Die
Antwort auf diese Frage lautet ganz grundsätzlich: Nein.
Mit der ▪
strukturierten Textwiedergabe
informiert man "nur" über den Inhalt, Aufbau und Gedankengang eines
Textes. Und das sollte möglichst "objektiv" geschehen. (vgl. FAQ:
Welche
sprachlich-stilistische Form muss ich beachten?)
Und das bedeutet in diesem Zusammenhang eben
Wenn im Rahmen einer komplexen, mehrteiligen Arbeitsanweisung zur
strukturierten Textwiedergabe verlangt ist, seine Meinung zum Text oder
einem darin enthaltenen Problem abzugeben, dann ist dies ein
eigenständiger Arbeitsauftrag.
Ist dies der Fall kann man es leicht verwechseln mit einer ▪
Texterörterung, bei der die
▪ kritische
Auseinandersetzung im Rahmen der Schreibform, die sich auch auf eine
strukturierte Textwiedergabe stützen kann, abgegeben und formuliert
werden muss.
Es kann also durchaus sein, dass eine Arbeitsanweisung mit dem
Schwerpunkt "strukturierte Textwiedergabe" zweiteilig daherkommt:
-
Verfassen Sie eine
strukturierte Textwiedergabe zum Text.
-
Nehmen Sie in Form einer
kurzen Stellungnahme zum Text / zu dem Problem ... Stellung.
In einem solchen Fall hat aber die Aufgabenstellung immer noch
eindeutig den Schwerpunkt
Textwiedergabe.
Etwas ganz anderes ist es allerdings, wenn es sich bei den Kommentaren
und Wertungen um Äußerungen handelt, die in der Textvorlage
selbst vorkommen.
Sie müssen auf jeden Fall, und dies sogar mit einem
besonderen Augenmerk darauf, wiedergegeben werden. Denn diese Kommentare
usw. sind ganz wichtige Elemente, die zum Rückgrat der Argumentation in
einem Text gehören.
Das soll das nachfolgende Beispiel
verdeutlichen:
Hier muss Klartext gesprochen werden: Gewalttätige Aktionen
unter der Flagge des Klimaschutzes haben in einer demokratischen
Gesellschaft nichts zu suchen. Ich behaupte sogar, dass dies dem
Klima schadet, weil es die Bereitschaft vermindert, in einem
breiten gesellschaftlichen Konsens wirksame Maßnahmen zu
ergreifen. |
Es kann also, weil man das selbst gut findet, bei der strukturierten
Textwiedergabe nicht heißen:
-
"Hier darf man sich gar
nichts vormachen: Gewalt hat in einer Demokratie überhaupt nichts
verloren und daher behauptet der Autor auch, solche Aktionen schadeten
dem Klimaschutz."
-
"Hier man sich gar
nichts vormachen": Indikativ statt Konjunktiv oder ohne irgendwelche
Formulierungen, die Textwiedergabe signalisieren
-
"hat in einer
Demokratie überhaupt nichts verloren": Mit dem Modalpartikel
"überhaupt" wird die ursprüngliche Meinung des Autors noch
verstärkt.
-
"Gewalt ist nie eine gute
Idee. So sieht es auch der Autor / die Autorin, wenn sie will, dass
Klartext geredet wird."
Stattdessen muss es etwa heißen:
Der Autor/die Autorin verlangt zu gewalttätigen Aktionen zum
Klimaschutz eindeutig Stellung zu beziehen. Gewalt sei in einer
Demokratie fehl am Platz. Zudem, so seine/ihre These, schade sie dem
Klimaschutz, weil die Zustimmung der breiten Öffentlichkeit zu
Klimaschutzmaßnahmen damit vermindert werde.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
18.02.2023