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Die Gestaltung der
Überblickinformation - Schülerbeispiele mit Mängeln
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Die Wiedergabe des
Gedankengangs - Schülerbeispiele mit Mängeln
Frank Spehring
Gnade bringt keine Punkte
Ego-Shooter-Spiele stehen unter Verdacht. Nicht nur, aber vor allem seit dem Amoklauf des Erfurter
Schülers Robert Steinhäuser am 24.2.2002 am Gutenberg-Gymnasium in
Erfurt. Damals brachte der 19-jährige kaltblütig 16 Personen, 12 Lehrerinnen und
Lehrer, die Schulsekretärin, einen Polizisten und 2 ehemalige Mitschüler,
um, ehe er sich selbst tötete. Spätestens seitdem sind Shooter-Spiele, bei denen man
die Perspektive einer schießenden Figur im Spiel einnimmt, ins Gerede
gekommen und die
möglichen Auswirkungen dieser Spiele auf die Spieler haben solche Spiele
in ein schwieriges gesellschaftliches und politisches Fahrwasser gebracht. An ihrem Markterfolg freilich ändert dies
offenbar nichts. Robert Steinhäuser spielte eines davon, Counterstrike,
und das wahrscheinlich ziemlich oft.
Die einen geben in einer schnell überhitzten öffentlichen Diskussion
gewissermaßen Entwarnung und sagen,
dass man einen einfachen Wirkungszusammenhang zwischen dem Spiel und den
Gewaltexzessen eines einzelnen nicht herstellen könne. Andere geben sich gerne damit zufrieden, einen Sündenbock, das Ego-Shooter-Spiel
nämlich, gefunden zu haben. Das ist
vielleicht angenehmer, politisch und alltagspädagogisch auch leichter zu
handhaben, aber so einfach ist es eben nicht, das weiß die
Wirkungsforschung in der Medienpädagogik längst.
Und
doch sind die Fragen, die im Zusammenhang mit der Wirkung solcher Spiele
gestellt werden müssen, nicht vom Tisch. Und da gehören sie auch hin, vielleicht sogar mehr als vielen
- leidenschaftlichen Spielern wie erklärten Gegnern zum Trotz - lieb ist.
Nur, an diesem Tisch sollte sich die Erkenntnis verbreiten, dass, wie
Andreas Kirchhoff, Referent am Institut für Medienpädagogik in Forschung
und Praxis (JFF) in München, sagt, monokausale Vorstellungen über die
Wirkungsdimensionen medialer Gewaltszenerien nicht nur von einem zu
eindimensionalen Gewaltbegriff ausgehen. Sie folgen auch einem Menschenbild folgen,
das allzu simpel gestrickt ist.
Mit "Manhunt" ist seit einiger Zeit ein Videospiel auf den Markt gekommen,
das seinesgleichen sucht. In "Manhunt" schlüpft der Spieler in die Rolle
des verurteilten Mörders James Earl Cash. Will dieser seiner Hinrichtung
mit der Giftspritze entkommen, gibt es nur einen Weg: Er muss für den
Snuff-Film-Produzenten Starkweather Menschen umbringen. Töten oder
Getötetwerden ist für Videospiele nichts Außergewöhnliches, dass aber
zugleich vom fiktiven Auftraggeber festgelegt wird, wie dies zu geschehen
hat, ist neu. Waffen, die zum Einsatz kommen, taugen nicht für den offenen
Kampf, sie sind Werkzeuge für den feigen, hinterrücks und heimtückisch
geplanten und durchgeführten Mord: Plastiktüte, Glasscherbe und ein Stück
Draht. Und nach dem "Mord", wie der Erfolg im Spiel ganz lapidar
bezeichnet wird, darf der Täter den Kopf des Opfers wie eine Jagdtrophäe
mitnehmen.
"Manhunt", das von der Fachpresse einhellig als das brutalste
Spiel aller Zeiten angesehen wird, ist in Neuseeland schon verboten und in
Deutschland darf es nicht verkauft werden, und das ist gut so. Aber damit ist es nicht vom Markt, denn im
Internet ist schon längst eine deutsche Version zu haben.
Dan Houser, Chef der verantwortlichen Firma Rockstar, einer in
Videospielkreisen renommierten Firma, erklärte zu Vorhaltungen wegen der
Gewaltexzesse in diesem Spiel: "Unsere Spiele sind eher Kommentare zu
Filmgewalt als Gewaltspiele." Solche Ausflüchte nützen allerdings wenig,
wenn wie in "Manhunt" die Bildschirmgewalt zum spieltragenden Prinzip
wird. "Die Menschenjagd", urteilt Tobias Moorstedt in der Süddeutschen
Zeitung vom 20.04.2004, " ist ein Spiel für Gewaltvoyeure - und keine
Metaebene nirgends." Auch wenn das Spiel, um der kritischen
Öffentlichkeit den Wind aus den Segeln zu nehmen, als eine Art Mediensatire an den
Mann gebracht werden soll, kommentiert es in Wahrheit aber keineswegs Themen wie Splatter
und Porno, sondern steht mittendrin in diesem speziellen Markt von
Ego-Shooter-Spielen mit extremen Splatter-Effekten, die sich von
Spiel zu Spiel steigern. Und auf diesem Markt kann nur Profit machen, wer
das Bedürfnis nach immer stärkeren
Reizen dieser Art bedient.
"Du tötest, um zu unterhalten", sagt Starkweather, "also lass dir ein
bisschen Zeit und spiel für die Kamera." Damit macht er unmissverständlich klar, dass es nicht nur bzw. nicht hauptsächlich um das
pure Überleben geht. Da nützen auch ein paar scheinheilig verbreitete Bemerkungen und
"gut gemeinte" Warnungen für "empfindliche Gemüter" wenig, wenn man sich
hinterher kaum satt sehen kann an den explodierenden Körpern.
"Manhunt" wird aus der Ich-Perspektive gespielt - auch das ist in der
Shooter-Szene nichts Neues, ist sie doch typbildend für die so genannten
Ego-Shooter wie Counter-Strike oder Unreal Tournament. Das wirklich Neue
daran aber hat die neuseeländischen Behörden veranlasst, das Spiel zu
verbieten. Ihre Begründung zeigt, worum es geht: "Um dieses Spiel zu
gewinnen, muss man die Gewalt genießen." Und Tobias Moorstedt setzt noch
eines darauf: "Eigentlich muss man die Gewalt nicht nur genießen, sondern
kreativ und maximal grausam anwenden - das gibt mehr Punkte. " Dazu
passt denn auch, dass sich jeder, der Lust darauf hat, besonders "gute" Szenen sogar noch einmal in Zeitlupe ansehen
kann.
Aber auch die exzessive Gewaltdarstellung mit feinsten Details hebt "Manhunt"
von anderen killographischen Spielen, wie Ego-Shooter und Kampfspiele in
den USA bezeichnet werden, ab. So wie der Mund unter der Plastiktüte
gezeigt wird, während er um Luft ringt, werden die Details des Mordens
feingezeichnet. "Die Pixeltoten" (Moorstedt) lösen sich nicht wie sonst
üblich auf, sondern werden den virtuellen Aasgeiern und Ratten zum Fraß
vorgeworfen. Entscheidend freilich ist, dass sich die Gewalt nicht mehr
gegen Zombies, Aliens oder Soldaten richtet, sondern gegen Menschen, wie
Moorstedt sagt, "Menschen, komplett mit Demutsgesten und Angst vor dem
Tod." Nur: Gnade bringt eben keine Punkte.
Solche Entwicklungen auf dem Videospielmarkt lassen für die Zukunft nichts
Gutes hoffen. Und ohne entsprechende gesetzliche Vorgaben auf der einen
und gesellschaftliche Aufklärung auf der anderen Seite, wird nichts zu machen
sein. Nötig ist eine weiterhin anhaltende öffentliche
Auseinandersetzung über das Thema Gewalt und Medien. Doch muss sie vorurteilsfrei
geführt werden. So sollte immer klar sein, dass man die Medienvorlieben
junger Leute nicht zum Sündenbock für gesellschaftliche Fehlentwicklungen
machen kann. Diese zu benennen und deren Ursachen zu suchen, das könnte
lohnenswerte Aufgabe sein, wenn es darum geht, das Für und Wider von Ego-Shootern auf den Tisch zu bringen.
Und an diesem Tisch, am besten an einem "runden Tisch",
müssen alle Beteiligten, Kinder, Jugendliche, Eltern, Lehrer, Produzenten,
Institutionen des Jugendschutzes und der Jugendpflege und Politiker auf
verschiedenen Ebenen gleichberechtigt Platz nehmen können.
(Frank
Spehring, Gnade bringt keine Punkte, in:
Nordwest-Anzeiger v.
24.5.04)*)
Autorinformation:
Frank Spehring (geb.
1964) leitet die Aktion Schutz gegen Gewalt in Medien in Bayern. Davor war
er mehrere Jahre Mitarbeiter bei der Bundesprüfstelle, die Computerspiele
auf ihre jugendgefährdenden Inhalte überprüft und Altersfreigaben
festsetzt. Als freier Mitarbeiter bei Rundfunk und Fernsehen und in
zahlreichen Vorträgen hat er sich mit verschiedenen medienpädagogischen
Themen auseinandergesetzt. Insbesondere seine Verantwortung für die
ARD-Reportage "Counterstrike und das Massaker von Erfurt" im Jahr 2002
haben ihm einen Namen gemacht.
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Die Wiedergabe des
Gedankengangs - Schülerbeispiele mit Mängeln
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
18.02.2023
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