Der Klappentext ist jener Text, der sich gewöhnlich auf der
Umschlagsrückseite oder aber bei gebundenen Bücher auf der Innenseite
des Vorder- oder Hinterumschlags befindet. Der Klappentext ist ein Text,
der für das Buch werben soll und das Kaufinteresse eines potentiellen
Lesers wecken oder bestärken soll. Ohne den Inhalt des Textes insgesamt
vorwegzunehmen, gibt er gewöhnlich das Thema des Textes, z.B. eines
Romans, an, verweist auf ausgewählte inhaltliche Aspekte, benennt den
oder die Schauplätze des Geschehens und gibt eine kurze Beschreibung der
Charaktere, die in dem Text vorkommen. Insofern lassen sich Klappentexte
aus als besondere
Form der
Textwiedergabe ansehen. Beim Klappentext dominiert meistens die informative Funktion. Da der Klappentext aber zugleich
wichtige Aufgaben für die Vermarktung eines Buchtitels erfüllt, ist
seine Gestaltung stets auch von der Appellfunktion als
Werbeanzeige abhängig.
Insofern stellt der Klappentext eine Textsorte dar, die,
textlinguistisch betracht, sowohl der
Textklasse der Appelltexte als auch der Textklasse der
Informationstexte angehört.
Klappentexte
beeinflussen damit natürlich auch die Rezeption des Textes als Ganzes.
Zugleich sagen sie "auch etwas über das Leserinteresse des Publikums
aus, das auf solche Beschreibungen reagiert, und stellen daher auch für
Autoren Informationen darüber bereit, was das Publikum lesen möchte." (Fludernik
2006, S.27)
Was in den Klappentexten zur Sprache kommt, weist eine
vergleichsweise große Vielfalt auf, wenngleich sich bestimmte Elemente
immer wieder finden.
Die Klappentexte von Sachbüchern und belletristischen Werken der
Literatur unterscheiden sich dabei durchaus, auch wenn beide die
Kaufentscheidung des potentiellen Käufers betreiben wollen.
So stellt
die deutsche
Übersetzung des amerikanischen Beststeller-Sachbuchs "Gettting
Things Done" von David Allen (2001; dt,
Wie ich die Dinge geregelt kriege, 2004) eine Situationsbeschreibung
in den Vordergrund, die das Problem vieler Menschen, zuviel Arbeit und
zuwenig Zeit, unter der appellativen Überschrift "Organize your
life!" in den Vordergrund rückt. Das nebenstehende Foto des Autors legt
dazu zunächst sogar den Schluss nahe, dass es sich bei dem Text um eine
Äußerung Allens handelt und nicht um eine Marketinginteressen
verpflichtete Schöpfung eines Verlagsredakteurs:
"Jeder klagt darüber: zuviel Arbeit
und zuwenig Zeit. Doch wie organisiere ich meine tägliche
Arbeit so, dass ich leistungsfähig und effizient bin, ohne
mich dabei kaputtzumachen, ja dabei sogar noch Spaß habe? Ob
es nun um die Bewältigung der täglichen E-Mail-Flut geht
oder um das Jonglieren mit eiligen Terminen: Mit ganz
einfachen, anwendungsorientierten Strategien zeigt David
Allen, wie man seinen Alltag in den Griff bekommt. Sein
Schlüsselwort wird jeder gerne hören: Entspannung. Wer
entspannt und überlegt seinen Tag angeht, wird kreativer,
effizienter und wirklich produktiv sein." (David
Allen, Wie ich die Dinge geregelt kriege, 2004) |
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Das nachfolgende Beispiel entstammt dem im Rowohlt-Taschenbuch-Verlag
erschienenen Roman "Unterwegs" von Jack Kerouac (1957/2004) und steht
für eine ganze Reihe ähnlich aufgebauter Klappentexte zu Romanen:

Der Themenbeschreibung voran-, häufig aber auch nachgestellt, ist hier
ein einzelner Kommentar der Autorin,
Kabarettistin, Moderatorin und Literaturkritikerin Elke Heidenreich. In
der Sprache der Werbetextanalyse stellt dies die Äußerung eines Sekundärsenders
dar, die
ein knappes literaturhistorisches Statement zur Bedeutung des Romans
beinhaltet. Im Anschluss daran nimmt der beschreibende Text diese
Äußerung auf und beschreibt mit markanten Worten das Lebensgefühl der so
genannten Beat generation und Elemente der von ihr angestrebten
Lebensformen. Die im Text verwendeten Begriffe, sogar darin Zauberwörter
genannt (Tempo, Jazz, Marihuana, Sex und Freiheit), werden mit einem
"intensiven, rauscherfüllten Dasein" in Verbindung gebracht.
Solche
Vorstellungen lassen Raum für allerlei Assoziationen. Alles
mündet in den Kaufappell: Wer dies zurückholen oder gar erstmals erleben
will, der muss das Buch erwerben und lesen.
Das Spiel mit solchen rauschhaften Zuständen in der Trias Sex, Drugs and
Rock 'nd Roll mag dabei durchaus einem Trend entsprechen, den man für
Klappentexte zu Romanen des englischen Sprachraums festgestellt hat,
nämlich eine Tendenz zu Übertreibungen und vermehrte Hinweise auf
sexuelle Freizügigkeit als wichtige Verkaufsaspekte. (vgl.Fludernik
2006, S.28f.) Sex sells, auch im Bereich der Literatur.
Stärker am Inhalt des Romans orientiert ist das
nachfolgende Beispiel des Klappentextes auf der Umschlagsinnenseite des
Romans "Lehrerzimmer" von Markus Orths (2003):
"Studienassessor Kranich, Englisch, Deutsch,
lernt bereits an seinem ersten Schultag im Zimmer des Direktors,
auf welche vier Säulen sich das gesamte Schulsystem stützt:
Angst, Jammer, Schein und Lüge. »Die Lüge, sagte er gleich zu
Beginn, das solle ich verinnerlichen, sei das Elixier der
Schule. Jeder hier an der Schule lüge. Er, der Direktor,
zuallererst.«
Leider wohne Kranich am falschen Ort, das gibt ein dickes Minus
in der Leistungsbeurteilung - die wirklich wahren Kompetenzen
eines Lehrers, erfährt er, seien die Schlüsselkompetenzen. Für
jeden gefundenen, vielmehr erbeuteten, Schlüssel, den er
Direktor Höllinger beibringt, kann er sich in der Beurteilung
nach oben schieben.
Ehe Kranich sich's versieht, ist er mittendrin zwischen
Oberschulamtspolizisten, Geheimen Sicherheitsbeamten und der KG,
der Konspirativen Gruppe, »die sich zum Ziel gesetzt hatte, das
geltende Schulsystem zu unterminieren. Jedoch nicht wirklich,
wie man sogleich einschränkte, da man den eigenen Arbeitsplatz
keinesfalls ernsthaft würde aufs Spiel setzen wollen, sondern
lediglich, wie man sagte verbal.«
Und wie Kranich das wieder rauskommt, ist im buchstäblichen
Sinne revolutionär - atemlos und furios von einem überaus
bemerkenswerten Erzähler in Szene gesetzt, seines Zeichens
Lehrer übrigens. Im ersten Beruf. Markus Orths,
1969 in Viersen geboren, studierte Philosophie, Romanistik und
Anglistik, seit 1999 ist er Mitherausgeber der
Literaturzeitschrift Konzepte, er lebt in Karlsruhe.
Auszeichnungen: Moerser Literaturpreis (2000), open
mike der literaturWERKSTATT Berlin (2000) für seine
Erzählungen, Marburger Literaturpreis (Förderpreis) für
seinen ersten Roman Corpus. Bei Schöffling
& Co. erschienen Wer geht wo hinterm Sarg? Erzählungen
(2001) und Corpus, Roman (2002)" |
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
19.02.2023
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