▪
Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
▪
Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht
▪
Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
▪
Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Herzog Carl Eugen veranlasste
in der dritten Phase seiner Regierungszeit die Gründung einer ganzen Reihe
verschiedener pädagogischer Einrichtungen, von denen die 1770 gegründete ▪
Karlsschule die mit Abstand bedeutendste ist.
Natürlich gehen nicht alle Bemühungen um Bildung vom Herzog
bzw. herzoglichen Interessen aus. Das Elementar- und Lateinschulwesen, sowie
die höheren Bildungsanstalten und Universitäten haben ihre eigenen Wurzeln,
wenngleich der Herzog mit seinem erzieherischen Eifer das gesamte Schulwesen
des Landes durchdringt. (vgl.
Lahnstein 1981, S.43)
Auch andere Einrichtungen wie die 1769
gegründete ▪
Lesegesellschaft "Die Literaturfreunde" bemühen
sich um Bildung und kultivieren sie.
Die Karlsschule wird im Jahre 1770
gegründet und stellt zunächst ein
Waisenhaus
für elternlose Kinder von Militärangehörigen dar. Untergebracht in
Nebengebäuden seines Lustschlosses auf der »Solitude nimmt die Anzahl der
Zöglinge, meistens Soldatenkinder, rasch zu.
In dessen Folge
ändert sich auch das
Bildungskonzept der Anstalt. Statt klarer
beruflicher Orientierung nähert sich ihr Curriculum dem der »Lateinschulen
der Zeit an.
Von der militärischen Pflanzschule zur Militärakademie: Die
Karlsschule
Noch in der ersten Phase ihrer Entwicklung zwischen 1770 und
1775 auf der Solitude wird die Anstalt in militärische Pflanzschule umbenannt
(1771 ) und entspricht dann etwa dem, was man aus der Unter- und Mittelstufe einer höheren Schule
kennt (vgl.
Buchwald 1959, S.120).
In den
Kategorien zeitgenössischer Schulkultur ist die Anstalt eine "allgemeine Lateinschule mit
angegliedertem Militärwaisenhaus“ (Alt Bd. I, 2004,
S.82) Zugleich ähnelt sie mit ihren militärischen
Ritualen und Umgangsformen der Ritterakademie alten Typs, der exklusiv dem
Adel vorbehaltenen Eliteuniversität (ebd.)
Mit der militärischen Pflanzschule, die 1773 vom Herzog zur
Militärakademie
erhoben wird, geht der Herzog einen Weg, der zugleich das Ende anderer
Initiativen bedeutet, die sich einer Hebung der Allgemeinbildung bei
Militär, Beamten und im Bürgertum verschrieben hatten.
So geht »General
Ferdinand Friedrich Nicolais (1730-1814) Vorstoß, die "grenzenlose
Unwissenheit“ der Militärs mit der Gründung einer gemeinnützigen
Offiziersschule in enger Kooperation mit der Tübinger Universität
zu bekämpfen, im
weiteren Militärakademiekonzept des Herzogs mehr oder weniger auf.
Das ganze
Projekt, "ein wahres Mammutinstitut" (Buchwald 1959,
S.121) mit hohem Repräsentationswert, das Carl Eugen mit seiner Karlsschule verfolgt,
muss vom Herzog, bis seine Akademie letztlich universitären Rang erhält, gegen den Widerstand der Landstände, der Kirche
und sogar der Landesuniversität Tübingen durchgesetzt werden. (vgl.
v.
Wiese 1959/1963, S. 21f.)
Sie sehen darin, und da haben sie
schließlich nicht Unrecht, das Ziel des Herzogs, sich einen eigenen, ihm
persönlich völlig loyal ergebenen Beamtenapparat zu schaffen, der ihn von
der Abhängigkeit und Mitsprache seiner ständischen Gegner, die ihm jeden
Schritt zu einer wirklich absolutistischen Herrschaftsausübung in
Württemberg nach Kräften verwehren, befreien soll.
Die Intentionen des
Herzogs spiegeln sich auch in den folgenden Zahlen wider: Zwischen 1770 und
1793 gehen aus der Karlsschule (Akademie und Hochschule) 420
Militärpersonen, 357 Juristen, 182 Mediziner (erst ab 1776), 448
Kameralisten, Forst- und Handelsleute sowie 53 Musik- und Theaterkünstler
hervor. (vgl.
Sting
2005, S. 238)
Die Ecole des Demoiselles
Neben der militärischen Pflanzschule, die männlichen Schülern vorbehalten
ist, lässt Herzog Carl Eugen, wohl auf Betreiben von
»Franziska von Hohenheim
(1749-1811), zu dieser Zeit noch seine Mätresse, später 2. Ehefrau, eine
Ausbildungsstätte für Mädchen eröffnen, die allerdings in ihrer Bedeutung
weit hinter der militärischen Pflanzschule und späteren Militärakademie
zurückbleibt.
Die Ecole des Demoiselles
genannte Einrichtung (kurz auch das "Institut"), die nie mehr als 25
Schülerinnen hat, wird von Franziska von Hohenheim als Patronin betreut und
bezieht Räume im Gebäude der Marstallstr. 4, gegenüber dem ehemaligen
Grävenitz'schen Palais, das Carl Eugen seinem "Franzele" 1771 schenkt.
Ursprünglich als Ausbildungsstätte für heimische Balletttänzerinnen und
Sängerinnen gedacht, bekommen die in der Regel aus verdienten Offiziers- und
Beamtenfamilien stammenden Elevinnen auch eine für damalige Verhältnisse
bemerkenswert breite Allgemeinbildung vermittelt. Man unterrichtet sie im
Schreiben, Arithmetik, Französisch, Italienisch, Geschichte,
Erdbeschreibung, Sittenlehre, Musik und in Haushaltskunst. Wie die
Académie des Arts
und die
Musik- und Tanzschule wird das "Institut" zwischen 1770 und 1773 auf die
Solitude verlegt und im Jahre 1787 als zu kostspielig gänzlich aufgehoben.
Die Académie des Arts
Die 1764 mit dem Hof nach Ludwigsburg
verlegte
Académie des Arts, die unter Leitung des
herzoglichen Hausmarschalls Graf von Puttbus
und des Malers »Nicolas Guibal
(1725-1784) für den Bedarf
des Hofes Künstler, Kunsthandwerker, Theatermaler und Dekorateure ausbildet,
wird nach 1770 auf die »Solitude verlegt.
Die Künstlerakademie besteht beim
Umzug nach Ludwigsburg schon einige Jahre. In ihren Arbeitsräumen im 2.
Stock des östlichen Flügels des ▪
Neuen Corps de logis der
Ludwigsburger
Schlossanlage werden ihre Schüler von Künstlern des Hofes im Zeichnen,
in Malerei, Bildhauerei und Baukunst und später auch im Modellieren, in
Porzellanmalerei und Kunstgeschichte unterrichtet. Jährlich finden Prüfungen
statt und die besten Prüflinge erhalten in Anwesenheit des Hofes vom Herzog
selbst Preismünzen überreicht. (vgl.
Sting
2005, S.223)
Die Musik- und Tanzschule
Auch die 1769 erst im herzoglichen Auftrag gegründete
Musik- und Tanzschule erlebt in
ihrer Ludwigsburger Zeit wohl ihre besten Tage. In ihr wird der Nachwuchs für
Oper und Ballett herangebildet.
Die Einrichtung dieser Schule ist allerdings
weniger Bildungs- als Finanzinteressen des Herzogs geschuldet. Dessen
Ausgaben für ▪ Oper, ▪
Ballett und andere ▪
höfischeLustbarkeiten sind so hoch,
dass er sich in der Auseinandersetzung mit den einflussreichen Landständen
(▪ Ehrbarkeit) schon vor Abschluss
Erbvergleichss (1770) zur Senkung
seiner Ausgaben gezwungen sieht.
Carl Eugen (1728-1793), der zuvor die meist aus Italien
stammenden Künstler von Rang am liebsten mehrere Jahre verpflichtet, lässt
daher begabte Kinder von Orchestermitgliedern oder anderen Hofbediensteten
nach Unterzeichnung eines entsprechenden Vertrages durch die Eltern binnen
vier Jahren ausbilden, um sie später für vergleichsweise geringes Honorar
ins Hofensemble aufzunehmen. (vgl.
Alt Bd. I, 2004, S.49)
Statt
großer internationaler Stars wie die Primadonnen Maria Masi-Giura, Monica
Buonanni, Maria Giuseppina Maccherini, Caterina Bonafidi (Geliebte des
Herzogs) oder die Hoftänzerinnen Anna Maria Riccieri (Geliebte des Herzogs,
1764 im Alter von 16 Jahren verstorben) oder die singenden Kastraten
Francesco Bozzi, Gaetano Guadagni oder Giuseppe Poganelli und Tänzer wie
Gaetano Vestris (vgl.
Sting
2005, S.223), stehen nun auch mehr und mehr Landeskinder auf den
Bühnen. Als der Bedarf an Künstlern und Künstlerinnen gedeckt ist, wird die
Schule freilich wieder aufgelöst. 1780 sind sowohl die Académie des Arts als
auch die Musik- und Tanzschule nur noch Geschichte.
▪
Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
▪
Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht ▪
Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
▪
Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.09.2023
|