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Erzählperspektive in Thomas Mann: Buddenbrooks

Erzählperspektive


In Thomas Manns Roman »Buddenbrooks« lässt sich nach Auffassung von Jochen Vogt 1990 beispielhaft zeigen, dass "die Kategorie der Erzählsituation ... vermutlich... nicht zur Charakterisierung des gesamten Werks oder auch nur eines größeren Abschnitts, sondern lediglich zur Klassifizierung kleinerer Erzähleinheiten dienen kann." (S.52f.)" (Jochen Vogt 1990, S.52f.)

» "Was ist das. - Was - ist das.."
"Je, den Düwel ook, c'est la question, ma tres chère demoiselle!" Die Konsulin Buddenbrook, neben ihrer Schwiegermutter auf dem geradlinigen, weißlackierten und mit einem goldenen Löwenkopf verzierten Sofa, dessen Polster hellgelb überzogen waren, warf einen Blick auf ihren Gatten, der in einem Armsessel bei ihr saß, und kam ihrer kleinen Tochter zu Hilfe, die der Großvater am Fenster auf den Knien hielt.
"Tony!" sagte sie, "ich glaube, dass mich Gott - "
Und die kleine Antonie, achtjährig und zartgebaut, in einem Kleidchen aus ganz leichter changierender Seide, den hübschen Blondkopf ein wenig vom Gesichte des Großvaters abgewandt, blickte aus ihren graublauen Augen angestrengt nachdenkend und ohne etwas zu sehen ins Zimmer hinein, wiederholte noch einmal: "Was ist das", sprach darauf langsam: "Ich glaube, dass mich Gott", fügte, während ihr Gesicht sich aufklärte, rasch hinzu: "- geschaffen hat samt allen Kreaturen", war plötzlich auf glatte Bahn geraten und schnurrte nun, glückstrahlend und unaufhaltsam, den ganzen Artikel daher, getreu nach dem Katechismus, wie er soeben, Anno 1835, unter Genehmigung eines hohen und wohlweisen Senates, neu revidiert herausgegeben war. «
(aus: Thomas Mann, Buddenbrooks  

Und in Bezug auf die Textstelle hält Vogt fest: 

"So ergibt sich in unserem Text die Verwendung der neutralen Szene zunächst aus der Autorintention, durch einen möglichst unmittelbaren und anschaulichen Erzählbeginn die Aufmerksamkeit der Leser zu fesseln; die Einmischung des auktorialen Erzählers sodann aus der Notwendigkeit, dem gleichen Publikum Vorinformationen (Zeit, Ort, Personen des Geschehens) nachzuliefern, die für das Verständnis nötig sind. Die personale Sicht schließlich, die in der gedanklichen Schlittenfahrt zum ersten Mal deutlich wird, zeigt an, dass Antonie im Auf und Ab ihres Schicksals und unter wechselnden Nachnamen immer wieder einmal als Perspektivfigur bzw. als 'personales Medium' verwendet wird (woraus der Autor überwiegend humoristische Effekte gewinnt)." (Jochen Vogt 1990, S.53).

     
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