Die nachfolgenden (Interpretations-)aussagen
entstammen unterschiedlichen wissenschaftlichen Texten
zu •
Johann Wolfgang
von Goethes •
Gedicht • »Prometheus«.
1.
"Die beiden
Schlußstrophen (Str. 6 und 7) kontrastieren zwei mögliche Konsequenzen
jener ebenso schmerzhaften wie befreienden Desillusionierung, die das
Ferment der menschlichen Emanzipation darstellt: Flucht in die Krankheit
der Melancholie und schöpferische Tätigkeit. Während die erste als
Versuchung der Vergangenheit erinnert wird – »Wähntest du etwa, /
Ich sollte das Leben hassen,
/ In Wüsten fliehen, / Weil nicht alle
/ Knabenmorgen /Blütenträume
reiften?« (V 47-51) –, führt die triumphale Proklamation der zweiten in
die Gegenwart des Sprechers zurück und öffnet sie auf die Zukunft: "Hier sitz' ich, forme Menschen
/ Nach meinem Bilde, /
Ein Geschlecht, das mir gleich sei,/
Zu leiden, weinen, /
Zu genießen und zu freuen sich,
/ Und dein nicht zu achten ,/
Wie ich!« (Vers 52-58). (...)" (Mülder-Bach 2004,
S.113)
2.
"Die letzte Strophe
beginnt mit einer Inversion ('Hier sitz' ich'), die die räumliche
Distanz und die Entstehung der beiden Sphären noch einmal scharf umreißt
und damit zusammen mit der ersten Strophe einen formalen Rahen bildet.
Prometheus formt 'Menschen nach [seinem] Bilde' (V. 52), das heißt der
echte Mensch ist ebenso schöpferisch, ebenso selbständig und ebenso
kritisch all jenen gegenüber, die ihn in Abhängigkeiten halten wollen,
wie Prometheus. Ein markantes 'Wie ich' bildet die letzte Zeile des
Gedichts, das nichtg durch Zufall mit dem Personalpronomen 'ich' endet.
Diese im ganzen Gedicht postulierte Unabhängigkeit des Menschen zeigt
sich auch in der formalen und sprachlichen Gestaltung des Gedichts.
(...)" (Lindenhahn
1996, Lösungshinweise, S.2)
3.
"Prometheus wendet sich von Gott ab und inszeniert, wie die
Schlussstrophe vor Augen führt, seine eigene Vergöttlichung. Er
usurpiert die schöpferische Allmacht des biblischen Gottes und formt
Menschen nach seinem eigenen Bilde: «Hier sitz ich, forme Menschen |
Nach meinem Bilde | Ein Geschlecht das mir gleich sei» (Vs. 52–54).
Prometheus attackiert die christliche Vorstellung von der
Gottebenbildlichkeit des Menschen und transferiert die
schöpfungstheologische Lehre vom ‹homo imago dei› in ein säkulares
Schaffensprinzip: ‹homo imago hominis›. Die prometheische
Selbstermächtigung zum gottgleichen Schöpfer in der Schlusspartie des
Gedichts ist nicht nur als Ausdruck des religiösen Protests, sondern
auch als Manifestation der im späten 18. Jahrhundert aufkommenden
Genieästhetik zu interpretieren. (...) (Valk
2012, S. 165)
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Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
08.12.2024