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Lyrische Texte interpretieren (Schulische Schreibform)
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Grundbegriffe zur Gedichtinterpretation
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Leitfragen und Aufgaben
Johann Wolfgang von Goethes
(1749-1832)
Gedicht • »Ganymed«"
ist eine Hymne an die Natur und die Sehnsucht nach Verschmelzung mit
dem Göttlichen. Es entstand in Goethes Jugend. In diesem Text werde
ich erklären, worum es in dem Gedicht geht.
Das Gedicht besteht
aus fünf Strophen, mit jeweils einer anderen Anzahl an Versen. Die
Länge der Verse ist unterschiedlich. Sie sind zwischen zwei und neun
Silben lang. Die Strophen zwei und vier haben zwei Verszeilen. Die
Strophen eins, drei und fünf haben acht Verse. Die letzten Strophen
haben dann zehn Verse.
Das lyrische Ich
liebt die Natur sehr. Schon am Anfang des Gedichts wird der Leser in
eine schöne Welt entführt. "Wie im Morgenglanz / glühst du,
Frühling, Geliebter!" Die Natur wird als "Geliebter" angesprochen.
Das zeigt, wie sehr das lyrische Ich die Natur liebt. Diese Liebe
wird immer stärker und führt zu einem Glücksgefühl, das nach einer
vollständigen Vereinigung verlangt. Die Sehnsucht, die das lyrische
Ich ausdrückt, richtet sich am Ende auf den "alliebenden Vater".
Unterstellt man, dass Goethe damit keine religiöse Bedeutung
verbindet, kann damit auch allgemein die Schöpferkraft gemeint sein,
die für ihn als Dichter eine besondere Bedeutung besessen hat. Zu
dieser zieht es das lyrische Ich "hinauf": "Ich komm’! Ich komme!"
Das Gedicht ist
sehr emotional und drückt viel aus. Goethe verwendet viele Ausrufe,
die zeigen, wie begeistert das lyrische Ich von der Natur ist, die
es "Mit tausendfacher Liebeswonne",
erlebt und die er als "Unendliche Schöne"
geradezu mit den Händen zu greifen sucht.
Die Übergänge
zwischen den Sätzen sind nicht klar getrennt, was das Gedicht
lebendiger macht. Durch Bilder und Vorstellungen wird die Natur
lebendig und die Verbindung zwischen dem lyrischen Ich und der Natur
wird klar.
Der Titel des
Gedichts und die Thematik der Vereinigung mit dem Göttlichen
erinnern an den antiken Mythos von Ganymed. Ganymed, ein schöner
Jüngling, wird von Zeus in den Olymp entführt. Dort wird er zum
Mundschenk der Götter. Goethe nimmt diesen Mythos, um zu zeigen, wie
sehr er sich nach einer Verbindung mit dem Göttlichen sehnt.
Man kann das
Gedicht auf verschiedene Arten verstehen. Das Gedicht kann als
Ausdruck der pantheistischen Weltanschauung verstanden werden, die
im Sturm und Drang verbreitet war. Das Göttliche ist nicht etwas,
das über der Natur steht, sondern es ist in der Natur zu finden. Die
Sehnsucht nach dem Göttlichen ist gleichzeitig eine Sehnsucht nach
Einssein mit der Natur.
Man kann das
Gedicht auch so verstehen, dass es einen Konflikt zwischen dem
Individuum und der Gesellschaft beschreibt. Das lyrische Ich will
nicht so leben, wie die Gesellschaft es will. Es will frei sein und
sucht die Freiheit in der Natur und in der Verbindung mit dem
Göttlichen. Die Stimmung ist sehr aufgewühlt und das lyrische Ich
sehnt sich nach Freiheit.
"Ganymed" ist ein
wichtiges Gedicht der Sturm-und-Drang-Zeit. Es greift die typischen
Themen und Motive dieser Zeit auf. Das Gedicht spricht uns auf einer
emotionalen Ebene an. Es zeigt, wie Menschen sich nach Liebe,
Freiheit und Vereinigung mit dem Göttlichen sehnen. Auch heute noch
fasziniert und regt es zum Nachdenken an.
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
23.11.2024