|
Franz Kafkas Parabel »Heimkehr«
lässt sich auf vielfältige Art und Weise zum Lern- und
Unterrichtsgegenstand machen.
Weitere
Möglichkeiten zum Textvergleich:
Neben dem Vergleich mit dem "Das Gleichnis vom verlorenen Sohn",
das wohl am häufigsten herangezogen wird, kommen aber auch andere
literarische Texte unterschiedlicher Gattungen in Frage, die sich zu
einem Textvergleich eignen. Sie stellen dabei unterschiedliche Ansprüche
an das Vorwissen der Schüler.
-
Das Gedicht "Rückkehr" von »Paul
Reding (geb. 1939) (in: ders., nebenan ist jericho, Butzon&Bercker,
Kevelaer 1976, S.47), der das Thema auf die moderne Zeit überträgt und
dabei den Einstellungswandel des Vaters gegenüber seinem Sohn aufzeigt.
Dieser hat bei seinem Fortgehen "aus dem Schoß der Familie" auf alles
"gepfiffen", was dieser und mithin dem Vater wichtig gewesen ist. Er hat
sein Erbe "verzockt" und ist am Ende in den Slums an den "Abfalleimer(n)
der Reichen" gestrandet. Doch ehe der Sohn gänzlich zugrunde geht,
erinnert er sich an die Worte seine Vaters, der ihm beim Abschied als
Ausdruck seiner väterlichen Liebe wohl zu verstehen gegeben hat, dass
dem Sohn, ganz gleich, was auch passiere, immer eine Tür offen stehe. So
steht der Rückkehr des Sohnes nichts im Wege. Und, vor allem der Vater,
beginnt, sobald er seinen Sohn wieder in die Arme schließen kann, wieder
"aufzuleben". Ein Gedicht, das Zeugnis ablegt, von einer bedingungslosen
väterlichen Liebe, die auch Krisenphasen, bei der sie selbst in ihren
Grundfesten angegriffen und in Frage gestellt wird, überwindet.
Rückkehr
Paul Reding
Fortgehen aus dem Schoß der Familie,
pfeifen auf Geborgenheit und Sicherheit,
das Glück draußen zu fassen kriegen,
mit dem Ererbten großspurig umgehen,
den Gesellschafter markieren,
sich Freude erkaufen, draufzahlen,
bis einem der letzte Pfennig aus der Tasche gezogen.
Und dann ist kein Honigschlecken
mehr in den Slums der Großstädte.
Die sich Freunde nennen, sind lichtscheu,
kennen keine Gesetze.
Die Abfalleimer der Reichen
stillen den Hungernden nicht,
der Dreckfetzen Stoff hält
Kälte nicht ab.
Abgewrackt in der Gosse kriechen,
zugrunde gehen, krepieren,
wenn nicht die Worte eines alternden
Mannes nachklängen, an eine offene Tür
erinnerten, eine Umkehr möglich machten.
Und Arme strecken sich entgegen,
Hände halten fest,
was verlorengeglaubt.
Ein alter Mann beginnt wieder aufzuleben,
mit seinem Sohn, mit seinen Söhnen.
So erscheint das Verhalten des einen Sohnes wieder
in einem neuen Licht. Denn schließlich wirft es, auch angesichts der
glücklichen Wendung die Frage auf, ob das, was der Sohn getan hat,
wirklich ein Irrweg war, der ihn zur Einsicht führt, dass die
väterliche Welt mit ihren Regeln die grundsätzlich richtige ist. Das
Gedicht lässt diese Frage ein Stück weit offen, auch wenn es, aus
den Augen des Vaters betrachtet, die Rückkehr als "Umkehr"
verstanden haben will. Vielleicht aber gehören gerade die
Erfahrungen, die der Sohn gemacht hat und nun in die väterliche Welt
einbringen kann, zu dem Gewinn, den alle Beteiligten daraus ziehen
können.
Konstrastive und weiterführende Texte
Texte, die Probleme beim Ablöseprozess thematisieren,
können vergleichsweise leicht recherchiert werden. Besonders lohnenswert
ist natürlich dabei auch der Gender-Aspekt, der in der
Vater-Sohn-Beziehung zum Tragen kommt. Im teachSam-Projektbereich →Männer
finden Sie dazu weitere Anregungen, unter anderem auch zum Thema →Väter.
Haben Sie weitere Ideen? Lassen Sie es uns wissen.
Gert Egle, zuletzt
bearbeitet am:
03.09.2023 |
|