus dem Jahr 2010 nennen junge Leute zwischen 12 und 25 Jahren, die nicht mehr zur Schule gehen, vor allem drei Gründe dafür, dass sie bei ihrer Herkunftsfamilie wohnen: 43% sagen, "dass es für alle am bequemsten ist". 46% geben an, dass sie "ausziehen würden, wenn sie es sich finanziell leisten könnten" und 2% sagen, sie zögen ja aus, wenn ihre Eltern sie nur ließen. Die restlichen 12% meinen, dass keiner der genannten Gründe zuträfen. Interessant auch, dass junge Frauen zwischen 12 und 25 Jahren mit 69% deutlich seltener noch bei ihren Eltern wohnen als gleichaltrige junge Männer (76%). Natürlich nimmt die Gesamtzahl der Jugendlichen, welchen die Vorzüge des "Hotel Mama" zuteilwerden, mit den Jahren ab. Bis 18 wohnt man ohnehin zu Hause. Aber auch im Alter von 18 bis 21 Jahren wohnen noch 77% aller Jugendlichen im elterlichen Haushalt, und auch bei den 22- bis 25-Jährigen leben noch 38% bei den Eltern bzw. in ihrer Herkunftsfamilie.

Im Allgemeinen wissen die jungen Leute, die länger als gemeinhin üblich zu Hause wohnen bleiben, den Service, der ihnen im "Hotel Mama" geboten wird (Catering zu jeder x-beliebigen Tageszeit, Wäsche- und Bügelservice nach Bedarf und psychologische Betreuung rund um die Uhr) schon zu schätzen. "Meine Mama", sagt Kai denn auch, "ist wirklich die beste Mama, die es gibt." Dabei zwinkert er seiner Mutter zu, die ihre Freude über so viel Lob durch ihren Sohn kaum verbergen kann. Es zeigt sich im Kleinen, was in großangelegten Studien untermauert ist: Die jungen Leute von heute "verstehen sich gut bis hervorragend mit ihren Eltern" (16. Shell-Jugendstudie)

Die Ablösung von den Eltern ist eine komplexe Entwicklungsaufgabe, die auch verlangt, dass man seine sozialen Beziehungen umbaut und verändert. Allerdings vollzieht sich dieser Prozess heute eben anders als früher. Hart gesottene Nesthocker bekommt man allerdings nicht so einfach aus dem Haus. Und wenn es doch klappt, geraten sich nicht selten die Eltern in die Haare, deren handfester Streit mit den Worten beginnt: "Du Rabenvater/-mutter, jetzt hast du unseren Jungen endgültig weggeekelt."

Der ganze Ablösungsprozess von den Eltern stellt sich heute meist als Ergebnis einer von Eltern und Jugendlichen gemeinsam geplanten und ausgehandelten Sache dar. Eine "normale" Ablösung vom Elternhaus muss sich heutzutage mit dem Einverständnis aller Beteiligten vollziehen. Sie ist ein Vorgang, der inzwischen länger dauert und sich in mehreren Schritten vollzieht: Dazu gehört, dass man aus der elterlichen Wohnung auszieht, seinen Lebensunterhalt ganz oder zumindest überwiegend selbst bestreitet. Dazu gehört aber auch, dass Heranwachsende ihre Freizeit unabhängig von den Eltern gestalten, eigene, neue Freunde finden, nach eigenen Normen und Beziehungssystemen leben und letzten Endes auch die Kontakte zu den eigenen Eltern verringern. Damit das gelingen kann, sind Eltern und Kinder gleichermaßen gefordert. Sie sollten vor allem eines vermeiden: Sich, wo es nur geht, gegenseitig "Psycho-Fallen" aufzustellen, um den jeweils anderen hineinzulocken. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Gründe, warum junge Leute heute insgesamt länger bei ihren Eltern wohnen (müssen), gibt es nämlich wirklich genug. (927 W.)

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Gert Egle. zuletzt bearbeitet am: 26.12.2023


   Arbeitsanregung 1
  1. Verfassen Sie eine Inhaltsangabe.

    • Unterstreichen Sie dazu im Text die wichtigsten das Wichtigste.

    • Erstellen Sie daraus eine ▪ lineare Stichwortliste.

    • Fassen Sie mit Hilfe der Stichwort den Inhalt des Textes zusammen.
      alternativ: Geben Sie Ihre Liste mit den herausgeschriebenen Stichworten ihrem Nachbarn. Dieser versucht auf ihrer Grundlage den Textinhalt wiederzugeben.

  2. Stellen Sie in kurzen Rollenspielen folgende Situationen dar:

    • Gespräch zwischen der Mutter und ihrem volljährigen Sohn über das Ausziehen aus der elterlichen Wohnung.

    • Gespräch mit der Clique über Vor- und Nachteile des Lebens im elterlichen Haushalt.

  3. Diskutieren Sie die Problematik in Ihrer Lerngruppe/Klasse/Kurs.

   Arbeitsanregung 2

  1. Visualisieren Sie den Text,
  2. Wie beurteilen Sie die dargestellte Entwicklung?

   Arbeitsanregung 3 (untersuchendes Erschließen, Texterörterung)

  1. Geben Sie den Inhalt des Textes unter Herausarbeitung des Gedankenganges des Verfassers wieder. Stellen Sie an den Beginn eine Überblicksinformation. ( »Strukturierte Textwiedergabe)

  2. Arbeiten Sie heraus, welche Position der Autor zu dem von ihm gewählten Thema einnimmt und nehmen Sie dazu kritisch Stellung.

  3. Erörtern Sie verschiedene Ursachen für das Phänomen "moderner Nesthockerei" und zeigen Sie dabei Lösungsmöglichkeiten auf.

  Arbeitsanregung 4

Erörterungsthemen: Jugend Lebenslage junger Menschen

 
 

 
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