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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht
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Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
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Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Zum
gesellschaftlichen Leben in Ludwigsburg gehört auch die
Lesegesellschaft "Die Literaturfreunde“.
Der Begriff
Lesegesellschaft steht dabei für Organisationsgebilde verschiedener Art, zu
deren Gemeinsamkeiten die Pflege der Kulturtechnik Lesen als Ausdruck von
Bildung gehört. Lesegesellschaften entstehen im Allgemeinen in den achtziger
Jahren des 19. Jahrhunderts, auch wenn es schon gewisse Vorgängerformen
gibt, deren Entstehung bis in das 17. Jahrhundert zurückreichen. In ihnen
dokumentiert sich ein zunehmendes Lese- und Informationsbedürfnis und
zugleich der Wunsch, diese Informationen im gelehrten und gebildeten Kreis
zu kommunizieren. In der Regel sind sie in einem "vorpolitischen Raum" angesiedelt
(vgl.
Gerteis 1971, S.132) und nicht selten werden die ursprünglich auf
Bildung und Wissenschaft bezogenen Unterhaltungen vom Bedürfnis nach
Geselligkeit überlagert, das die meist aus dem gehobenen Bildungsbürgertum
oder aus dem Kreis städtischer Honoratioren stammenden Mitglieder
kultivieren.
So wundert es auch nicht, dass in vielen Lesegesellschaften
"wegen der vorwiegend 'gelehrten' Ziele politische Diskussionen überhaupt
unerwünscht oder verboten" waren. (ebd.)
"Nützliche Gelehrsamkeit" statt politischer Räsonnements ist also
gefragt, wenn sich die Mitglieder von Lesegesellschaften treffen.
Diese ist freilich auch "Ausdruck des emanzipatorischen Anspruchs der
Bildung, weil durch sie der Gebildete (der akademisch ausgebildete Bürger)
das Bewusstsein eines höheren Eigenwertes von dem Romane lesenden und in
Kneipen politische Kannegießereien betreibenden einfachen Mann auf der einen
Seite und dem 'hohlköpfigen' Höfling auf der anderen Seite erlangte." (ebd.,
S.131)
Die Ludwigsburger Lesegesellschaft "Die Literaturfreunde" wird 1769 von Professor
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Balthasar Haug
(1731-1792) gegründet, der 1766 von Herzog
Carl Eugen von seiner Pfarrei in Magdstadt noch Ludwigsburg berufen wird und
dort mit literarischen Privataufträgen des Herzogs betraut wird. Er lebt bis
1771 in der Stadt. Er hält in seinem Hause Vorlesungen, die von Angehörigen
der vornehmen Stände, insbesondere auch bildungsbeflissenen Offizieren, gerne
gehört werden. Mittwochs trifft man sich im Kreise der Lesegesellschaft, um
sich meist über Geschichte und Militärisches zu unterhalten. Ob
auch Politisches, ja sogar Kritisches über den Herzog und seine Hofhaltung
dabei zu Wort kommt, ist angesichts der Zusammensetzung der Mitglieder
eher unwahrscheinlich, wäre wohl mit ziemlicher Sicherheit auch dem Herzog
zugetragen worden, der bekannt dafür ist, Illoyalität konsequent zu ahnden.
Ursprünglich
verfolgt Haug das Ziel, eine gelehrte Gesellschaft, eine Art Akademie der
Wissenschaften zu gründen, aber als Carl Eugen mit der Entwicklung der
seiner Militärakademie andere Wege beschreitet, lässt er dieses Vorhaben
fallen. (vgl.
Sting 2005, S.245).
Zu den
Mitgliedern der "Literaturfreunde“ zählen alle, die auf Bildung und auf eine
"gepflegte“ Konversation Wert legen, so u. a.:
-
Johann Caspar
Schiller, Hauptmann in herzoglichen Diensten und Vater
Friedrich Schillers
-
Christoph Ludwig Kerner
(1744-1799), Oberamtmann und Regierungsrat, der sein Amt nach dem Tod des
Vaters Johann Georg Kerner (27.6.1766) gegen eine auch für den unter
Herzog Carl Eugen üblichen Ämterhandel erkleckliche Summe von 6.500 Gulden
übernimmt (vgl.
Sting 2005, S.523); Vater
von Carl und Justinus Kerner
-
Ferdinand Friedrich
Nicolai (1730-1814), General in der herzoglichen Armee, der in
Württemberg die reitende Artillerie einführt und frühzeitig für eine
verbesserte Aus- und Schulbildung von Offizieren eintritt (vgl. ebd. S,
249)
-
Georg Bernhard Bilfinger,
Geheimer Rat, berühmter Mathematiker und Professor der Theologie in
Tübingen (vgl. ebd. S. 156); wird u. a. bekannt durch die u. a. von ihm
durchgeführte Untersuchung gegen die beiden italienischen Baumeister
Donato Guiseppe Frisoni und Paolo Retti ein Jahr nach dem Tode Herzog
Eberhard Ludwigs (31.10.1733), denen zu Unrecht Veruntreuung von Geldern
vorgeworfen wird; bewirkt deren Freispruch bei Herzog Carl Alexander (reg.
1733-1737).
-
Graf von Puttbus,
Geheimrat und Hausmarschall, leitet u. a. die 1764 nach Ludwigsburg
verlegte Académie des Arts, in der Künstler, Kunsthandwerker, Theatermaler
und Dekorateure für die Bedürfnisse des Hofes und seines
Unterhaltungsbetriebs ausgebildet werden (vgl. ebd., S. 223); die
Einrichtung geht später in der Militärakademie auf der Solitude auf (vgl.
ebd., S. 239)
-
Hauptmann von Wolff
(später einer der aufsichtführenden Offiziere der Hohen Karlsschule
-
Generalleutnant Augé,
in dessen Grenadierregiment Friedrich Schiller nach seinem Medizinstudium
und seiner Entlassung aus der Militärakademie am 15.12.1780 bis zu seiner
Flucht nach Mannheim am 22. September 1782 als Regimentsmedicus dient
-
Theobald von Hügel,
Oberst; Kommandeur des I. Bataillons des so genannten Kap-Regiments, das
Herzog Carl Eugen 1776 im Rahmen eines Subsidienvertrages mit der
Holländisch-Ostindischen Kompanie (Handelsgesellschaft) in die
niederländische Kap-Kolonie verkauft und 1767 dorthin entsendet (1950
Mann, davon 1890 Mannschaften, 56 Offiziere, 2 evangelische Feldgeistliche
und 2 Chirurgen-Majore) (vgl. ebd. S.277)
-
Oberst Scheeler;
Befehlshaber der Baukompanie auf der Solitude
-
Oberpräzeptor Jahn,
Theologie und Lehrer an der Ludwigsburger Lateinschule und der
Militärakademie; ist an beiden Schulen einer der Lehrer Friedrich
Schillers
-
Christian Friedrich
Daniel Schubart, Musikdirektor, Organist, Dichter und Regimekritiker
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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht
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Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
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Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.09.2023