Das Gespräch zwischen
•
Egmont und
• Oranien im
2. Aufzug (2.
Zwischenakt: Egmonts Wohnung lässt sich mit
folgenden Arbeitsanregungen im Unterricht oder auch allein untersuchen und
interpretieren.
Textinterpretation
mit mehrgliedriger Arbeitsanweisung:
-
Ordnen Sie das Gespräch zwischen
Egmont und
Oranien in den
Gesamtzusammenhang des Dramas ein.
-
Untersuchen Sie unter Berücksichtigung der inhaltlichen Gliederung
den Verlauf des Gesprächs.
-
Vergleichen Sie, ausgehend von diesem Gespräch, die Charaktere von
Egmont und Oranien.
-
Welche Bedeutung besitzt die Persönlichkeit Egmonts für den Ausgang
des Dramas?
Verfassen Sie eine literarische Charakteristik von Egmont und Oranien
auf der Grundlage ihres Dialogs. Worin zeigen sich die bei Egmont
festgestellten Eigenschaften im weiteren Verlauf des Dramas?
Arbeitsanregungen zur
produktiven Textarbeit nach
dem Prinzip simulierter Dramaturgie und Inszenierung:
-
In einem kurzen
Monolog macht sich
•
Egmont vor dem Eintreffen
•
Oranien Gedanken, warum
dieser ihn wohl so bald nach dem Treffen im Rat der •
Regentin sprechen
will.
-
In einem kurzen
Monolog überlegt sich
•
Oranien vor seinem
Treffen mit
•
Egmont,
wie er diesen für seine Pläne gewinnen könnte.
-
Richard fragt seinen Herrn nach der Rückkehr vom Rat der Regentin,
was Margarete von Parma angesichts der zurückgegangenen Unruhen zu
unternehmen gedenkt. Egmont antwortet ihm, indem er vom Verlauf des
Gesprächs berichtet.
-
Egmont und
•Oranien unterhalten sich
in der im Dramentext vorgegebenen Weise. Verfassen Sie an für den
Gesprächsverlauf wichtigen und geeigneten Stellen
Untertexte, die
unausgesprochene Gedanken und Gefühle der beiden Gesprächspartner bei
ihrem Dialog sprachlich ausdrücken.
Geben Sie dazu die Seite und die Zeilennummer ihrer Textausgabe an, an
der der jeweilige Untertext eingefügt werden soll.
-
Versetzen Sie sich in die Rolle eines Regisseurs. Geben Sie beiden
Akteuren genaue Anweisungen zu ihrem mimisch-gestischen Spiel, zur
Artikulation und zu ihrem räumlichen Verhalten auf der Bühne.
Kritische Auseinandersetzung mit der modernen Aufführungspraxis
-
Stefan Benz urteilt bei
seiner Rezension der von
Sebastian Baumgarten am
Mannheimer Nationaltheater
inszenierten Egmont-Aufführung aus dem Jahre 2005 u. a. über die
Figurengestaltung im Drama:
"Auch Graf Egmont [...], der Freiheitskämpfer hat vor allem die Freiheit
des Hedonisten
im Sinn.. Der Mann feiert Partys mit Kokain und locht beim Golfen gerne
gemeinsam mit Wilhelm von
Oranien [...] ein: Abschlag
von der Rampe in der ersten Reihe. Albas Sohn
Ferdinand [...] kifft, und
Egmonts Geliebte
Klara [...] wankt wirr,
wenn ihre Mutter als spukhafte Videoprojektion erscheint. (aus: Stefan Benz, Egmont in Guantanamo., in: echo online, 23.2.2005,
Auszüge)
*Hedonismus: (von griech.
hedone, "Lust”) allgemein: philosophische Strömung, die die Lust als
höchstes Gut und Bedingung für Glück und gutes Leben ansieht; eine auf
puren Genuss ausgerichtete Lebenshaltung)
Was halten Sie von solchen Einfällen des so genannten modernen
Regietheaters? - Ziehen Sie bei ihrem Urteil auch die
Aufführungsrezensionen von
Alfred Huber,
Matthias Wendel und
Jürgen Berger heran.
-
In seiner Kritik der
Frankfurter Aufführung des Stücks
aus dem Jahre 2006 unter der Regie von Armin Petras
formuliert
Stefan Benz u. a.:
"Petras inszeniert Sozialkritik zwischen Satire und Seifenoper:
Egmont (Wolfram Koch), der
hier keinen Sekretär, sondern eine eifersüchtige Sekretärin (Georgia
Stahl) hat, wird bei seinen Staatsgeschäften gefilmt: eine Doku-Soap nach
Goethes Drehbuch.
Das Regietheater des Armin Petras ist am Fernsehen geschult. Da heißt es,
Akzente zu setzen und nicht dem Text nachzulauschen. Als Wilhelm von
Oranien den Freund Egmont
zur Flucht überreden will, schnürt er ihn in einen Koffer ein. "
Wie beurteilen Sie die Anlehnung des Regietheaters von Armin Petras an
die Sehgewohnheiten und die Dramaturgie von Fernsehsendungen?
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Joachim Lottmann
übt am
Beispiel der Frankfurter Aufführung
des Stücks im Spiegel (10/2006) deutliche Kritik am
Regietheater:
""Sie lassen stöhnen, schuften, koitieren und auf der Bühne Notdurft
verrichten. Klassiker sind allenfalls Material. Jungdeutsche Regisseure
sind dabei, die üppigste Theaterlandschaft der Welt mit ihren
abgelatschten Schocks endgültig zu ruinieren. [...]"
Gegen eine solche Kritik verwehrt sich
Wolfgang Höbel im
Spiegel eine Woche später (11/2006):
"Herbeigewünscht wird ein schmutzfreier Rückzugsort fürs Wahre und
Schöne der Kunst.
Nun ist es keineswegs neu, dass besorgte Menschen eine Rückbesinnung auf
Sitte und Anstand in öffentlich subventionierten Theaterhäusern fordern,
eine Selbstbeschränkung der Bühnenkünstler auf mehr Textfrömmigkeit und
traditionelle Mittel. Das Theater böte dann den Gegenentwurf zu einer
Welt, in der wir dank der ziemlich totalen Bilder- und
Informationsversorgung täglich mit verstümmelten Leibern und
pornografischer Nacktheit konfrontiert sind; es könnte dienen als Stätte
der Kontemplation, der zahmen Text- und Seelenbehandlung; es könnte
Trost und Erbauung spenden: Frag sich nur, was diese Idylle noch mit
lebendiger Kunst zu tun hätte, die notwendig ein Spiegelbild ihrer Zeit
ist, die von den Ängsten, Schrecken, Katastrophen der Gegenwart erzählen
sollte und nicht nur museal ausstellen, was früher einmal war.[...]"
Nehmen Sie zu den Ausführungen Stellung. Bringen Sie dabei auch Ihre
eigenen Erfahrungen bzw. Erwartungen an die Aufführung eines
Theaterstücks ein.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
29.01.2024
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