Pressestimmen geben einen Eindruck von verschiedenen Aufführungen von
•
Friedrich Schillers • »Maria
Stuart.
Staatstheater Mainz 2002:
Maria Stuart trägt Sack und Asche. In grauen Socken stapft die schottische
Königin durch den Schutt, der den Boden bedeckt und schiebt eine
Plexiglaswand zur Bühnenrampe. Schloss Fotheringhay, ihr Gefängnis, ist
ein Glashaus: der Blick ist frei, der Körper eingeschlossen.
Am Ende, nach über drei Stunden, wird Maria im roten Kleid mit langer
Schärpe strahlend abgehen in den Tod. Elisabeth aber wird ohne Ornat und
Perücke dastehen wie eine Büßerin – verlassen von den Männern ihrer Gunst.
Auch der Palast von Westminster ist ein Gefängnis mit jenen gläsernen
Mauern, die Volker Walther in Mainz auf die Bühne des Kleinen Hauses
gebaut hat.
Irmgard Langes Inszenierung deutet Schillers Trauerspiel sinnfällig als
gegenläufiges Drama zweier Frauen im Kerker der Macht.
(Stefan Benz, in: Echo online,
http://www.echo-online.de/kultur/kritik_detail.php3?sshl=2399,
12.07.02)
Kölner Schauspielhaus:
Regisseur Torsten Fischer hat hier eine ganz neue Version der Maria Stuart
entwickelt. Die verschiedenen Akte des Stückes hat er vermischt und setzt
insgesamt auf die Wirkung großer Emotionen. Wie die Schauspieler dieses
Konzept mit Leben füllen, das geht streckenweise ganz schön unter die
Haut.
Aber nicht alles an dieser Inszenierung ist stimmig. In der nüchternen
Kälte des Stahlrohr-Bühnenbildes gehen einige der guten Ansätze wieder
verloren. Letztlich sind es die Schauspieler, die mit überzeugender
Intensität den Abend zu einem Theaterereignis werden lassen. [...]
(Lokalzeit
Studio Köln,
http://www.wdr.de/studio/koeln/lokalzeit/premierenreport/maria_stuart.phtml,
8.7.02)
Kieler Schauspielhaus 2002:
Schiller liefert in seinem Historiendrama eine wahre Fundgrube an
Gegensätzen, die sich in den beiden Hauptcharakteren Elisabeth (Andrea
Schöning) und Maria (Alexa Wilzek) manifestieren. England, Protestantismus
und vorgebliche Tugendhaftigkeit prallen auf Schottland, den Katholizismus
und eine überbordende Lebensbejahung. Diese vordergründigen Konflikte
werden durch die persönlichen Problematiken der ungleichen Königinnen noch
verstärkt. Die Blutsverwandtschaft erweist sich als nicht zu überbrückende
Kluft. [...]
Zwischen den beiden Königinnen pendeln dann die Grafen Leicester (brilliant-wankelmütig:
Karl Schmidt-Werter) und Burleigh (schön fies: Matthias Unruh), sowie der
junge Heißsporn Mortimer (keck: Immanuel Humm). Der Raum zwischen den
Schiller'schen Zeilen wird in der Inszenierung durch deutliche
Körpersprache ausgefüllt. Selten fanden sich Elisabeth und Maria in
derart heftigen Umarmungen wieder, in Marias Fall kann sie sich der
Vergewaltigung durch Mortimer nur knapp erwehren. Dazu kommen dann noch
nette mimische Überraschungen, die die Kurzweil des Stückes fördern. Neben
einigen fehlenden Figuren, von denen Lord Shrewsbury die prominenteste
ist, fielen auch weite Teile des abschließenden Fünften Aufzugs der
Inszenierung zum Opfer. Da verschiebt sich dann schon mal der Schlusssatz
in einen unpassenden Mund und wird das weitere Schicksal des
unglückseligen Schreibers offen gelassen. Über den Sinn dieser
dramaturgischen Einschnitte mag man streiten, insgesamt bleibt aber ein
positiver Eindruck erhalten, der vordringlich auf die Schauspieler und das
überzeugende multifunktionale Bühnenbild zurückzuführen ist.
(aus: Bühne Viva,
http://www.viva24.de/buehne/02_mariastuart.html , 8.7.02)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
16.12.2023