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Mainzer Republik 1792/1793 "Die Literatur der Mainzer Jakobiner ist kaum mit dem Maßstab
des Wahren, Guten und Schönen zumessen, an dem die
Aufklärungsliteratur sich ausrichtete. Es ging nicht mehr darum, die
moralischen Grundsätze und wissenschaftlichen Erkenntnisse den Menschen von
minderem Verstande schmackhaft zu machen. [...] "Unser Magen ist rein
menschlich", so schreibt Magister F. Ch. Laukhard gegen das
Dichtungsprogramm der
Weimarer Klassiker, "noch weniger (ist er) über allen Einfluss der
Zeiten erhaben; er fordert reelle Befriedigung für den Darmsinn; und hat er
die zur Genüge und sicher, dann erst hat unser Kopf und Herz Zeit und
Geschmack für Ideenspeise. Sonst hat der hungrige Bauch keine Ohren weder
für Logik, noch für Ästhetik, noch für Moral; wohl aber Fäuste zum Zugreifen
(...)". Die politische Literatur der revolutionären Demokraten zielte auf
die Mobilisierung und Organisierung von Bürgern und Bauern, die als
‚literarisches Publikum‘ bislang kaum in Betracht kamen. Als operative
Literatur ersetzt sie die Kontemplation und die sich selbst genügende
Reflexion durch eine Schreibweise, die vom intellektuellen und emotionalen
Vermögen des "gemeinen Volkes" ausgeht. [...]
"(aus:
Scherpe 1982, S.195)
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Mainzer Republik 1792/1793
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
09.07.2021
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