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Phasen der
Regierungszeit Carl Eugens (1744-1793)
Die Auseinandersetzung
mit den Ständen
Landesverfassung von 1514
Die knapp zwölf Jahre von 1764 bis 1775, die Carl Eugen mit seinem Hof in
Ludwigsburg residiert, fallen in zwei Phasen seiner Regierungszeit. Die
ersten sechs fallen noch in die Phase seiner Maßlosigkeit und seines
Despotismus (1752-1770), die letzen sechs in die bis zu seinem Tod (1793)
währende dritte Phase der vorsichtigen Annäherung an aufklärerisches
Gedankengut, „in denen sich der Herzog verstärkt Fragen des Gemeinwohls, des
Schulsystems und der Universitätsausbildung“ widmet. (vgl.
Alt Bd. I, 2004, S.33)
Ludwigsburg ist am Anfang des 18. Jahrhunderts auf dem Reißbrett entstanden.
Herzog Eberhard Ludwig, ein Onkel von Carl Alexander, dessen Sohn Carl Eugen
Württemberg seit 1744 regiert, verwirklicht sich mit dieser Städtegründung
einen Wunsch, den viele Fürsten im Zeitalter des Barock mit ihm teilen. Da
es ihnen in den verwinkelten Städten zu eng geworden ist und sich der
höfische Unterhaltungsbetrieb mit seinen Hoffesten und Jagden darin und in
ihrer näheren Umgebung nicht mehr ohne weiteres organisieren lässt, zieht es
sie hinaus in die offene Landschaft. Dort im Grünen werden die dafür
geeigneten Objekte gebaut, weitläufige und prunkvolle Schlossanlagen
errichtet und mit Städtegründungen oder - erweiterungen um die Residenz
herum die Infrastruktur geschaffen, die zur Versorgung des Hofes und seiner
Bediensteten sowie deren Unterbringung nötig ist. Der Trend zur Gründung von
Zweitresidenzen, der sich im Barock beobachten lässt, basiert auf den
allgemeinen Repräsentationsbedürfnissen, der Lust und dem Zwang zu einer
Zurschaustellung fürstlicher Macht und nährt sich vor allem aus der
Jagdleidenschaft der Fürsten und der um ihn am Hof versammelten Adeligen.
Der Ort, an dem die neue Residenz des Herzogs von Württemberg errichtet
werden sollte, wollte daher geschickt ausgewählt werden, damit die Hofleute
ihre Jagdgelüste gleichermaßen gut bei der Hoch-, Nieder- und Wasserjagd
austoben konnten. .(vgl. Lahnstein 1981, S. 27) Auch Herzog Carl Eugen,
dessen Jagdleidenschaft eine ganze Region mit Flurschäden zu spüren bekommt,
genießt diese Vorzüge Ludwigsburgs. (vgl.
Alt Bd. I, 2004, S. 34)
Reisen nach
Italien, die ihn 1753, 1762 und 1767 nach Venedig
führen. Angeregt davon lässt er in Ludwigsburg und Stuttgart ein
Vierteljahrhundert von 1768 bis zu seinem Tode 1793
venezianische Messen veranstalten, die
ein bedeutendes Ereignis der von ihm geprägten barocken Festkultur
darstellen. ((weiter mit Berger 1997, S.153))
(2.853 Wörter)
((Karlsschule auf der Solitude))
No. 17 Glanz und große Sause: Casanova gefällt es bei Carl Eugen
Zu jener Zeit (1760) war der Hof des Herzogs von Württemberg der glänzendste
in Europa... Die großen Ausgaben des Herzogs bestanden in großzügigen
Gehältern, prachtvollen Gebäuden, Jagdzügen und Verrücktheiten aller Art;
ein Vermögen kostete ihn jedoch das Theater. Es gab eine französische
Komödie, eine Komische Oper, eine italienische „Opera Seria“ und „Opera
buffa“, und zehn Paare italienischer Tänzer, von denen jedes bereits in
einem berühmten italienischen Theater als Solist aufgetreten war. Die
Ballette wurden von Noverre einstudiert, der oft hundert Figuranten
einsetzte, ein Maschinist baute ihm Dekorationen, die den Zuschauer fast an
Zauberei glauben ließen.
(aus: Giacomo Casanova: Geschichte meines Lebens. Bd. VI, Berlin 1985
No. 22 Gleißende Zitrusfrüchte
Man bewunderte besonders an diesem Tage in allen Blumenbettern des Gartens
eine Menge natürlicher Blumen, die sonst nur in den angenehmsten
Frühlingstagen in dem freyen Boden gefunden werden. Die Damen des Hofes
konnten diese Blumen nach Belieben brechen, wenn sie sich an ihrem Geruche
ergözen oder sich damit schmücken wollten. Beynahe eine Million Lampen, die
entweder nach den verschiedenen Figuren der Parterren auf der Erde standen
oder an den Mauern und Pfeilern der Einfassung festgemacht waren,
verbreiteten daselbst ... ein Licht, welches dem Gesichte ... die kleinsten
Gegenstände entdeckte. Diese grün, nach der Art zierlich beschnittener
Haagbuchen, überkleideten Pfeiler, machten längs der Galerie Schwibbögen,
und mit der Haupteinfassung selbst eine Art eines Säulenganges, den die
Grösse der Orangenbäume, die man dazwischen gestellet noch majestätischer
herausbrachte.
(Beschreibung der Dekoration von Carl Eugens Orangerie zum 34. Geburtstag
des Herzogs 1762 durch den Chronisten Joseph Uriot; zitiert nach Michael,
Wenger: Schloss Ludwigsburg. Führer durch die Räume, München o.J., Seite 53)
No. 11 Carl Eugen ist wohl gewachsen
Er ist sehr wohl gewachsen, von mittelmäßiger Statur, und hat in seiner
Stellung etwas ungezwungenes, nur daß er dieses edle Ansehen öfters durch
eine gar zu ernsthafte und stoltze Miene verdunkelt... Er hat einen edlen,
freien und kühnen Gang... Er sitzt gut zu Pferde... Er tanzt mit großer
Annehmlichkeit. Vom Tanzen ist er überhaupt ein großer Liebhaber, und hat es
in dieser Kunst weiter gebracht als mancher Tanzmeister. Eben dieses läßt
sich auch von ihm in Ansehung der Musik sagen, wovon er eine sehr gute
Kenntnis und einen unvergleichlichen Geschmack hat. Er schlägt ein gutes
Klavier und hat ein sehr feines musikalisches Gehör. Die größten Meister
machen sich aus seinem Beifall eine große Ehre und erkennen ihn für einen
gleich großen Liebhaber als starken Kenner... Er liest ein Manuscript mit
einer unglaublichen Geschwindigkeit, welches er vermutlich seinen vielen
Lehrmeistern in der Schreibkunst zu verdanken hat. Kaum glaubt man, daß er
ein Blatt nur obenhin übersehen habe, so hat er es schon ganz durchgelesen,
und weiß den Inhalt desselben. Vor gedruckten Büchern hingegen hat er einen
Ekel. Ich zweifle ob er in seinem Leben eines vom Anfang bis zum Ende
gelesen hat... Sie wissen nun Madame, daß der Herzog von Wirtemberg nichts
weniger als ein Gelehrter ist. Ohne die geringste Kenntnis von Historie, von
der Politik, von dem Fürsten und Völkerrecht, von dem besonderen Interesse
verschiedener Staaten und den Sitten und Gewohnheiten regiert er sein Land
blos nach den Grundsätzen, die ihm sein Genie und der Mutterwitz an die Hand
geben.
(aus: Die reine Wahrheit oder Denkwürdigkeiten des Hauses Wirtemberg, Köln
1765, 61)
No. 12 Carl Eugens blaue Augen
Seine Gesichtsbildung ist schön; er hat blaue Augen, die ihm wohl im Kopf
stehen, seine Blicke sind gesetzt und überaus gnädig, wenn er will.
Mehrenteils macht er aber eine etwas stolze Miene, und da er ohnehin die
üble Gewohnheit an sich hat, daß er das Halstuch sehr fest zuzieht, so
bekommt er dadurch ein etwas wildes Ansehen, anstatt daß er sonst kühn und
herzhaft aussehen würde. Obgleich er schlechte Zähne hat, so verstellt ihn
doch das Lachen nicht, und in seinem Lächeln ist etwas reizendes.
(aus: Die reine Wahrheit oder Denkwürdigkeiten des Hauses Wirtemberg,
Köln 1765, 66f.)
Als Carl Eugen stirbt, ist auch Schiller tief gerührt, wie aus den
Erinnerungen Kerners hervorgeht:
"Ob bei dem Leichenbegängnisse des Herzogs Karl, wie billig gewesen wäre,
die Schüler seiner Karlsakademie seinem Sarge folgten, weiß ich nicht; ich
glaube nicht, dass diese Veranstaltung getroffen wurde, aber e i n
Karlsschüler und zwar der größte, den diese Schule hegte, befand sich damals
zufällig in Ludwigsburg und sah mit Gefühlen kindlicher Wehmut, die der
lebende Herzog wohl nicht von ihm erwartete, seiner Leiche nach.[...]
Als Schiller damals auf einem Spaziergange der Gruft des Herzogs nahe kam,
sprach er zu seinem Freunde Hoven: »Da ruht er also, dieser rastlos tätig
gewesene Mann. Er hatte große Fehler als Regent, größere als Mensch; aber
die ersten wurden von seinen großen Eigenschaften weit überwogen, und das
Andenken an die letzteren muss mit dem Tode begraben werden; darum sage ich
dir, wenn du, da er nun dort liegt, nachteilig von ihm sprechen hörst, traue
diesem Menschen nicht, er ist kein guter, wenigstens kein edler Mensch.«
(aus: Justinus Kerner: Das Bilderbuch aus meiner Knabenzeit. Hrsg. Raimund
Pissin. Berlin u. a. 1914)
(wird weiter bearbeitet!)
© Gert Egle, teachSam - 24.02.07 |
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