Karoline von Wolzogen beschreibt in ihrer Biographie aus dem
Jahre 1830 im ersten Abschnitt "Eltern, Kindheit, Studien, Jugend"
verschiedene Erfahrungen Schillers wie folgt:
»Die Sitte und Denkart des
väterlichen Hauses, in welchem Schiller die Jahre seiner Kindheit verlebte,
war nicht begünstigend für die frühzeitige Entwicklung vorhandener
Fähigkeiten, aber für die Gesundheit der Seele von wohltätigem Einfluss.
Einfach und ohne vielseitige Ausbildung, aber kraftvoll, gewandt und tätig
für das praktische Leben, bieder und fromm war der Vater. Als Wundarzt ging
er im Jahr 1745 mit einem bayrischen Husarenregiment nach den Niederlanden,
und der Mangel an hinlänglicher Beschäftigung veranlasste ihn, bei dem
damaligen Krieg sich als Unteroffizier gebrauchen zu lassen [...] In Böhmen
erlitt dieses Korps einen bedeutenden Verlust durch eine heftig ansteckende
Krankheit; aber Schillers Vater erhielt sich durch Mäßigkeit und viel
Bewegung gesund und übernahm in diesem Fall der Not jedes erforderliche
Geschäft, wozu er gebraucht werden konnte. Er besorgte die Kranken, als es
an Wundärzten fehlte, und vertrat die Stelle des Geistlichen bei dem
Gottesdienst des Regiments durch Vorlesung einiger Gebete und Leitung des
Gesangs.
Seit dem Jahr 1757 stand er bei einem andern
württembergischen Korps in Hessen und Thüringen und benutzte jede Stunde der
Muße, um durch eignes Studium, ohne fremde Beihilfe, nachzuholen, was ihm in
früheren Jahren, wegen ungünstiger Umstände, nicht gelehrt worden war.
Mathematik und Philosophie betrieb er mit Eifer, und landwirtschaftliche
Beschäftigungen hatten dabei für ihn eine vorzüglichen Reiz. Eine
Baumschule, die er in Ludwigsburg anlegte, wo er nach beendigtem Krieg als
Hauptmann im Quartier war, hatte den glücklichsten Erfolg. Dies veranlasste
den damaligen Herzog von Württemberg, ihm die Aufsicht über eine größere
Anstalt dieser Art zu übertragen, die auf der Solitude, einem herzoglichen
Lustschloss, war errichtet worden. In dieser Stelle befriedigte er
vollkommen die von ihm gehegten Erwartungen, war geschätzt von seinem
Fürsten und geachtet von allen, die ihn kannten, erreichte ein hohes Alter
und hatte noch die Freude, den Ruhm seines Sohnes zu erleben. Über diesen
Sohn findet sich folgende Stelle in einem noch vorhandenen eigenhändigen
Aufsatz des Vaters: "Und du, Wesen aller Wesen, dich hab’ ich nach der
Geburt meines einzigen Sohnes gebeten, dass du demselben an Geistesstärke
zulegen möchtest, was ich aus Mangel an Unterricht nicht erreichen konnte,
und du hast mich erhört. Dank dir, gütigstes Wesen, dass du auf die Bitten
der Sterblichen achtest!“ "
Schillers Mutter wird von zuverlässigen Personen als eine anspruchslose,
aber verständige und gutmütige Hausfrau beschrieben. Gatten und Kinder
liebte sie zärtlich, und die Innigkeit ihres Gefühls machte sie ihrem Sohne
sehr wert. Zum Lesen hatte sie wenig Zeit, aber Uz und Gellert waren ihr
lieb, besonders als geistliche Dichter. – Von solchen Eltern wurde
Johann Christoph Friedrich Schiller am 10. November 1759 zu Marbach,
einem württembergischen Städtchen am Neckar, geboren. [...]
Schon im vierten und fünften Jahr war er auf alles aufmerksam, was der Vater
im Familienkreis vorlas, und unerschöpflich in Fragen, bis er den Inhalt
recht gefasst. Am liebsten hörte er zu, wenn der Vater Stellen aus der
Bibel vorlas; zum
Morgen- und Abendgebet, was der Vater im Kreis der Seinen laut sprach,
eilte er von seinen liebsten Spielen herbei. Seine ältere Schwester, die er
immer besonders wert hielt und in der ein schönes Talent zur bildenden Kunst
lag, gedenkt: "Es war ein rührender Anblick, den Ausdruck der Andacht auf
dem lieblichen Kindergesichte zu sehen. Die frommen blauen Augen gen Himmel
gerichtet, das lichtgelbe Haar, das die helle Stirn umwallte, und die
kleinen mit Inbrunst gefalteten Hände gaben das Ansehen eines
Engelsköpfchens. Seine Folgsamkeit und sein natürlich zarter Sinn für alles
Gute und Schöne zogen unwiderstehlich an. Immer leibreich gegen seine
Geschwister und Gespielen, immer bereit, ihre Fehler zu entschuldigen, ward
er aller Liebling.“ Ebenfalls erinnert sich die Schwester manches
Spaziergangs, den die fromme Mutter mit ihr und dem Sohn, da dieser noch
Kind war, zu den nicht fern wohnenden Eltern an Sonntags-Nachmittagen zu
machen pflegte. Da war sie gewohnt, ihnen das Evangelium, über das an dem
Tage gepredigt wurde, auszulegen. Einst, an einem Ostermontag, sprach sie
über Christus, wie er in Begleitung zweier Jünger nach Emmaus wanderte, so
erbaulich, dass in beiden Geschwistern die Rührung sich in heißen Tränen
Luft machte.
Im Jahr 1765 schickte der Herzog von Württemberg den Vater als
Werboffizier nach Schwäbisch Gmünd und erlaubte
ihm, in dem nächsten württembergischen Grenzort, dem Dorf und Kloster Lorch,
zu leben. Bei den biedern und gutmütigen Bewohnern dieses Orts fand die
Schiller’sche Familie die liebevollste Aufnahme. Hier fand auch Schiller an
dem Sohn des Pfarrers Moser seinen ersten
Jugendfreund, dessen sanfter Charakter sehr bildend auf ihn wirkte. Der
Pfarrer, ein Freund des Hauses, ließ ihn teil an dem Unterricht seiner
eigenen Söhne nehmen und machte schon im sechsten Jahr mit ihm einen Anfang
in der lateinischen Sprache, im siebenten auch mit der griechischen. Seine
Schwester erinnert sich, dass hier seine
Neigung zum geistlichen Stand
erwachte. "Oft,“ so erzählt sie, "stieg er
auf einen Stuhl und fing
an zu predigen. Mutter oder Schwester mussten ihm eine schwarze Schürze
umbinden und ein Käppchen aufsetzen. Dabei sah er sehr ernsthaft aus. Was
zugegen war, musste ihm zuhören, und wenn jemand lachte, wurde er unwillig,
lief fort und ließ sich sobald nicht wieder sehen. Diese kindischen Vorträge
hatten immer einen richtigen Sinn. Er reihte einige Sprüche, die er in der
Schule gelernt, passend zusammen und trug sie mit Nachdruck vor; auch hatte
er sich aus den Predigten des Pfarrers gemerkt, dass diese eine Einteilung
haben müssen und er gab seinen kindischen Vorträgen immer diese gehörige
Form.“
Er ging gerne in Kirche und Schule, und nur selten wurden diese versäumt,
wenn etwa ein heiterer Tag ihn und die Schwester zu einem Ausflug in die
nahen Berge verlockte. Solche Abweichungen von der herkömmlichen Ordnung
mussten dem strengen Vater verborgen bleiben, und die List, die hierbei
aufgeboten wurde, machte sie den Kindern doppelt reizend. Eine Kapelle auf
einem nahen Berge, zu der der Weg durch die Leidensstationen führte, war
einer der Lieblingsspaziergänge. Ein Kloster auf einer andern Anhöhe, das
die Gräber der Hohenstaufen verwahrt, besuchten sie auch oft; und diese
religiösen und geschichtlichen Eindrücke, in des Kindes Gemüt aufgenommen,
waren vielleicht
die ersten Fäden des magischen Gewebes der tragischen Darstellung, die
der Genius in seiner Seele anlegte. Der Vater erklärte die
Geschichtsmonumente der Gegend, auch erzählte er gern von seiner eigenen
kriegerischen Laufbahn; und oft begleitete ihn der Knabe zu den
militärischen Übungen. Mannigfache Lebensbilder drängten sich so der
jugendlichen Einbildungskraft auf, die im einfachen Hausleben an
Innerlichkeit gewannen.
Schiller behielt immer große Anhänglichkeit an die Gegend von Lorch, und als
er die Akademie verlassen hatte, war sie das Ziel des ersten Ausfluges, den
er mit seiner Schwester machte. Jedem fühlenden Menschen ist das Paradies
seiner Kindheitsträume wert. Doppelt wert ist es einer genialen Natur, da
ihre Träume reiner und klarer sind und das Geheimnis ihrer inneren
Gestaltung sie durchweht.
Einfache, schlichte Sitte, Ehrgefühl und zarte Schonung der Frauen im
Familienkreise waren die Lebenselemente, in denen der Knabe aufwuchs.
Der Vater hatte den guten Ton, den das Herz lehrt. Nach einem Wort der
Mutter, vermochte er nie von einem ihm allein bestimmten Gericht zu essen,
ohne es den Töchtern anzubieten. Zartgefühl, dieser Balsam für so viele
Wunden des Lebens, ist vielleicht als eine ursprüngliche Stimmung der
Organisation zu betrachten, als eine der Eigenschaften, der man am ersten
Erblichkeit zuschreiben kann; Manier erlernt sich, jenes geht über. Schiller
war von Kindheit an wahr und gewissenhaft und gestand gewöhnlich einen
begangenen Fehler selbst ein. Er hatte
kaum einen Begriff von Eigentum,
und eine seiner Hauptneigungen war, von allem, was er besaß, andern
mitzuteilen. So verschenkte er oft die ihm selbst nötigen Sachen. Einst
bemerkte der Vater, dass er seine Schuhe bloß mit Bändern zugebunden hatte,
und als er ihn darüber zur Rede stellte, sagte er: Ich habe die Schnallen
einem armen Jungen gegeben, der sie nur Sonntags anlegt; ich habe ja doch
noch ein paar für die Sonntage. Der gerührte Vater konnte ihm keinen Verweis
geben; doch musste er das Verschenken der dem Sohne nötigen Schulbücher
untersagen.
Im Jahr 1768 zog die Schiller’sche Familie nach
Ludwigsburg. Ein Freund Schillers, der Medizinalrat von Hoven in Nürnberg,
mit ihm in einem Jahr geboren und durch die Verbindung der Eltern, da die
Väter beide Offiziere waren und dasselbe Haus bewohnten, sein täglicher
Spiel- und Schulgeselle, teilt folgende Erinnerungen aus seinem Knabenalter
mit. Beide waren in neunten Jahre und widmeten sich dem Studium der
Theologie. "Als Knabe war Schiller, ungeachtet der Einschränkung, in welcher
er von seinem Vater gehalten wurde, sehr lebhaft, ja beinah mutwillig. In
den Spielen mit seinen Kameraden, wo es oft ziemlich wild herging, gab er
meistens den Ton an. Die jüngeren fürchteten ihn, und auch den älteren und
stärkeren imponierte er, weil er nie Furcht zeigte. Selbst an Erwachsene,
von denen er sich beleidigt glaubte, wagte er sich furchtlos, und wenn ihm,
aus welcher Ursache es sein mochte, jemand zuwider war, so suchte er ihn bei
Gelegenheit zu necken. Indessen zeigte er bei dessen Neckereien nie
bösartige Gesinnung, nur mutwillige Laune, die ihm daher auch gern verziehen
wurde. Unter den Spielgesellen waren nur wenige seine vertrauten Freunde;
aber an diesen hing er fest und innig, und kein Opfer war ihm zu groß, das
er nicht seiner Anhänglichkeit an sie zu bringen vermocht hätte. In der
Schule galt er immer für einen der besten Schüler seiner Klasse. Er fasste
leicht und war fleißig. Große Ehrfurcht vor seinem Vater bewog ihn
vorzüglich zum Fleiß; dieser, bei ausgezeichneten Talenten in seiner Jugend
versäumt, setzte alles daran, dass sein Sohn etwas Tüchtiges lernen sollte.
Deshalb tat dieser ihm nie genug, wenn auch die Lehrer zufrieden waren; er
applizierte sich ihm außer der Schulzeit nicht, wie er es wünschte, sondern
sprang und spielte viel im Garten; so erfuhr er oft eine strenge Behandlung.
Der Unterricht, der in dieser Schule gegeben wurde, beschränkte sich auf die
gelehrten Sprachen, die lateinische und die griechische; diejenigen, die
sich dem Studium der Theologie bestimmten, wurden auch in der hebräischen
unterwiesen. [...]
In Ludwigsburg sah der neunjährige Knabe
zum ersten Mal ein Theater, und
zwar ein so glänzendes, wie es die Pracht des Hofes unter des Herzogs Karl
Regierung erforderte. Die Wirkung war mächtig;
es eröffnete sich ihm eine
neue Welt, auf die sich nun alle seien jugendlichen Spiele bezogen,
Pläne zu Trauerspielen beschäftigten
ihn schon damals. Er erzählte uns, dass er bis in sein vierzehntes Jahr mit
ausgeschnittenen Papierdocken gespielt und dramatische Szenen mit ihnen
aufgeführt habe. Die Neigung zum geistlichen Stand verminderte sich jedoch
nicht.
Die guten Zeugnisse seiner Lehrer
machten den regierenden
Herzog auf ihn aufmerksam, der damals eine neue Erziehungsanstalt mit
großem Eifer errichtete und unter den Söhnen seiner Offiziere Zöglinge dafür
aufsuchte. Die Aufnahme in dieses Institut, die
militärische Pflanzschule auf dem
Lustschloss Solitude und nachherige Karlsschule in Stuttgart, war eine Gnade
des Fürsten, deren Ablehnung für Schillers Vater allerdings bedenklich sein
musste. Gleichwohl eröffnete dieser dem Herzog freimütig die Absicht, seinen
Sohn einem Stande zu widmen, zu welchem er in der neuen Bildungsanstalt
nicht vorbereitet werden könnte. Der Herzog war nicht beleidigt, aber
verlangte doch die Wahl eines andern Studiums. Die Verlegenheit war groß in
Schillers Familie; ihm selbst kostete es viel Überwindung, seine Neigung den
Verhältnissen seines Vaters aufzuopfern; aber endlich entschied er sich für
das juristische Fach und wurde
im Jahr 1772 in das
neue Institut aufgenommen. Indes noch im folgenden Jahre, als jeder
Zögling seine eigene Charakterschilderung aufsetzen musste, wagte Schiller
das
Geständnis: "Dass er sich weit glücklicher schätzen würde, wenn er dem
Vaterlande als Gottesgelehrter dienen könnte.“
Es war ein schöner Gedanke des
Herzogs Karl, dem Streben seines rastlosen Geistes in der Ausbildung der
geistigen Kräfte seines Volkes ein befriedigendes Ziel aufzustecken. Ermüdet
von Sinneslust, Kunstgenüssen des Auslandes und den phantastischen
Einfällen, die eine übertriebene Liebe zum Luxus eingab, suchte er, an der
Seite einer guten deutschen Frau, in der Gründung einer idealischen
Landwirtschaft und durch Errichtung eines Erziehungs-Instituts eine
Beschäftigung, die der Innerlichkeit des Lebens, zu der das herannahende
Alter drängt, zusagte. Welche Mängel auch bei der Persönlichkeit des
Herrschers, und vorzüglich bei dessen Sucht nach Schein, an dieser Anstalt
sich zeigen mochten, immer haben die Völker ihren guten Genius zu preisen,
wenn die Neigung des Machthabers einen edlen und Nutzen bringenden
Gegenstand ergreift. Auf heimatlichen Boden die Kunstblüten des Auslandes
verpflanzen zu wollen, das Talent mit allen Elementen seiner Ausbildung zu
umgeben, die Wissenschaft in das vielseitige Staatsleben lebendiger zu
verflechten, bleibt immer eine höhere Ansicht des Herzogs Karl, die die
Nachwelt dankbar anzuerkennen hat. Große Künstler und Gelehrte, bedeutende
Staatsmänner gingen aus dieser Anstalt hervor.
Schillers Jugendfreund, von Hoven, der schon ein
Jahr früher in die Pflanzschule der Solitude aufgenommen wurde, gibt
folgende Nachrichten von Schillers fernerer Ausbildung in derselben.
In den ersten paar Jahren nach seiner Aufnahme in dieses Institut, in
welchen damals schon alles Wissenschaftliche, außer der Theologie und der
Medizin, gelehrt wurde, erhielt er neben dem fortgesetzten Unterricht im
Lateinischen und Griechischen, auch Unterweisung in der französischen
Sprache, und der Geographie, Geschichte, Mathematik und den Anfangsgründen
der Philosophie. Erst im dritten Jahr, von 1774 bis 1775, fing er das
Studium der Rechtswissenschaft
an. In den gelehrten Sprachen, in denen er schon zu Ludwigsburg einen sehr
guten Grund gelegt, machte er immer bedeutende Fortschritte; auch verstand
er die französische Sprache bald so weit, dass er ohne Schwierigkeit ihre
Schriftsteller lesen konnte, und was die genannten
Vorbereitungswissenschaften betrifft, so blieb er auch da nicht zurück;
besonders zog ihn das Studium der Philosophie an. Um so weniger aber gelang
es ihm in der Rechtswissenschaft. Er hörte die Geschichte der in Deutschland
geltenden Rechte nach Selchow, das Naturrecht und später ein Kollegium über
das römische Recht. War es die Schuld der Wissenschaft selbst, oder die der
Lehrer, die freilich damals nicht die vorzüglichsten waren, genug, Schiller
konnte diesem Studium keinen rechten Geschmack abgewinnen. Er blieb hinter
seinen Mitschülern, die er in mehreren andern Lehrgegenständen übertraf,
hier offenbar zurück.
Ja, seine Lehrer hielten ihn sogar für einen Menschen ohne Talent;
wenigstens fragte einer unter ihnen nach einer vorgenommenen Prüfung, wo
Schiller auf mehrere Fragen die Antwort schuldig bleib, einen seiner
Kameraden: Ob die Unwissenheit Schillers von Unfleiß oder von Mangel an Kopf
herrühre? Der Scharfblick des Herzogs bewahrte ihn vor den ungünstigen
Folgen dieses Vorwurfs. Geübt im Abwägen geistiger Kräfte, hatte er die
Anlagen des Jünglings durchschaut. "Lasst mir diesen nur gewähren,“ sagte
er: "aus dem wird etwas.“
Der Mangel an Interesse für das Studium der Rechtswissenschaft auf der einen
und auf der andern Seite das fleißige Lesen der alten Klassiker, besonders
der Dichter, welches er jetzt eifriger trieb als früher, wo es bloß dem
Studium der Sprache galt, scheinen den Hauptanstoß zur Erweckung seines
Dichtergenies gegeben zu haben. So viel ich weiß, hatte er früher nie einen
poetischen Versuch gemacht, wenn man nicht einige lateinische Carmina, die
er in der Schule zu Ludwigsburg verfertigte, und die Leichtigkeit, mit
welcher er ganze Seiten lateinischer Distichen in wenigen Stunden zustande
brachte, als Äußerungen seines Dichtertalents ansehen will. Allein jetzt
übte er sich nicht nur in metrischen Übersetzungen lateinsicher Dichter,
sondern er fing auch an, deutsche Dichter zu lesen, und machte schon damals
einige Versuche in eigenen, teils gereimten, teils ungereimten kleinen
Gedichten.
Dies trieb er bis zu Ende des Jahres 1775, wo die
militärische Pflanzschule zur Akademie erhoben und von der Solitude
nach Stuttgart versetzt wurde. Unter andern
Erweiterungen, welches dieses Institut nach seiner Versetzung in die
Hauptstadt erfuhr, war auch die, dass nun auch die Medizin in demselben
studiert werden konnte. Auf die Anfrage des Herzogs: Welche unter den
Zöglingen sich diesem Studium freiwillig widmen wollten? War Schiller einer
der ersten, die sich dazu stellten.
Ohne Zweifel war der Hauptgrund dieses Entschlusses sein
Widerwille
gegen das Studium der Rechtswissenschaft; aber offenbar zog ihn auch die
Arzneikunde selbst an; und wenn er sich derselben auch nicht mit der ganzen
Kraft seines Geistes widmete, so trieb er doch dieses Studium, besonders in
den zwei letzten Jahren seines Aufenthalts in der Akademie, mit Eifer. Nicht
nur wurde er von seinen Lehrern für einen vorzüglichen Schüler gehalten, er
erhielt auch bei den jährlichen öffentlichen Prüfungen mehrere Preise. Was
für seine Kenntnisse, besonders der Philosophie, noch stärker beweist, ist
eine Abhandlung, welche er zuerst deutsch, unter dem Titel: Philosophie der
Physiologie, und sodann auch lateinisch ausarbeitete und in der letzten
Gestalt als Probeschrift vorlegte. Da diese Abhandlung nicht gedruckt wurde
und der Verfasser in der Folge wenig Wert darauf legte, ging sie
wahrscheinlich verloren. Gewiss wäre sie der Aufbewahrung wert gewesen,
nicht nur als ein zuvor nie gemachter, wohl gelungener Versuch, die
Physiologie philosophisch zu bearbeiten, sondern auch als Beweis, wie gut
Schiller schon damals schrieb. Auch die gedruckte Abhandlung, im Jahr 1780,
vor seinem Abgang aus der Akademie geschrieben: Versuch über den
Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen, scheint
nicht so allgemein bekannt geworden zu sein, als sie es verdiente.
So viel leistete Schiller als Kandidat der Medizin, während eines
vierjährigen Studiums. Aber in dieser Periode zeigte sich auch sein Beruf
zum Dichter auf die entschiedenste Weise.
Klopstocks Oden und die Messiade,
die auch seine Seele in frommen Gefühlen erregte, waren die ersten
Dichtungen, die seinen eigenen Genius befruchtend und formend ergriffen. Ein
lyrisches Gedicht auf den Abend und eine Ode: Der Eroberer, gehören dieser
Periode an. Beide sind gedruckt; ein episches Gedicht, Moses, ging verloren.
Deutsche Dichter zu lesen, gab es auf der Karlsschule, sowie auf den meisten
damaligen Unterrichtsanstalten in Deutschland, wenig Gelegenheit. Schiller
bleib daher noch unbekannt mit einem großen Teil der vaterländischen
Literatur; aber desto vertrauter wurde er mit den Werken einiger Lieblinge.
Der schon genannte
Klopstock, Utz, Haller, Lessing, Goethe und Gerstenberg waren die
Freunde seiner Jugend.
Auf dem deutschen Parnaß begann damals ein neues Leben. Die besten Köpfe
empörten sich gegen den Despotismus der Mode und gegen das Streben nach
kalter Eleganz. Kräftige Darstellung der Leidenschaft und des Charakters,
tiefe Blicke in das Innere der Seele, Reichtum der Phantasie und der Sprache
sollten allein den Wert des Dichters begründen. Unabhängig von allen äußern
Umgebungen, sollte er als ein Wesen aus einer höhern Welt erscheinen,
unbekümmert, ob er früher oder später bei seinen Zeitgenossen eine würdige
Aufnahme finden werde. Nicht durch fremden Einfluss, sondern allein durch
sich selbst sollte die deutsche Dichtkunst sich aus ihrem Innern entwickeln.
Beispiele einer solchen Denkart mussten einen Jüngling von Schillers Anlagen
mächtig ergreifen. Daher besonders seien Begeisterung für
Goethes
Götz von Berlichingen und Gerstenbergs Ugolino.
Nun wurde er mit Shakespeare bekannt, durch seinen damaligen Lehrer, den nun
verstorbenen Prälaten Abel, der überhaupt sich mehrfache Verdienste um ihn
erwarb und für den er immer die herzlichste Zuneigung bewahrte. Von Hoven
erhielt er zuerst die Wielandsche Übersetzung Shakespeares. Er trat in
jugendlichem Scherz seien Lieblingsgerichte ab, um zum Besitz dieser
köstlichen Bände zu gelangen. Gleich dem gewaltigen, felsenentstürzenden
Strom ergriff dieser mächtige Geist sein ganzes Wesen und gab seinem Talent
die entschiedene Richtung zum Dramatischen. Nach Verlauf eines Jahres
entstand ein Trauerspiel: Cosmus von Medici. Soviel sich sein Jugendfreund,
dem er es mitteilte, erinnert, enthielt es echt tragische Szenen und
vorzüglich schöne Stellen; mehrere derselben wurden später in die Räuber
aufgenommen. Schiller ließ es jedoch nicht öffentlich erscheinen,
wahrscheinlich weil ihm die sichere Kritik, die seinem mächtigen Verstand
angeboren schien, sagte, wie sehr es nicht nur hinter seinem großen Vorbild
zurück stehe, sondern auch unter Gerstenbergs Ugolino, unter Götz von
Berlichingen und Julius von Tarent gestellt werden müsse. Längere Zeit
hindurch machte er keinen neuen Versuch im Dramatischen, las dagegen
Klopstocks Werke wieder anhaltender, sowie die Voß’schen und
Gerstenberg’schen Gedichte, und sein Talent neigte sich wieder zum
Lyrischen.
Er las auch in dieser Zeit fleißig historische Werke, vorzüglich die
Biographien Plutarchs; auch philosophische Schriften
zogen ihn sehr an,
Mendelssohn, Sulzer, Lessing, Herder, vorzüglich Garve, sein damaliger
Liebling unter den Philosophen, dessen Anmerkungen zu Fergusons
Moralphilosophie er beinah auswendig wusste. Es verdient noch bemerkt zu
werden, dass er vorzüglich in Luthers Bibelübersetzung die deutsche Sprache
studierte. In diese Periode, bemerkt von Hoven, fallen vorzüglich die
Fortschritte, welche er im Studium seiner Berufswissenschaft, der Medizin,
machte. Die Hallerschen Werke und die Dissertationen und Kollegienhefte des
vormaligen großen Lehrers der praktischen Arzneikunde zu Göttingen, des
Professors Brendel, warne seine Führer.
Indessen siegte die Neigung zur Dichtkunst bald wieder über die zur
Wissenschaft. Shakespeare und die vorzüglichsten deutschen Dramatiker wurden
wieder vorgenommen, und bald wurde der Stoff zu einem zweiten Trauerspiel
aufgesucht. Diesen gab die Geschichte eines durch seinen verstoßenen Sohn
geretteten Vaters, im Schwäbischen Magazin; Schiller entwarf den
Plan zu den Räubern. Die Ausarbeitung
dieses Trauerspiels fällt hauptsächlich in das Jahr 1780, und es war beinah
vollendet, als er zu Ende dieses Jahres die Akademie verließ.
Was sein sittliches Betragen während des Aufenthalts in diesem Institut
betrifft, so erinnere ich mich, sagt von Hoven, von seiner Seite keines
Vergehens gegen die Gesetze, das die Vorgesetzten zu ahnden Ursache gehabt.
Freilich kostete es ihm bei der Lebhaftigkeit seines Geistes und bei seiner
natürlichen Liebe zur Freiheit viel Selbstüberwindung, sich immer in die
eingeführte streng militärische Ordnung zu fügen; aber Energie des
Charakters und seine, mehr nach innen als nach außen gerichtete Tätigkeit
machten ihm diese Selbstüberschätzung weniger schwer. Dennoch geschah es
zuweilen, dass er mit einem oder dem andern seiner Vorgesetzten, zu denen
nicht immer die verständigsten Menschen gewählt wurden, in Streit geriet.
Gewöhnlich wusste er diesen durch einen witzigen, oft sarkastischen Einfall,
der glücklicherweise von jenen selten, aber desto besser von seinen
Mitzöglingen verstanden wurde, abzubrechen. Wie in seinem Knabenalter, hatte
er auch als Jüngling unter den dreihundert Zöglingen der Akademie nur wenig
vertraute Freunde. Bei seiner Wahl sah er ebenso sehr, ja beinahe mehr, auf
die Güte des Herzens und Haltung im Charakter, als auf ausgezeichnete
Geistestalente. Wen er für gemein, unzuverlässig, niedrig, bösartig hielt,
den verachtete er, und wenn er nähere Berührungen nicht vermeiden konnte, so
betrug er sich gegen ihn mit zurückschreckender Kälte. Beschränkte Menschen
ertrug er; Beschränktheit, mit Dünkel gepaart, ward von ihm geneckt, während
eben diese, mit Güte des Herzens verbunden, gegen die Neckereien andrer an
ihm immer einen Beschützer fand.
Von Hoven, dem wir diese Erinnerungen aus den Jünglingsjahren Schillers
verdanken, und Zumsteeg, der sich später als
Tonkünstler und Komponist auszeichnete, waren die Freunde in der Akademie,
denen er sich am offensten mitteilte. Jedes vollendete Gedicht komponierte
Zumsteeg sogleich, und von Hoven teilte er, bei gemeinsamen Studium der
Arzneiwissenschaft, auch seine philosophischen Ansichten mit. Es war ein
schönes Geistes- und Herzensleben unter den Jünglingen, das sich als
Männerfreundschaft immer erhielt.
Schiller bemerkte gegen uns im reiferen Alter, dass die Vielseitigkeit der
Ausbildung, die sich viele andre Zöglinge in der Akademie erworben, gerade
für ihn verloren gegangen sei. Ein Kommandowort konnte den innern Kreislauf
seiner Ideen nicht fesseln. Von einem Lehrsaal in den andern folgte ihm
seine Bilderwelt, und die Worte des Lehrers wurden oft nur unwillig vom
Gedächtnis aufgenommen. Doch verkannte er die großen Vorteile dieser Anstalt
nicht. Mangel an freier Bewegung, die diesem Alter so nötig ist, war ein
Hauptübel, das sie veranlasste. Dieses führte Krankheitsanlagen herbei, die
das Leben mancher Zöglinge trübten und abkürzten. Auch die Unfähigkeit
mehrerer Aufseher, ein reines Urteil über die Fähigkeiten und Moralität der
Knaben fällen zu können, nährte ein dumpfes Gefühl erlittener
Ungerechtigkeit. Viele ausgezeichnete Lehrer erhielten aber die reine
Empfindung der Achtung und Liebe in den jungen Gemütern, und die gute Natur
warf die widrigen Eindrücke wieder aus. Es zeugt für des Herzogs Charakter
und hellen Verstand, dass er durch häufige persönliche Gegenwart
Selbstgefühl in den Jünglingen zu wecken und zu nähren suchte, durch
Unterredung mit ihnen sie zu anständiger Äußerung veranlasste. Er zeigte
seine wissenschaftlichen Kenntnisse gern. Er warf Fragen auf, die die
Zöglinge beantworten mussten, und veranlasste gelehrte Diskussionen.
Freiheit der Äußerungen und Geistesgegenwart erhielten seinen Beifall. Der
gewählte Ausdruck in deutscher Sprache, die Redekunst, blieb ein Gewinn fürs
Leben, sowie die Gewandtheit, das, was man zu sagen hatte, in eine
anständige Form zu kleiden. Auch witzigen Einfällen lächelte der fürstliche
Erzieher, selbst wenn sie an Unbescheidenheit grenzten. Die dem
Geschäftsmann so notwendige Fähigkeit, immer zu allem bereit zu sein, alles
richtig zu fassen und von einem Geschäft zum andern mit voller Besonnenheit
überzugehen, ist selten dem von der Natur zum Dichter Bestimmten erreichbar;
doch hatte sich Schiller etwas davon angeeignet.
Die klösterliche
Einschränkung der Jünglinge, die, aus der Freiheit ihres Familienkreises
gerissen, hinter Mauern von der Welt durch eiserne Thore und Schildwachen
geschieden wurde, musste ihnen hart und drückend erscheinen. Die
Mütter und noch unerwachsene Schwestern durften am Sonntag Söhne und Brüder
besuchen. Die Eingeschlossenen vernahmen, wie sich die Welt um sie her
bewegte, träumten von Genüssen, die ihnen als unerreichbar doppelt reizend
erschienen; und wenn sie aus dem Kreise der Ihrigen in ihre öden Säle
zurückkehrten, musste die Sehnsucht nach Freiheit, mit Unmut gepaart, sie
ergreifen. Außer ihrer Familie war die Gräfin
von Hohenheim, die mit dem Herzog die Akademie besuchte, das einzige
weibliche Wesen, das die Zöglinge sahen. Zur Belohnung guter Aufführung und
des Fleißes durften sie mit ihr und dem Herzog speisen.
Man kann sich vorstellen, wie unter den dargestellten Umständen die Leiden
Werthers, die durch die eisernen Pforten der Akademie
gedrungen waren, auf Schiller wirken mussten. Dieser Roman ward von ihm und
seinen Freunden verschlungen und, wie dieses in jugendlichen Gemütern oft
der Fall ist, regte, gleich einem über das Meer fahrenden Sturm, in ihnen
den Dichtungstrieb zu schwellenden Wogen auf. Die Jünglinge machten den Plan
zu einem gemeinsamen Romane, einem zweiten Werther, der aber ungeschrieben
blieb. Auch Siegwart hatte sich eingeschlichen. Dieses einfache, herzvolle
Gemälde der schönen Jugendliebe zog Schillern sehr an. Er sagte uns, dass er
oft am einsamen vergitterten Fenster über seinen Lilien, die er in Scherben
an demselben zog, stundenlang in den von diesem Buche erweckten Gefühlen
geschwärmt habe. Das Anschauen Goethes, der mit dem Herzog von Weimar die
Pflanzschule besuchte, erregte ihn mächtig. Wie gern hätte er sich ihm
bemerkbar gemacht! Ein Blick, ein Wort des gefeierten Genius, der tausend
Klänge in seiner Seele angeregt, was wären diese für ihn gewesen! Goethe
konnte nicht ahnen, dass ihn ein Geist begrüßte, ihm ein Herz zuschlug, dem
erst eine späte Folgezeit vergönnte, sich in reiner Freundschaft gegen ihn
zu erschließen.
Dass in der Abgeschlossenheit vom wirklichen Leben und all seinen
freundlichen Eindrücken, in den strengen militärischen Banden der Akademie
die produktive Phantasie zuerst grelle und giganteske Formen, wie sie in den
Räubern dastehen, ergriff, war natürlich. Tiefe Ehrfurcht vor dem Recht, das
heilige Sehnen nach verlorner Unschuld, diese reinen Grundzüge der
energischen und reichen Jünglingsseele, gaben diesem Produkt einen eignen
Zauber, der, in der Gewalt dramatischer Darstellung wirkend, den
Enthusiasmus, womit das Publikum die Räuber aufnahm, erklärt.
Der Odem der Freiheit, einer edlen Seele Lebensluft, hatte ihn aus seinem
Plutarch angeweht. Dieser befruchtende Geist, der so viele Geistesvermögen
in allen Arten des Daseins hervorgerufen, da er in echt menschlichem Sinne
alle Individuen in ihrer Natürlichkeit ergreift, während die richtende Waage
des wahren und Guten in der harmonisch gebildeten Seele nie schwankt, erhob
Schillers Vorstellungsart zum Großen und Allgemeinen. Die engen Weltbande,
die ihn umgaben, wurden durch Bilder der Vorzeit zersprengt. Er wollte nur
höhere Naturen darstellen in Tugend und in Laster, und wenn er das gemeine
Leben ergriff, so war es von der komischen Seite. Schillers Schwester
erzählt: Die Zöglinge der Akademie durften Abends nur bis zu einer
bestimmten Stunde Licht brennen. Da gab sich Schiller, dessen Phantasie in
der Stille der Nacht besonders lebhaft war und der in den Nächten sich gern
selbst lebte, was der Tag nicht erlaubte, oft als krank an, um in dem
Krankensaal der Vergünstigung einer Lampe zu genießen. In solcher Lage
wurden die Räuber zum Teil geschrieben. Manchmal visitierte der Herzog den
Saal; dann fuhren die Räuber unter den Tisch; ein unter ihnen liegendes
medizinisches Buch erzeugte den Glauben, Schiller benutzte die schlaflosen
Nächte für seine Wissenschaft.
So mit der Wirklichkeit gespannt, trat er aus der Akademie in die Welt, als
ihm seine Probeschrift: Über den Zusammenhang der tierischen Natur des
Menschen mit seiner geistigen, ihre Pforten eröffnete. Er wurde im Dezember
1780 als Regimentsmedikus bei dem Regiment Augé
angestellt. Diese Art der Anstellung, die ihn in den strengen Banden
militärischer Verhältnisse erhielt, war ihm zuwider.
Es ist eine Frage, die er im späteren Leben oft an sich selbst tat, ob er im
freieren bürgerlichen Verhältnis sich nicht der Medizin mit Eifer und Glück
für immer würde gewidmet haben? In verschiedenen Lebensepochen entstand
diese Idee wieder in ihm, und immer behielt er große Vorliebe für diese
Wissenschaft. Ein geschärfter Blick in die menschliche Natur, ein feines
Auffassen aller individuellen Zustände blieb ihm immer als Gewinn dieses
frühern Studiums. Er fürchtete oft, die Liebe zur Wissenschaft hätte ihn als
praktischen Arzt zu allzu kühnen Fragen an die Natur verleiten können. Aber
sein Herz und seine Sympathie mit jedem menschlichen Leiden hätten ihn
sicher vor jedem Übermaß geschützt.
Seine Dienstgeschäfte veranlassten natürlich eine Pause in seinen
dichterischen Arbeiten; er legte sich selbst ein strenges Gelübde auf, den
Lockungen der Muse zu widerstehen. Seine Zeitgenossen behaupten, dass er
sich als praktischer Arzt durch Geist und Kühnheit, aber nicht im gleichen
Grad durch Glück ausgezeichnet habe.
Lange konnte diese Entsagung bei einem so mächtigen Talent nicht dauern.
Mehrere kleinere Gedichte entstanden, die Kindsmörderin, die an Laura und
verschiedene andere, die zum Teil nicht öffentlich bekannt wurden. Die
Gedichte an Laura verdanken wir einem Liebesverhältnis mit einer mehr
geistreichen als schönen Nachbarin; sie scheinen mehr das Erzeugnis eines
ihm bis jetzt unbekannten exaltierten Gefühls, als wahrer Leidenschaft für
den bestimmten Gegenstand entsprungen. Sinnentaumel, jugendliche Torheit
übten auch, nach der so lang entbehrten Freiheit, ihre Macht, und
Finanzverlegenheiten, ihre natürliche Folge, führten oft sehr trübe
Stimmungen für unsern Freund herbei. In einer Stadt, die zu allen
Lebensgenüssen einlud, in der das frühere Beispiel des Herrschers das Band
der Sitte, besonders in der Hofwelt, sehr locker gemacht hatte, und wo die
Familien, in denen alte Zucht und Ordnung herrschte, sich in strenger
Zurückgezogenheit hielten, mussten dem Jünglingsalter manche Klippen drohen.
Die Nähe der Familie, die auf der Solitude wohnte und an der er immer mit
herzlicher Liebe hing, der Wunsch, ihre Erwartungen von ihm nicht zu
täuschen, besonders eine Warnung im weichen Liebeston der Mutter, heilt den
jugendlichen Leichtsinn in Schranken und stellte das Gleichmaß wieder her.
Auch erhielt im Umgang mit aufstrebenden Jugendfreunden, zu denen sich Haug
und Petersen gesellten, die Geistigkeit immer die Obergewalt über das
sinnliche Leben. Er entschloss sich zur Herausgabe der Anthologie, wovon nur
ein einziges Bändchen (auf das Jahr 1782) erschienen ist.
Der Herzog blieb immer aufmerksam auf Schillers emporstrebendes Talent.
Einige Gedichte, besonders eines auf den Tod eines Offiziers, das ihm
verschiedene Seiten der fürstlichen Existenz zu verletzen schien, erregten
sein Missgefallen. Ob es ihm gleich schmeichelte, auch einen Dichter aus
seiner Pflanzschule hervorgehen zu sehen, so sollte dennoch die Art der
Dichtung in eine ihm gefällige Form gegossen sein, und freie Gesinnung lag
außer der Sphäre dieses Herrschersinnes. Bemerkenswert ist es immer, wie
jede Äußerung des Geistes seinen hellen Verstand ansprach und seine Neigung
gewann. Schiller bemerkte, dass in mehreren kleinen Handschreiben des
Herzogs, die dessen Verhältnis zu ihm veranlasste, dieser sogar seien
damalige Schreibart, in der oft Gedankenstrich vorkamen, nachamte.
Die Jahre 1780 und 1781 gehören zu den
entscheidensten in Schillers Leben; im letzteren wurden die Räuber gedruckt,
zu denen er keinen Verleger fand; er musste den Druck auf eigne Kosten
veranstalten. Um so erfreulicher war ihm der erste Beweis einer Anerkennung
im Ausland, als ihn schon 1782 der Hofkammerrat und Buchhändler Schwan in
Mannheim zu einer Umarbeitung dieses Werks für die dortige Bühne
aufforderte.
Einen ähnlichen Antrag, der zugleich auf künftige dramatische Produkte
gerichtet war, erhielt er kurz darauf von dem Direktor des Mannheimer
Theaters selbst, dem Freiherrn von Dalberg.
Was Schiller hierauf erwiderte, ist noch vorhanden, und es ergibt sich
daraus, wie streng er sich selbst beurteilte, wie leicht er in jede
Abänderung willigte, von deren Notwendigkeit man ihn überzeugte; aber wie
wenig auch diese Willfährigkeit in Schlaffheit ausartete, und wie
nachdrücklich er in wesentlichen Punkten, selbst gegen einen Mann, den er
hoch schätzte, die Rechte seines Werks verteidigte.
Die Atmosphäre des Stuttgarter Lebens wurde indessen immer trüber und
drückender für Schiller. Noch hatte der fürstliche Erzieher seinen Zögling
nicht aufgegeben, noch hoffte er sein Talent auf eine vorgeschriebene Bahn
zu leiten; er ließ ihn zu sich kommen, warnte ihn auf väterliche Art vor
Verstößen gegen den bessern Geschmack, wie er solche häufig in seinen
Produkten finde, wobei Schiller nicht ungerührt bleiben konnte. Aber dem
Befehl, ihm alle seine poetischen Produkte zu zeigen, Genüge zu leisten, war
Schiller unmöglich, und seine Weigerung wurde natürlicherweise nicht wohl
aufgenommen. Kein einsichtiger und wohlwollender Vermittler fand sich, und
eine offene, freie Diskussion war in diesem Verhältnis nicht leicht möglich.
In Hinsicht auf die notwendige Lebensklugheit und den guten Geschmack hätte
sich Schiller mit dem scharfen und feinen Verstand des Herzogs sonst wohl
zusammen gefunden, und ein motiviertes Urteil hätte zu beider Vorteil
entspringen können.
Auch auswärtige Beziehungen hatten den Herzog gegen die Räuber gereizt. Eine
Stelle, wodurch sich die Graubündner beleidigt fanden, veranlasste eine
Beschwerde. Einflüsterungen des Hofzirkels, dem der Laut freier Menschheit
immer ein widriger Ton ist, deuteten auf Symptome einer bedenklichen
Gesinnung in diesem Stück, die dem edlen freien Geist fern lagen, der nur
nach Genuss seiner eignen Kräfte rang, der umgebenden Welt fremd war und
ihre Bilder nur durch die farbige Wolke seiner Phantasie aufnahm. Alles
gewann eine falsche Wichtigkeit und verband sich, den jugendlichen Geist zu
unterdrücken, der alle Schranken zu durchbrechen drohe. Die Stimme der
Neigung für seinen Zögling schwieg in des Herrschers Busen, die Gewohnheit,
der Herrscherlaune zu folgen, siegte, und es erging der Befehl an Schiller,
gar nichts mehr, außer im medizinischen Fach drucken zu lassen.
Die Eröffnung andrer günstiger Aussichten sollte diesen Befehl mildern; aber
wie konnte sich der Jüngling, in dessen Geist eine Fülle neuer Schöpfungen
aufsprosste, seinem solchen Befehl, einer solchen Beschränkung beugen?
Dieser war auch für seine äußere Lage um so drückender, je günstigere
Aussichten sich ihm durch das Glück, welches sein erstes Trauerspiel
gemacht, eröffneten. Auch hatte er sich mit dem Professor Abel und dem
damaligen Bibliothekar Petersen in Stuttgart vereinigt, um eine Zeitschrift
unter dem Titel: „Württembergisches Repertorium der Literatur“
herauszugeben, zu deren ersten Stücken er einige Aufsätze: Über das
gegenwärtige deutsche Theater; Der Spaziergang unter den Linden; Eine
großmütige Handlung aus der neuesten Geschichte, und verschiedene
Rezensionen, vorzüglich eine sehr strenge und ausführliche über die Räuber,
lieferte.
Diese letztere ist auch in Hinsicht auf Schillers Charakter merkwürdig. Er
hatte ein edles und großes Gefühl seines Talents; aber seine Produkte sah
er, wenn sie vollendet waren, mit freiem Geiste an und fühlte klar jeden
Mangel und Fehlgriff. Da er sich selbst immer im neuen Werden und steigend
empfand, sah er ein künftiges vollkommeneres Werk in dem vorhandenen
aufkeimen, entfernt von der Beschränktheit dürftige Naturen, die auf jedem
ihrer Erzeugnisse verweilen, als habe es ihre ganze Kraft erschöpft.
Die schriftlichen Verhandlungen mit Herrn von Dalberg endigten sich zu
beiderseitiger Zufriedenheit. Die Räuber wurden in Januar 1782 in Mannheim
aufgeführt und Schiller zur Vorstellung eingeladen. Herrn von Dalbergs edlem
Eifer für die deutsche Bühne und seinem einsichtsvollen sichern Blicke in
Schillers aufstrebenden Genius haben wir vielleicht dessen frühere Produkte
zu verdanken. Untergehen konnte der Tragiker nicht in ihm; aber ob sich ohne
Aufmunterung, in den engen Banden seines Verhältnisses die Flügel seines
Geistes so früh erhoben hatten, ob ein Don Carlos in Stuttgart entstanden
wäre? Dies ist zu bezweifeln.
An Urlaub in ein fremdes Land war nicht zu denken; Schillers Reise nach
Mannheim musste heimlich geschehen. Zum ersten Mal war er den tiefen und
lebhaften Eindruck gewahr, den sein Talent machte. Die Darstellung der
Schöpfung seines Geistes unter dem Zujauchzen der begeisterten Menge war
wohl die duftendste Blüte des Ruhms, welche die Musen dem Jüngling
darreichen konnten. Mit Rührung bezeichnete in späterer Zeit ein Freund den
Platz, wo Schiller unerkannt im Theater stand; nur Herr von Dalberg und der
Geheime Rat Klein wussten um das Geheimnis.
Welche Revolution dieser Ausflug in ein fremdes Land, der erste in seinem
Leben, in Schillers Gemüt und Denkweise bewirken musste, ist jedem
begreiflich, der lange in Fesseln enger Verhältnisse geschmachtet. Der
Anblick der wohl gebauten Stadt an dem herrlichen Strome, die weite, dörfer-
und städtereiche Fläche, von den blauen Vogesen begrenzt, entzückten ihn,
und alles schien ihm herrlicher, vom goldnen Duft der Freiheit umsponnen.
Eine ganz andre Lebensansicht in vorherrschender Kunstleibe, das freie
heitere Leben des Geistes unter so viel gebildeten Beschützern, die sich ihm
wohlwollend näherten, der Geist der Liberalität, der unter der Regierung des
Kunst liebenden, mild gesinnten Kurfürsten herrschte, das damals in
Deutschland vorzüglichste Theater unter des einsichtigen Dalbergs Direktion,
alles regte ein neues Leben in ihm auf. Ein idealischer Schimmer umstrahlte
den Geist des jungen Dichters, des Ruhmes Zauber lockte ihn in ferne Weiten,
und Welt und Nachwelt schienen ihn mit Liebe zu umfassen.
Zur zweiten Vorstellung der Räuber, im Mai 1782, wagte er wiederum eine
heimliche Reise; um sie ausführen zu können, ließ er sich als krank angeben;
sie wurde entdeckt und natürlich militärisch mit Arrest
bestraft. Während dieses Arrestes war es, wo er den Plan zu Kabale und Liebe
entwarf, und so erklären sich leicht die etwas grellen Situationen und
Farben dieses Stückes. Auch die Idee zur Verschwörung Fiescos entstand
damals, die ihn mehr anzog und die er noch größtenteils in Stuttgart
ausführte.
Schillers Verbindungen in Mannheim hatten während seiner Besuche daselbst an
Bestimmtheit gewonnen. Die hohe Stufe, auf der die Schauspielkunst stand,
und besonders Ifflands Darstellung des Franz Moor hatte begeisternd auf ihn
gewirkt. Die Aussicht auf ein schönes poetisches Leben zog ihn
unwiderstehlich an. Aber gleichwohl wünschte er Stuttgart nur mit Erlaubnis
des Herzogs zu verlassen. Diese hoffte er durch den Freiherrn von Dalberg
auszuwirken, und seien Briefe an denselben enthalten mehrere dringende
Gesuche um eine solche Verwendung. Der Erfüllung dieser Bitte mochten
Schwierigkeiten entgegentreten; der Gedanke zur Flucht wurde lebendig in
ihm. Dienstversäumnisse, die aus seiner vorherrschenden Beschäftigung mit
der Dichtkunst und aus anderweitigen schriftstellerischen Arbeiten
entspringen mussten; Klagen, witzige Einfälle über den Zwang des Geistes
unter Despoten-Willkür, die dem Herrscher hinterbracht wurden, reizten
diesen immer mehr gegen den Zögling, um so mehr, da die Anerkennung seines
Talents ihm bekannt wurde und er ihn gern als sein Geschöpf angesehen hätte.
Gutmütige Vermittler schlugen Schiller vor, den Herzog durch ein Lobgedicht
zu versöhnen; und es boten sich in der Tat manche Anlässe dar, die einen
Schwächern wohl zu einem solchen hätten bestimmen können. Durch die Weisheit
eines seiner früheren Regenten bestand eine lichtvolle freisinnige
Verfassung in Württemberg, deren wohltätige Spuren sich noch erhalten
hatten, und mit denen selbst der gewaltige Herrschersinn des Herzogs Karl
sich abfinden musste. Ein reger Anteil am öffentlichen bürgerlichen Wesen
herrschte im Lande, und unter den Jünglingen erzeugte sich das schöne
Gefühl, einem Ganzen anzugehören, dessen Bestand auf der Ausbildung ihrer
geistigen Kräfte ruhte. Persönlich fühlte sich Schiller dem Herzog zur
Dankbarkeit verpflichtet, und Äußerungen des früher genossenen Wohlwollens
tönten noch in einer kindlichen Zuneigung nach, die ihm durchs ganze Leben
blieb. Die zärtliche Liebe für seine Familie, deren Glück der Herzog in
einer Aufwallung des Zorns für immer zerstören konnte – denn der Vater
erheilt die Seinigen nur durch sein Gehalt in Wohlstand – musste tausend
Besorgnisse erregen. Wie viele Motive lagen in diesem allem, um der Leier
des Dichters einen falschen Klang zu entlocken! Aber der gute Genius siegte.
Der hohe Begriff von der Dichtkunst, dass sei sich immer frei von kleinen
Zwecken, nur in den heiligen Regionen des Guten und Wahren erhalten müsse,
dieser Begriff, der sein ganzes Leben beherrschte, bewährte sich hier als
Tat im Jünglingsalter und unter Umständen, die Festigkeit der Sinnesart und
Energie der Seele beweisen. Kein unbändiger Starrsinn lag in ihm, der nur
aus beschränktem Dünkel entsteht. Seine Freiheitsliebe war mit klarer
Verstandesansicht und einer tiefen Ehrfurcht vor Gesetz und Ordnung
verschwistert; selbst das Anständige, Hergebrachte in den Formen der
Gesellschaft beleidigte er, aus angeborner Feinheit, nicht gern; aber
Unterdrückung der schönsten Kräfte der Menschheit, Opfer, die nicht dem
allgemeinen Besten, sondern der Willkür despotischer Launen gebracht werden
sollten, widerstrebten seinem ganzen Wesen.
Harte und drohende Äußerungen kamen Schiller zu Ohren; Missgunst und
Misstrauen wuchsen. Des Dichters Schubart Schicksal, der auf der
Bergfeste Hohenasperg durch jahrelange
Gefangenschaft für sein Gedicht, die Fürstengruft, büßte, in welchem er
durch Erinnerung an das allgemeine Los der Sterblichen, Tod und Auflösung,
etwas zu grell an den Wechsel der Erdengewalt gemahnt und die Fürsten vor
dem Missbrauch derselben gewarnt hatte, lag als bedenklicher Hintergrund im
Stuttgarter Dichterleben. Schiller hatte keine nähere Verbindung mit
Schubart, als dass er ihn einmal auf der Festung aus Teilnahme an seinem
Schicksal besuchte, wie viele andre taten. Der rührende Klagegesang:
"Gefangner Mann, ein armer Mann“ tönte von dem Berg durch die Gefilde und
bewegte die Herzen. Mehrere Fürsten Deutschlands verwendeten sich für des
Dichters Befreiung.
Um seinen Abschied aus dem Dienst durfte Schiller als Zögling der Akademie
nicht anhalten; ja er musste fürchten, durch solch ein Gesuch den Zorn des
Herzogs aufs äußerste zu reizen. Schwermütigen Sinnes erwog er seine Lage,
und nicht ohne harten Kampf fasste er den
Entschluss zur Flucht.
Mit weichem, liebendem Herzen hing er an den Seinen, deren Existenz er in
Gefahr stürzte; auch der Vorwurf der Undankbarkeit gegen den fürstlichen
Erzieher und Versorger lastete auf seinem Herzen, das immer fest an den
Gesetzen der Ehre hielt. Aber sich selbst aufgeben – denn die Muse war sein
Selbst – wie vermochte es der Jüngling? Die Lockung zur Freiheit auf des
Ruhmes Sonnenbahn, die sich ihm eröffnete, die dichterische Welt, die sich
in seinem Innern bewegte, die vielfältigen Pläne, die er entworfen, wie
konnte er das alles der Willkür des Herrschers opfern, die die Flügel seines
Geistes zu fesseln sich unterfing? Goldene Träume von Glück und Ruhm, von
einer Lage, in der er den Seinen einst alles vergelten könnte, was sie
vielleicht um ihn erdulden mussten, umschwebten ihn; auch die Hoffnung, den
beleidigten Herrscher durch die Macht seines Talents in der Folge zu
versöhnen und ihn von der Ungerechtigkeit seines Ausspruchs durch Taten des
Genius zu überzeugen, gesellte sich ihm tröstend zu.
Während die Stadt mit den Zubereitungen zum Empfang des Großfürsten Paul und
seiner Gemahlin, einer gebornen Prinzessin von Württemberg, beschäftigt war,
der Hof auf glänzende Feste dachte, wobei aller Reichtum der Kunst und Natur
aufgeboten werden sollte, während die fröhliche Jugend Anteil an der
allgemeinen Festlichkeit nahm und die schaulustige Menge aus den Toren der
Stadt hinausströmte, um sich an dem Anblick der Fürsten zu weiden, ging
Schiller unbemerkt den entgegen gesetzten einsamen Weg, in einer schönen
Sommernacht, um seinem Vaterland auf lange Zeit Lebewohl zu sagen. Mit der
Freiheit, mit dem Gefühl, er könne nun sein Talent ohne äußere Beschränkung
wirken lassen, glaubte er alles gewonnen zu haben; seine Zukunft bedachte er
wenig. So warf er sich, ohne hinlängliches Geld, ohne eine bestimmte
Aussicht, der fremden Welt in die Arme; aber eine sehr trübe Stimmung musste
natürlich folgen.«
(aus: Karoline von Wolzogen: Schillers Leben. Verfasst aus Erinnerungen der
Familie, seinen eigenen Briefen und den Nachrichten seines Freundes Körner)
(aus:
www.Wissen-im-Netz.info,
15.02.07)
Biographische Autornotiz:
»»Karoline
von Wolzogen, geb. von Lengefeld (* 3. Februar 1763 in
Rudolstadt; † 11. Januar 1847 in Jena) dt. Schriftstellerin, Tochter
des Oberlandjägermeisters von Lengefeld am Hof von Rudolfstadt in Thüringen;
Schwester von Charlotte, der Ehefrau Friedrich Schillers (Heirat 1790)
Schwägerin Friedrich Schillers; wird mit 16 Jahren mit dem späteren Geheimen
Legationsrat von Beulwitz verlobt, den sie 1784 heiratet; 1794 Scheidung und
im gleichen Jahr Heirat mit Wilhelm von Wolzogen, dem geschiedenen Ehemann
von Schillers Gönnerin Henriette von Wolzogen aus Bauerbacher Tagen, der am
Hof in Sachsen-Weimar Kammerherr ist; seit 1797 wohnhaft in Weimar; dort
zahlreiche Kontakte zu Literaten und Philosophen der Zeit, denen ihr Haus zu
einem gern besuchten Treffpunkt wird; zu ihren Gästen zählen neben Friedrich
Schiller, mit dem sie gut befreundet ist, Goethe, Wieland, Fichte, Schelling
und Wilhelm von Humboldt; mehrere Schicksalsschläge wie der Tod Schillers
(1805) und der ihres Mannes (1809), der ihrer Schwester und der ihres
einzigen Sohnes August (1825), zieht sich Caroline von Wolzogen aus dem
gesellschaftlichen Leben Weimars zurück und zieht 1825 nach Jena; dort führt
sie bis zu ihrem Tod (1847) ein einsames, von schwärmerischer Religiosität
geprägtes Leben; bekanntestes Werk: Roman "Agnes von Lilien", der 1796/97 in
Schillers Zeitschrift "Die Horen" erscheint;
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
16.12.2023