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Bausteine zur Figur des Patriarchen in Lessings Nathan der Weise

Der Patriarch - Urbild eines Pfaffen, wie er nicht sein soll

David Friedrich Strauß (1863)


FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur Literarische Gattungen Dramatische Texte Autorinnen und Autoren Gotthold Ephraim Lessing   Nathan der Weise
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Figurengestaltung in dramatischen Texten
Kontrast- und Korrespondenzbeziehungen der Figuren
Figurenkonstellation
Konfiguration
Figurenkonzeption
Figurencharakterisierung
Literarische Charakteristik

Patriarch-Szene im Dramentext von Lessing
Der Patriarch im Rahmen der Szenenanalysen

Der christlich-dogmatische Liebesbegriff von Daja und dem Patriarchen

Der Philosoph und Theologe »David Friedrich Strauß (1808-1874)  wurde in seinen religionsphilosophischen Auffassungen von »Georg Friedrich Wilhelm Hegel (1170-1831) und  »Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768-1834 ) geprägt.  Seine Vorstellungen ähnelten dabei denen von »Hermann Samuel Reimarus (1694-1768), dessen religionskritischen Einlassungen Lessing als "Fragmente eines Ungenannten" veröffentlicht hatte. In einem Vortrag im Jahre 1863  setzt sich Strauß mit Lessings Drama »Nathan der Weise« und der Figur des Patriarchen auseinander. (→Gert Egle (2014): Der Fragmentenstreit - Die Kontroverse Lessings mit Goeze)

"Von dem Patriarchen, so dick und rot und freundlich der Prälat auch ist, findet sich der Tempelherr gleich beim ersten Anblick abgestoßen. »Wär' nicht mein Mann!« sagt er vor sich hin. Dieser Patriarch von Jerusalem ist eine geschichtliche Person; er hieß Heraklius, und in einer der schon erwähnten handschriftlichen Noten bedauert Lessing, dass derselbe in seinem Stücke noch bei Weitem so schlecht nicht erscheine, wie in der Geschichte. Dass nämlich dieser Kirchenfürst zugleich ein höchst unsittlicher Mensch war, der mit der Königin Sibylle von Jerusalem im anstößigsten Verhältnis lebte, und ein feiger Mensch, der in der Stunde der Gefahr das heilige Kreuz, das er im Heere zu führen hatte, einem Andern überließ, hat der Dichter als nicht zu seinem Zwecke gehörig beiseite gelassen, um den Mann mit einfachen, aber um so stärkeren Zügen nur als Hierarchen, als das Urbild eines Pfaffen, wie er nicht sein soll, zu zeichnen. Wie er sich in seinem Prunk gefällt, der einem christlichen Seelenhirten übel ansteht, so liegt ihm auch alles andere eher als das Heil der ihm anvertrauten Seelen am Herzen; er hat seine Hände in allen politischen Händeln, er weiß alles auszukundschaften und sucht alles an verborgenen Fäden zu seinen Zwecken zu lenken. Diese Zwecke laufen, wenn man ihn hört, alle in dem Wohl der Christenheit, in der größeren Ehre Gottes, zusammen; was zu diesem Zwecke zu tun sei, das hat der Laie vom Priester, vom Bischof, zu vernehmen, und seiner Anweisung wie der Stimme eines Engels ohne viel Grübeln zu gehorchen; vor diesem höchsten Gebot hat jede scheinbar entgegenstehende Pflicht als eitle Vorspiegelung der sich überhebenden Vernunft zurückzutreten; selbst Verrat und Mord sind nicht nur erlaubt, sondern Pflicht, wenn zu größeren Ehre Gottes der Priester sie vorschreibt. Dass hinter der größeren Ehre Gottes nur die größere Ehre der Hierarchie, hinter dem Wohl der Christenheit nur das Wohlsein der Pfaffheit steckt, versteht sich bei dergleichen Mitteln von selbst. Einem solchen Hierarchen ist dann natürlich am Christentum das äußere Bekenntnis die Hauptsache; mag der Jude das Christenkind, menschlich genommen, noch so gut erzogen haben, da er es nicht nach dem christlichen Katechismus erzogen hat, so kann ihm jenes nichts helfen, er wird verbrannt; und hat er vollends in gar keiner positiven Religion, nur rein vernünftig erzogen, so ist das noch schlimmer; lieber ein falscher Glaube, als gar kein Glaube; dabei hofft der Priester auch den weltlichen Machthaber zu fassen; er will ihm begreiflich machen, wie gefährlich selbst für den Staat es ist, wenn der Mensch nicht glauben darf. Mit ähnlichen Gründen hatte Melchior Göze gegen Lessing als den Herausgeber der Fragmente die weltliche Obrigkeit aufgerufen; auch die fast komisch aus dem Zeitkostüm fallende Äußerung des Patriarchen über das Theater (IV,2) erinnert an Gözes Eifern gegen diese Anstalt; kein Wunder, dass damals alle Welt mit Fingern auf den Hauptpastor von Hamburg als das Urbild des Patriarchen im »Nathan« deutete. Und da, solange es Kirchen gibt, gewiss jedem Zuschauer oder Leser ein geistlicher Würdenträger aus seiner Nähe einfallen wird, der demselben zum Verwechseln ähnlich sieht, so wird der Patriarch immer eine populäre, auch für den Schauspieler dankbare Figur bleiben.
Wie dem Pharisäer in Christi Gleichnisreden der Zöllner, dem Priester und Leviten der Samariter, so steht in Lessings Drama dem Patriarchen der Klosterbruder gegenüber."

(aus: David Friedrich Strauß, Über Lessings Nathan. Ein Vortrag (1863), in: Bohnen (Hg.) (1984), Lessings »Nathan der Weise«, S.11-45, h: S.33f.; an die moderne Rechtschreibung angepasst, G. E.)
 

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Dieses Werk (Ueber Lesing's "Nathan" (1863), von David Friedrich Strauß), das durch Gert Egle gekennzeichnet wurde, unterliegt keinen bekannten urheberrechtlichen Beschränkungen.

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Patriarch-Szene im Dramentext von Lessing
Der Patriarch im Rahmen der Szenenanalysen

Der christlich-dogmatische Liebesbegriff von Daja und dem Patriarchen

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 16.12.2023

     
     
   Arbeitsanregungen:
  1. Setzen Sie sich mit den Thesen von David Friedrich Strauß zur Interpretation der Figur des Patriarchen auseinander.

  2. Ziehen Sie dazu die entsprechenden Textbelege heran.

 
 
 

 
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