Michael Jackson
(1958-2009)
war stets für Schlagzeilen
gut. Waren es einmal Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, die
ihn bis vor das Gericht verfolgten, waren es ein anderes Mal Mutmaßungen in
den Medien darüber, ob seine Haut nach zahlreichen Schönheitsoperationen
und der wundersamen Verwandlung von schwarz in weiß im Gesicht zu reißen
drohte. Der von den Medien zum "King of Pop" stilisierte Star
war eines der
Beispiele aus der internationalen Promiszene, die mit Veränderung ihres
biologisch mitgegebenen Äußeren einen wesentlichen Teil ihres Images
begründet haben. Aber das Thema Schönheitsoperationen hat längst die
sozialen Schranken zu den Reichen und Superreichen überwunden. Lifting,
Brustvergrößerung und Fettabsaugung, kurzum das ganze Programm der
Schönheitschirurgie, sind heutzutage auch für viele andere erschwinglich
geworden.
Welche persönlichen und gesellschaftlichen Ursachen veranlassen heutzutage
eine immer größere Anzahl von Frauen und Männern dazu, sich einer oft
risikobehafteten Schönheitsoperation zu unterziehen? Wie kommt es, dass
gerade Jugendliche immer häufiger mit dem Gedanken spielen, der Natur
nachzuhelfen? Und schließlich ist zu fragen, ob Schönheitsoperationen
überhaupt aus ethischen Gründen vertretbar sind?
Die Ursachen für die Bereitschaft vieler Menschen, sich einer
Schönheitsoperation zu unterwerfen, lassen sich auf persönliche und
gesellschaftliche Ursachen zurückführen.
Die persönlichen Gründe dafür sind vielfältig. Was den einen dazu
motiviert, ist für den anderen kaum nachvollziehbar. So gibt es Männer und
Frauen, die einfach einem bestimmten Schönheitsideal nacheifern. Sie haben
mehr oder weniger feste Vorstellungen darüber, wie ihr Aussehen sein soll
und lassen daher auch nichts unversucht, dies zu erreichen. So mag es auf
den ersten Blick völlig übertrieben erscheinen, wenn eine ansonsten gut
aussehende junge Frau mit einer natürlichen Ausstrahlung mit einem
"kleineren" chirurgischen Eingriff einfach noch jene Fettpölsterchen an
den Hüften wegbekommen will, die sie stören. Auf der anderen Seite ist
dies ihre freie Entscheidung und ihre Motive lassen sich nur schwer von
außen an irgendwelchen objektiven Maßstäben messen. Wie sehr jemand unter
seinem Äußeren leidet, lässt sich eben nicht an irgendeiner Skala ablesen.
Allerdings gibt es sicher Fälle, bei denen der Gang zum
Schönheitschirurgen im Allgemeinen leichter nachvollziehbar ist. Wer unter
schweren psychischen Störungen wegen seines Aussehens leidet und sich
unter Umständen kaum mehr in die Öffentlichkeit traut, dem kann, sofern
dies schönheitschirurgisch überhaupt möglich ist, mit einer
Schönheitsoperation vielleicht wieder eine Hoffnung gegeben werden. Wenn
es gelingt, dass eine solche Person auch auf diesem Weg wieder die nötige
Selbstachtung zurückzuerlangen, dann ist meines Erachtens gegen einen
solchen Eingriff auch ethisch nicht viel einzuwenden. Dies gilt umso mehr,
wenn man an die operativen Eingriffe denkt, die bei Menschen durchgeführt
werden, die das Opfer von Unfällen geworden sind oder an Krankheiten
leiden, die zu schweren Entstellungen führen. Was die plastische Chirurgie
in solchen Fällen leistet, ist beachtlich, und hat sicher schon
zahlreichen Menschen den Weg zurück in eine mehr oder weniger ausgeprägte
Normalität ermöglicht.
Für Jugendliche besitzt das Thema Schönheitsoperationen allerdings einen
besonderen Stellenwert. Dies ist zunächst einmal darauf zurückzuführen,
dass der Griff zu Messer und Skalpell längst nicht mehr nur bei älteren
Personen vorkommt. Das früher, meist älteren Frauen vorbehaltene
Gesichtslifting zur Faltenglättung, hat natürlich bei jungen Leuten wenig
Bedeutung. Was sie interessiert, ist nicht das zeitweise Aufhalten
natürlicher Alterungsprozesse, die Rückkehr zum Früher, sondern bei ihnen
geht es um das Hier und Jetzt. Was zählt, ist was heute ist, und das sind
vorhandene Fettpölsterchen, die nicht "weggehen", das sind zu kleine
Brüste, die nicht weiter wachsen wollen, das sind zu lange oder zu kurze
Nasen, die dem Spiel mit dem Spieglein an der Wand so nicht standhalten
können. Für Jugendliche besitzt das Aussehen für das eigene Selbst auf dem
Weg zum Erwachsenwerden eine besonders große Bedeutung. Es dauert, bis man
lernt, sich so zu nehmen, wie man (geworden) ist. Und: Unter dem Einfluss
allgegenwärtiger Medien, die das Schöne, Schönheit und die vermeintlichen
Wege dahin ununterbrochen präsentieren, fällt es vielen wohl immer
schwerer, sich an anderem, vielleicht einfach nur den anderen Menschen um
einen herum, zu orientieren. Wer sich heutzutage von Musikvideoclips
berieseln lässt, kann sich wohl kaum noch dem Eindruck erwehren, dass auf
der ganzen Welt nur noch perfekte "Bodies" zu finden sind, die
hüftschwingend und beckenkreisend ihre sexuelle Attraktivität hemmungslos
zur Schau tragen. Kein Wunder also, dass schon 14-jährige mit dem Gedanken
spielen, sich die Brust vergrößern zu lassen. Die persönlichen Gründe und
Motive, das zeigen die letzten Ausführungen, sind aber kaum zu trennen von
den gesellschaftlichen Ursachen, die dahinter stehen.
Schönheit ist Geschäft und mit Schönheit werden Milliarden verdient. Was
freilich in einer Gesellschaft im Hinblick auf das Aussehen von Menschen
als schön gilt, ist sehr unterschiedlich. Verschiedene Kulturen haben
unterschiedliche Ideale von Schönheit, die sich, wenn man sie miteinander
vergleicht, geradezu widersprechen können. Und auch in der europäischen
Geschichte finden Beispiele sich von einem beständigen Wandel der
Schönheitsideale. Wer einmal ein Gemälde von Rubens zu Gesicht bekommen
hat und sich über die wohlbeleibten Frauenkörper gewundert hat, kann sich
gut vorstellen, was dieser Maler der Renaissance wohl von der Figur eines
der "superschlanken" Supermodels gehalten hätte, die heute über den
Laufsteg huschen.
Was heute als schön gilt, wird von den Medien gemacht, heißt es. Und die
Medienmacher: Sie sagen, sie gäben nur wieder, was in der Gesellschaft
gerade als schön gilt. Wie dem auch sei, wahrscheinlich stimmt beides bis
zu einem gewissen Grade. In Bezug auf das Thema Schönheitsoperationen
kommt den Medien allerdings eine besondere Bedeutung zu. Kein
Boulevard-Magazin im Vorabendprogramm und kaum ein Nachmittag vergeht,
ohne dass nicht das Thema Schönheitsoperation in einer Talkshow
durchgehechelt wird. Die Medien halten das Thema ständig wach und treten
es breit, bis auch der letzte Zuschauer es nicht mehr aus dem Kopf
bekommt. Und offenbar kommt genau das wiederum gut an, denn nur so erklärt
sich die Dauerpräsenz des Themas auf allen Kanälen. Da ändert es auch
nichts, wenn das Thema mit einem Hauch von Kritik präsentiert wird -
Warnungen vor Risiken und Nebenwirkungen gehören eben so gut zum Geschäft,
wie das Befriedigen voyeuristischer Bedürfnisse einer offenbar großen
Anzahl von Zuschauerinnen und Zuschauern. Und diese Zuschauer des
Nachmittags- und Vorabendprogramms sind wiederum zu einem großen Teil
Jugendliche, die für solche Botschaften aufgrund ihrer besonderen Lage auf
der Suche nach Identität besonders empfänglich sind. Dabei ist
wahrscheinlich die unmittelbare Gefahr, dass sich Menschen im Jugendalter
einer Schönheitsoperation unterziehen, noch die geringste. Denn
schließlich haben sie meistens noch Eltern, Lehrer und Freunde, die
solchen Dingen die nötige Skepsis entgegenbringen und das nötige Kleingeld
dafür fehlt darüber hinaus: Krankenkassen übernehmen die Kosten ,
abgesehen von medizinisch erforderlichen Eingriffen, dafür nämlich nicht.
Viel wichtiger scheint mir zu sein, dass junge Leute damit dazu angespornt
werden, sich in ihrem weiteren Leben dem von Geschäftsinteressen
diktierten Körperkult zu unterwerfen. Wer dem Druck eines Schönheitswahns
dadurch erliegt, dass er, auch nur gedanklich, unter Gefahr für Leib und
Leben fragwürdige chirurgische Eingriffe auf sich nimmt, der wird wohl in
anderen Bereichen als Konsument des Schönheitskults auch wenig Kraft zur
Gegenwehr haben.
Zu den Prinzipien einer pluralistischen Gesellschaft gehört, dass jeder
darüber frei entscheiden kann, ob er sich einer Schönheitsoperation
unterziehen will oder nicht. Und ebenso steht es jedem Chirurgen frei,
nach der Aufklärung des Patienten über Risiken eines solchen Eingriffs,
solche Operationen durchzuführen. Aber der Umgang mit dem Thema,
insbesondere in den Medien, sollte meines Erachtens überdacht werden, denn
nur wenn es gelingt, diesen medialen "Dauerbrenner" wieder etwas
kleinzukochen, können schlimmere Auswüchse verhindert werden. Jugendliche
sollten, dafür müssen gesetzliche Regelungen her, aber vor unbedachten,
und später vielleicht bereuten Schritten bei der chirurgischen
Körperverschönerung bewahrt werden. Und schließlich gibt es ja auch noch
eine ganz andere Sicht auf den Menschen: Jeder von uns ist so, wie ihn die
Natur gemacht hat. Und diese Vielfalt der Individuen mit unterschiedlichen
Gesichtszügen, unterschiedlichen Bauch- und Brustumfängen und
verschiedenen Penis-Längen macht die Spezies erst interessant und verleiht
jedem einzelnen Individuum seine eigene Schönheit, die ebenso gut im
Inneren wie im Äußeren bestehen kann. Michael Jackson, "Barbie" oder "Ken"
sind nur Geschäftsmaschen, wären wir alle wie sie, wäre das etwa "schön"?
(1293 Wörter)
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Bausteine zum Beispielthema
▪
Niederschrift
▪
Hauptteil
▪ Überblick
▪
Absatzgliederung
▪
Überleitungen
▪ Argumentation
▪
Rolle
der Beispiele
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
02.01.2024