docx-Download -
pdf-Download
•
Gesamttext (Kapiteleinteilung nach Malcom Pasley 1990)
•
Text des Kapitels
"Der Onkel / Leni"
Das
Kapitel • "Der
Onkel/Leni"
in
•
Franz Kafkas Roman • "Der
Prozess" wird in der literaturwissenschaftlichen Analyse vor allem
in Bezug auf die
•
Darstellung von Frauen und von Sexualität und deren
Funktion betrachtet.
In Bezug auf die Figur Lenis wird in der
wissenschaftlichen Sekundärliteratur unter anderem betont:
-
Sexualität sei mit K.s
Prozess stets in bemerkenswerter Weise verbunden. Sie gehöre
"zum Komplex des Unbewussten", "dessen Landschaft der Roman"
ausbreite. (Alt
22008, S.401) Und im "Medium des Gerichts" stoße K. auch
auf "Manifestationen seines Unbewussten", nämlich "auch die dunklen
Mächte des eigenen Triebs, die Leni als Agentin des Eros hervorzulocken
sucht." (Alt
22008, S.401)
-
Heinz Politzer (1978, S.304f.)
urteilt über Leni: "Sie ist eine Zwangsschwätzerin, die ihre Gedanken sozusagen im
Naturzustand, das heißt in voller grausamer Nacktheit wiedergibt, wobei
der Wirklichkeitsgehalt dieser Gedanken für sie keine Rolle spielt." In
dem vom Advokaten Huld als "Zudringlichkeit" bezeichneten Verhalten
Lenis sieht Politzer den "insektenhafte(n) Wunsch, sich
festzusetzen und einzusaugen, dem eine unstillbare Aggressivität
zugrunde liegt." Aber indem sie diese Affären berichtete, verrate sie das
einzige Gefühl, dessen sie fähig zu sein scheint, ihren Männerhunger."
-
Leni bündele die von
Männerphantasie geprägten Rollenmuster dadurch auf besondere Weise, dass
sie, z.B. von K.s Onkel als «Hexe» und «kleines schmutziges Ding»
bezeichnet werde und puppenartig auf K. selbst wirke. (vgl.
Alt
22008, S.399)
-
Leni, so
Leich
(2003, S.54), passe weder zu monogamen Moralvorstellungen, noch verhalte
sie sich "nach dem bürgerlichen Tauschprinzip". Vielmehr unterlaufe "ihre
sexuelle Wahllosigkeit [...] die Beschneidung der Sexualität als
einerseits zwar gefühlsbetonte, aber entsexualisierte Romantik und
andererseits als deren Herabsetzung zu einer Fortpflanzungsfunktion in
der bürgerlichen Ehe."
-
Leni verkörpere, in ihrer
unterschiedlichen Wahrnehmung durch die Figuren des Romans deutlich,
"den Doppelaspekt der Frau als Dienerin und Beherrscherin, Sklavin und
Dominatrix." Sie dominiere gegenüber K., handle ihm ein Tauschgeschäft
gegen Elsa ab und erinnere an die mythischen Sirenen, "deren
Verlockungen todbringend" gewesen sein. Sie mache sich K. "ohne
Hemmungen untertan" und verkünde mit dem Ausruf: 'Jetzt gehörst du mir.'
ihren Besitzanspruch auf ihn. (Beicken
1995/21999, S,149)
-
"Aus K.s Perspektive", so
betont
Beicken
(1995/21999, S,151), "ist Eros im Process etwas
Verführerisches und Verwerfliches."
-
Die weibliche Körperlichkeit,
die Kafka in seinem Roman "Der Prozess" vorführe, verbleibt - auch im
Falle Lenis - bei der Darstellung eines weiblichen Körpers ohne eigene
psychologische Dimension. Er weise keine Zeichen auf, die "jenseits
seines erotischen Codes" lägen. Damit sei er auch rein funktional
gesehen, "auf den reinen Sexus" beschränkt, ohne jede weitere
tiefenpsychologische Motivierung. (Alt
22008, S.398) "Was in den Frauenfiguren des Romans zur
Präsenz kommt," so
Alt (22008, S.398f.), ist ein archaischer Triebgrund, der
sinnlich anschaubare Oberfläche geworden ist.
-
Für
Leich
(2003, S.54) zeigt Leni "jene Aspekte der Sexualität, die mit dem
kulturell Verdrängten und den unbewussten Wünschen in Verbindung
stehen."
-
Leni erfüllt, so
Leich
(2003, S.54) weiter, mit ihrer "Aufdeckung" und "Offenlegung"
gesellschaftlich verbotener und verpönter Wünsche eine aufklärerische
Funktion, was ihr als Figur einen "humanen und befreienden Charakter" gebe.
Dabei stünden allerdings diesen Anteilen Lenis "ihre sirenenhaften
und besitzergreifenden Züge" gegenüber, die mit ihren Besitzansprüchen und
ihrer Promiskuität männliche Ängste widerspiegele.
•
Gesamttext (Kapiteleinteilung nach Malcom Pasley 1990)
•
Text des Kapitels
"Der Onkel / Leni"
docx-Download -
pdf-Download
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
27.11.2023
|