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Bausteine zur Biographie

Unterricht in der Lateinschule - Aus den Erinnerungen F. W. von Hovens (1840)

Friedrich Schiller (1759-1805)

 
FAChbereich Deutsch
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In seinen Lebenserinnerungen, die im Jahre 1840 erstmals erschienen sind, geht Friedrich Wilhelm von Hoven (1759 - 1838), ein lebenslanger Freund von • Friedrich Schiller (1759-1805), mit dem dieser die Lateinschule und die • Karlsschule besucht, ausführlich auf seine Erlebnisse in der • Ludwigsburger Lateinschule ein:

"Gleich wenige Tage nach meiner Ankunft wurde ich von meinem Vater in die Schule geführt und nach bestandenem kurzen Examen in die unterste Klasse aufgenommen. Wie in den zwei höheren Klassen, war auch in dieser nur ein einziger Lehrer angestellt, und es wurde nichts in derselben gelehrt als das Lateinische; bloß der Freitag war der deutschen Sprache gewidmet, so wie der Sonntag dem Religionsunterricht in der Kirche, wo die Schüler vormittags der Predigt und nachmittags der Katechisation beiwohnen mussten. Im Sommer dauerte der Unterricht vormittags von sieben bis elf und nachmittags von zwei bis fünf Uhr [wobei so genannte Repetitionsstunden eingeschlossen waren, in den die Schularbeiten unter Aufsicht verfertigt wurden, Ergänzungen R. Buchwald]. Im Winter ging der Vormittagsunterricht eine Stunde später an, der Nachmittagsunterricht endigte eine Stunde früher, und jedes Mal wurde der Unterricht mit einem Gebet angefangen. Der Lehrer dieser Klasse [Abraham Elsässer, geboren 1735] war zwar ein ernster, etwas strenger Mann, aber er behandelte seine Schüler freundlich, und die fleißigen Schüler besuchten die Schule gern. Da die Schüler dieser Klasse erst Anfänger waren, und ich schon einen ziemlich guten Grund im Lateinischen gelegt hatte [wie auch Schiller bei seinem Pfarrer Moser], so wurde ich gleich unter die ersten eingereiht, unter denen ich auch meinen Platz fortan behauptete. Das Lernen machte mir Freude, weil der Präzeptor – denn so hießen die Lehrer in der Lateinischen Schule – mich stets freundlich behandelte und sich mit meinen Fortschritten zufrieden zeigte, und schon im folgenden Jahr war ich so weit, dass ich in die zweite Klasse versetzt werden konnte. [Schiller ist sehr wahrscheinlich gleich in diese zweite Klasse aufgenommen worden.]
Auch in dieser Klasse wurde außer der lateinischen Sprache nichts weiter gelehrt; allein wie in der ersten nur das Deklinieren und Konjugieren, die Syntax und das Vokabellernen getrieben wurde, so ging es in der zweiten an das Exponieren der in den eingeführten Schulbüchern enthaltenen Aufsätze, das Übersetzen aus dem Deutschen in das Lateinische, die so genannten Exerzitien usw. Der Lehrer in dieser Klasse war ebenfalls ein tüchtiger Schulmann [Magister Philipp Christian Honold, geboren 1728] und ließ sich auch den Unterricht sehr angelegen sein; aber er gehörte zu den Frommen und sah weniger darauf, dass wir große Fortschritte in der lateinischen Sprache machten, als dass wir fleißig in die Predigt gingen, nie die Katechisation versäumten und, wie in der Schule, auch außerhalb derselben uns stets so betrugen, wie es einer frommen christlichen Jugend gezieme. [Denn Honold gehörte zum pietistischen Freundeskreis der Bengelschüler …] Daher ließ er auch am Freitag, wo das Deutsche getrieben wurde, gewöhnlich christliche Bücher lesen, und nicht selten hielt er mit uns, wie in der Kirche förmliche Katechisation. Waren wir ihm dabei nicht aufmerksam genug und konnten wir die geistlichen Lieder, die er uns auswendig zu lernen aufgab, nicht fertig hersagen, so rügte er es hier zwar bloß mit Worten, aber er merkte sich die Unaufmerksamen, und wenn einer beim lateinischen Unterricht sich nicht aufmerksam, fleißig und sittsam betrug, so bekam er die Schläge, welche er ihm dort zugedacht hatte, hier desto gewisser. Daher liebten wir ihn, bei aller Achtung, die wir vor ihm hatten, weniger als den Präzeptor der ersten Klasse, und wir waren umso fleißiger in den lateinischen Lehrstunden, je mehr wir wünschten, so bald als möglich in die dritte Klasse befördert zu werden. Diese Beförderung geschah nämlich jährlich einmal im Herbst, und es kam darauf an, wie man in der von dem Obergeistlichen oder Spezial vorgenommenen Prüfung bestanden, um ein Jahr früher in die höhere Klasse befördert zu werden. Solchergestalt durfte ich auch in der zweiten nur ein Jahr lang bleiben, und kam nun in die dritte, wo zwar das Lateinische wiederum Hauptgegenstand des Unterrichts war, zugleich aber auch Griechisch und Hebräisch gelehrt wurde, jenes als Vorbereitung zu den gelehrten Studien überhaupt, dieses als Vorbereitung zum Studium der Theologie insbesondere.
Der Lehrer an dieser Klasse hatte den Titel Oberpräzeptor und hieß Jahn [Johann Friedrich Jahn, geboren 1728). Er war ein Geistlicher, wie der Präzeptor der zweiten Klasse, aber er predigte nie, wie dieser es oft tat, weil er bei der Schule bleiben und kein Pfarramt annehmen wollte. Seit seinen Universitätsjahren hatte er sich dem Schulwesen gewidmet, und teils durch diese vieljährige Übung, teils wegen seines ausgezeichneten Talents zum Schullehrer hatte er sich dazu so ausgebildet, dass er lange zuvor, ehe er nach Ludwigsburg berufen wurde, für einen der vorzüglichsten Männer in seinem Fach anerkannt war. Ich habe in meinem Leben viele Lehrer gehabt, aber ich kenne keinen, der in seinem Fach vorzüglicher gewesen wäre als er in seinigem. Meister sowohl im Griechischen und Hebräischen als auch im Lateinischen, hatte er auch bei seinem Unterricht eine Methode, welche ganz dazu geeignet war, seiner Schüler weiter zu bringen, ohne dass sie gewahr wurden, wie es eigentlich damit zuging. Außer der hohen Würde, durch die er ihnen imponierte, und dem ruhigen Ernste, mit dem er seinen Unterricht erteilte, war es vorzüglich seine Konsequenz, mit welcher er bei demselben verfuhr. Er kannte jeden seiner Schüler, soviel auch ihrer waren, genau, und da er wusste, was er jedem zumuten dürfe, wusste er auch jeden nach Maßgabe seiner Vorkenntnisse zu fördern, so dass zuletzt auch der minder Fähige dem Fähigen nur wenig nachstand. Zwar waren die Gegenstände, worüber er Unterricht zu geben hatte, bloß die oben genannten gelehrten Sprachen; aber bei der Erklärung der lateinischen und griechischen Schriften, welche er mit seinen Schülern las, brachte er ihnen zugleich so viele geographische, historische, überhaupt so viele wissenschaftliche Kenntnisse bei, dass sie viel vorbereiteter in die höheren Studienanstalten aus seiner Schule übergingen als aus allen anderen lateinischen Schulen im Lande. Wie viele vortreffliche Männer ihm diese Vorbereitung zu ihren gelehrten Studien zu danken gehabt, ist gewiss in Württemberg noch nicht vergessen.“

(zit. nach Buchwald 1959, S.95-97, dort: Friedrich Wilhelm von Hoven (1840), Lebenserinnerungen (Berlin: 1984, mit Anm., hg. v. Hans-Günther Thalheim und Evelyn Laufer)

 Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 16.12.2023

   
   Arbeitsanregungen

Untersuchen Sie die Beschreibung und den Bericht Friedrich von Hovens.

  1. Arbeiten Sie heraus, wie der Unterricht in der Schule organisiert wurde.

  2. Welche Fächer werden unterrichtet? Wie erklärt sich die Dominanz bestimmter Fächer?

  3. Der Autor nimmt auch zum Erziehungshandeln der Lehrer Stellung. Wie beurteilt er ihre pädagogischen Methoden?

  4. Wie beurteilen Sie solche Erziehungsmethoden unter heutiger Perspektive?

   
 

 
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