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Der nachfolgende
Parallelkonspekt dient zur
strukturierten Erfassung des Textes.
Gewiss, die Welt des
Mittelalters war
voller Rätsel und Gefahren, aber ein Bewusstsein von Ordnung fehlte ihr
nicht. Einfache Männer und Frauen begriffen vielleicht nicht ganz, wie
sich die rauhe Wirklichkeit ihres Daseins in den großen, wohltätigen
Plan des Universums fügte, aber sie zweifelten nicht daran, dass es
einen solchen Plan gebe, und ihre Priester waren imstande, ihn mit Hilfe
einer Handvoll abgeleiteter Prinzipien wenn schon nicht als rational, so
doch als kohärent
darzustellen. [...] Es gab eine Zeit, da half die
Information den Menschen
dabei, dringende Probleme ihres Lebens zu lösen,
indem sie ihr Wissen von ihrer physischen und gesellschaftlichen Umwelt
erweiterte. Es trifft zu, dass im
Mittelalter Informationsknappheit herrschte, aber gerade ihre
Knappheit machte die Information wichtig und nutzbar. |
Das Weltbild des Mittelalters Orientierungssicherheit in einer gottgefügten Ordnung
kohärentes Weltbild
wenige Menschen haben Zugang zur Information
Funktion der Information: Lösung dringender Probleme des Lebens durch
Wissenszuwachs in einer von Wissensknappheit bestimmten Welt
Informationsknappheit
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Das begann sich, wie jeder weiß,
im späten 15. Jahrhundert zu ändern, als ein Mainzer
Goldschmied namens Gutenberg eine alte Weinpresse in eine Druckmaschine
verwandelte und damit das auslöste, was wir heute als
Informationsexplosion
bezeichnen. Vierzig Jahre nach der Erfindung des Buchdrucks standen
Druckerpressen in hundertzehn Städten, verteilt über sechs Länder;
fünfzig Jahre später waren mehr als acht Millionen Bücher gedruckt und
fast alle waren mit Informationen gefüllt, die bis dahin für die meisten
Menschen unzugänglich gewesen waren. |
Wende zur
Neuzeit
Wandel im 15.
Jahrhundert: Druckerpresse führt zur Informationsexplosion
mehr Menschen haben Zugang zur
Information |
Nichts wäre irreführender als die
Behauptung, die Computertechnologie habe das Informationszeitalter
hervorgebracht. Die Druckpresse hat damit begonnen und seither sind wir
nicht mehr von ihr losgekommen. Aber was als ein Strom nützlicher
Informationen begann, hat sich inzwischen in eine
Sturmflut verwandelt. [...] |
Informationsschwemme der Gegenwart
Th:
ehemals nützliche Informationen haben sich zu einer Katastrophe
(„Sturmflut“) verändert |
Aus Millionen von Quellen auf dem ganzen
Erdball, aus jedem erdenklichen Medium - Lichtwellen, Ätherwellen,
Telexstreifen, Datenbanken, Telephondrähte, Fernsehkabel, Satelliten,
Druckmaschinen - sickert Information hervor. Dahinter hält sich in jeder
erdenklichen Form von Speicher - auf Papier, auf Video- und
Audiobändern, auf Platten, Film und Silikon-Chips eine noch viel größere
Masse abrufbarer Informationen bereit. |
Beispiele für moderne Informationsquellen und –technologie |
Die Information ist zu einer Art
Abfall geworden. Sie trifft
uns wahllos, richtet sich an niemand Bestimmten und hat sich
von jeglicher Nützlichkeit gelöst; wir werden von Information
überschwemmt, sind nicht mehr imstande, sie zu beherrschen,
wissen nicht, was wir mit ihr tun sollen. Und zwar deshalb
nicht, weil wir keine
kohärente Vorstellung von uns selbst, von unserem Universum und von
unserer Beziehung zueinander und zu unserer Welt besitzen. Wir wissen
nicht mehr, woher wir kommen und wohin wir gehen und warum. Wir verfügen
über keinen kohärenten Rahmen, an dem wir uns orientieren können,
wenn wir unsere Probleme definieren oder nach Lösungen für sie suchen
wollen, und haben deshalb auch keine
Maßstäbe, mit denen wir beurteilen können, was sinnvolle,
nützliche oder relevante Information ist. Unsere Abwehrmechanismen
gegen die Informationsschwemme sind zusammengebrochen; unser Immunsystem
gegen Informationen funktioniert nicht mehr.
Wir leiden unter einer Art von
kulturellem Aids. |
These:
Folge:
Information wird eine Art „Abfall“:
-
wahllos
-
ohne richtigen Adressaten
-
ohne Bindung an Nützlichkeit
-
vom Menschen nicht mehr beherrschbar
Mensch kann damit nichts mehr anfangen
Argumentation:
Basisargument:
ohne kohärente
Vorstellungen und Rahmen keine Möglichkeit zu erkennen, welche
Informationen sinnvoll, nützlich oder relevant sind
Folgerung/These:
gegen die
Informationsschwemme sind wir daher hilflos,
ohne
Orientierungssicherheiten dauerhafte Immunschwäche (AIDS) gegen
Informationsfülle |
Die Informationstechnologien des 20.
Jahrhunderts haben das alte Problem der Information auf den Kopf
gestellt: Während die Menschen früher nach Informationen suchten, um die
Zusammenhänge ihres wirklichen Lebens zu bewältigen,
erfinden sie heute
Kontexte, in denen ansonsten nutzlose Informationen scheinbar
nutzbringend angewendet werden können. Das Kreuzworträtsel, das
kurz, nachdem der Telegraph die moderne Informationsflut auslöste, zu
einem populären Zeitvertreib wurde, ist ein solcher Pseudokontext für
nutzlose Fakten; die Cocktailparty ist ein anderer, ebenso wie
Radioquizsendungen der dreißiger und vierziger Jahre und die
modernen Ratespiele im Fernsehen. Ihre vielleicht extremste
Ausformung hat diese Tendenz in dem ungeheuer erfolgreichen Spiel
"Trivial Pursuit" gefunden. |
These:
Die Nutzlosigkeit
von Wissen wird durch das Erfinden von scheinbar sinnstiftenden
Kontexten kompensiert.
Beispiele für
Pseudokontexte:
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Alle diese Phänomene liefern eine Antwort
auf die Frage: "Was soll ich mit den zusammenhanglosen Tatsachen tun?"
Und im Grunde genommen ist die Antwort immer die gleiche: "Benutze sie
zum Zeitvertreib, zur Unterhaltung, amüsiere dich mit ihnen." Mit
anderen Worten, die
Informationsschwemme bringt Pseudokontexte hervor, und Pseudokontexte
verwandeln sich, indem sie die Kluft zwischen Information und
sinnvollem Handeln noch weiter vertiefen,
in Unterhaltung. |
Folgerung / These:
Die Schaffung von
Pseudokontexten macht Wissen zum reinen Zeitvertreib
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Die Informationsschwemme führt auch zu
einem wachsenden Gefühl von Ohnmacht.
Die Nachrichtenmedien berichten uns über die Probleme im Nahen Osten, in
Nordirland, in Jugoslawien. Wir hören von der Zerstörung der Ozonschicht
und der Vernichtung der Regenwälder. Wird von uns nun erwartet, dass wir
selber etwas unternehmen? Die meisten von uns können bei der Lösung
solcher Probleme nicht aktiv werden. |
These:
Informationsschwemme bringt Ohnmachtsgefühle hervor
Beispiele: Katastrophenmeldungen aus
aller Welt
Argument:
Der Einzelne kann
nicht handelnd damit umgehen |
Und so wächst bei den Menschen ein Gefühl
der Passivität und Unfähigkeit, das unweigerlich in ein
verstärktes Interesse an der eigenen Person mündet. Wenn man in der Welt
nichts auszurichten vermag, kann man doch zumindest sich selbst
verändern. Man kann abnehmen, man kann sich die Haare anders färben, man
kann die Form der eigenen Nase oder die Größe der eigenen Brüste
verändern. |
Folge:
Interesse an der eigenen Person kompensiert Ohnmachtsgefühle |
Daraus, dass man tausend Dinge kennt und
weiß und nicht imstande ist, Einfluss auf sie zu nehmen, erwächst ein
eigenartiger Egoismus.
Schlimmer: Die meisten Menschen glauben immer noch, Information und
immer mehr Information sei das, was die Menschen vor allem benötigen.
Die Information bilde die Grundlage all unserer Bemühungen um die Lösung
von Problemen. |
Beispiele für
individuelle "Veränderungen"
Schlussfolgerung/These:
Informationsschwemme / Ohnmachtsgefühle lassen eigenartigen Egoismus
entstehen |
Aber unsere wirklich ernsten Probleme
erwachsen nicht daraus, dass die Menschen über unzureichende
Informationen verfügen. Wenn es zu einer Nuklearkatastrophe
kommt, dann nicht wegen unzulänglicher Information. Wenn Familien
zerbrechen, wenn Kinder misshandelt werden, wenn zunehmende
Kriminalität eine Stadt terrorisiert, wenn sich das
Erziehungswesen als ohnmächtig erweist, so nicht wegen mangelnder
Information, sondern weil
wir kein zureichendes Bewusstsein davon entwickeln, was sinnvoll und
bedeutsam ist. |
These:
Politische und
gesellschaftliche Probleme können nicht mit mehr Information gelöst
werden.
Beispiele:
-
Nuklearkatastrophen
-
Familienentwicklung
-
Kriminalität
-
Erziehungswesen
Argument:
Weil das
Bewusstsein darüber was sinnvoll und relevant ist, nicht vorhanden |
Um
dieses Bewusstsein zu entwickeln, brauchen die Menschen eine
glaubwürdige "Erzählung". Unter "Erzählung" verstehe ich hier
eine Geschichte über die Geschichte der Menschheit, die
der Vergangenheit Bedeutung zuschreibt, die Gegenwart erklärt und für
die Zukunft Orientierung liefert. Eine Geschichte, deren Prinzipien
einer Kultur helfen, ihre Institutionen zu organisieren, Ideale
zu entwickeln und ihrem Handeln Autorität zu verleihen.
Die Information als solche ist keine Erzählung und sie verdeckt in
der gegenwärtigen Situation nur die Tatsache, dass die meisten
Menschen nicht mehr an eine Erzählung glauben. [...] |
Schlussfolgerung
/These:
Die Menschen
brauchen eine glaubwürdige "Erzählung" ("Mythos")
-
Sie muss Vergangenheit und Gegenwart
deuten helfen und Orientierungssicherheit für die Zukunft geben
-
Sie soll die politischen und
gesellschaftlichen Strukturen organisieren helfen
-
Sie soll Ideale, Werte und Normen
setzen und durchsetzen helfen
|
Ohne
Erzählungen von transzendentem
Ursprung kann keine Kultur wirklich gedeihen und die Kraft
erhalten, den Menschen beim Sichten und Einschätzen von Informationen
ebenso zu helfen wie bei der Entscheidung darüber, welches Wissen ihnen
noch fehlt.[...] |
These:
Die Erzählung
muss transzendenten Ursprunges sein
These:
-
Transzendente Mythen lassen Kultur
gedeihen und sich weiter entwickeln
-
~ geben den Rahmen vor, in dem
Informationen wieder auf ihre Nützlichkeit eingeschätzt werden können
und müssen
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kohärent : zusammenhängend
transzendent : hier im Sinne von: übersinnlich, religiös,
weltanschaulich
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