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Preußische Zensurverordnung - 18. Oktober 1819

 Vom Wiener Kongress bis zur Revolution 1815-1848/49

 
GESCHICHTE
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Preußische Zensurverordnung - 18. Oktober 1819

Art. 1. Alle im unseren Lande herauszugebende Bücher und Schriften, sollen der in den nachstehenden Artikeln verordneten Zensur zur Genehmigung vorgelegt, und ohne deren schriftliche Erlaubnis weder gedruckt noch verkauft werden.

Art. 2. Die Zensur wird keine ernsthafte und bescheidene Untersuchung der Wahrheit hindern, noch den Schriftstellern ungebührlichen Zwang auflegen, noch den freien Verkehr des Buchhandels hemmen. Ihr Zweck ist, demjenigen zu steuern, was den allgemeinen Grundsätzen der Religion, ohne Rücksicht auf die Meinungen und Lehren einzelner Religionsparteien und im Staate geduldeter Sekten, zuwider ist, zu unterdrücken, was die Moral und gute Sitten beleidigt, dem fanatischen Herüberziehen von Religionswahrheiten in die Politik und der dadurch entstehenden Verwirrung der Begriffe entgegen zu arbeiten; endlich zu verhüten, was die Würde und Sicherheit, sowohl des Preußischen Staats, als der übrigen deutschen Bundesstaaten, verletzt. Hierher gehören alle auf Erschütterung der monarchischen und in diesen Staaten bestehenden Verfassungen abzweckende Theorien; jede Verunglimpfung der mit dem Preußischen Staate in freundschaftlicher Verbindung stehenden Regierungen und der sie konstituierenden Personen, ferner alles was dahin zielt im Preußischen Staate, oder den deutschen Bundesstaaten Missvergnügen zu erregen und gegen bestehende Verordnungen aufzureizen; alle Versuche im Lande und außerhalb desselben Parteien oder ungesetzmäßige Verbindungen zu stiften, oder in irgend einem Lande bestehende Parteien, welche am Umsturz der Verfassung arbeiten, in einem günstigen Lichte darzustellen.

Art. 3. Die Aufsicht über die Zensur aller in Unsern Landen herauskommenden Schriften, welchen Inhalts sie sein mögen, wird ausschließlich den Ober-Präsidenten, sowohl in Berlin als in den Provinzen, übertragen, welche für jedes einzelne Fach eine zur größtmöglichsten Beschleunigung erforderliche Anzahl vertrauter wissenschaftlich gebildeter und aufgeklärter Zensoren durch das im §. VI. bestimmte Ober-Zensur-Kollegium, dem Polizei-Departement des Ministeriums des Innern, in Absicht auf auswärtige Verhältnisse, dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, und auf theologische und wissenschaftliche Werke dem Ministerium der geistlichen Angelegenheiten und des öffentlichen Unterrichts vorschlagen werden, um unter ihrer Leitung und nach den ihnen gegebenen Instruktionen sich der Beurteilung der ihnen übergebenen Manuskripte, nach den im Artikel II. festgesetzten Grundsätzen zu unterziehen.

Art. 4. Die Zensur der Zeitungen, periodischen Blätter und größeren Werke, welche sich ausschließlich oder zum Teil mit der Zeitgeschichte oder Politik beschäftigen, steht unter der obersten Leitung Unsers Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, die der theologischen, rein wissenschaftlichen Werke, unter dem Ministerium der geistlichen Angelegenheiten und des öffentlichen Unterrichts. Alle übrige Gegenstände der Zensur unter dem Polizei-Departement im Ministerium des Innern.
Die Zensur von Gelegenheits-Gedichten und Schriften, Schulprogrammen und ändern einzelnen Blättern dieser Art, außer den Ober-Präsidial-Städten, bleibt den Polizei-Behörden des Druckortes, jedoch unter der Aufsicht und Kontrolle der Ober-Präsidenten, überlassen.

Art. 5. Alle katholischen Religions- und Andachtsbücher müssen, ehe sie der gewöhnlichen Zensur übergeben werden, von dem Ordinarius oder seinem Stell- Vertreter das Imprimatur erhalten haben, wodurch bezeugt wird, dass sie nichts enthalten, was der Lehre der katholischen Kirche zuwider wäre.

Art. 6. Es soll in Berlin ein nach Verschiedenheit der Gegenstände den in den §§. III. und IV. benannten Staats-Ministerien unmittelbar untergeordnetes, aus mehrern Mitgliedern und einem Sekretär bestehendes Ober-Zensur-Kollegium für die ganze Monarchie errichtet werden.
Dessen Hauptbestimmung soll sein:
1) die Beschwerden der Verfasser und Verleger wegen gänzlicher oder partieller Verweigerung der Erlaubnis zum Drucke zu untersuchen, und nach dem Geiste des gegenwärtigen Gesetzes in letzter Instanz darüber zu entscheiden;
2) über die Ausführung des Zensur-Gesetzes zu wachen, jede ihm bekannt gewordene Übertretung desselben, so wie die Fälle, wo die verordneten Zensoren dem Geiste des gegenwärtigen Gesetzes nicht Genüge geleistet zu haben scheinen, oder über welche sich eine fremde oder einheimische Behörde beklagt hat, mit einem Gutachten dem betreffenden Ministerium anzuzeigen;
3) mit den Ober-Präsidenten und Zensur-Behörden über Zensur-Angelegenheiten zu korrespondieren, ihnen die von den oben erwähnten Staats-Ministerien ausgehenden Instruktionen zukommen zu lassen, so wie ihre allfallsige Zweifel und Bedenklichkeiten nach den ihm von den gedachten Ministerien gegebenen Vorschriften zu heben;
4) das Verbot des Verkaufs derjenigen innerhalb oder außerhalb Deutschlands mit oder ohne Zensur gedruckten Bücher, deren Debit unzulässig scheint, durch Berichte an die vorgedachten Ministerien zu veranlassen.

Art. 7. Die der Akademie der Wissenschaften und den Universitäten bisher verliehene Zensur-Freiheit wird auf fünf Jahre hiermit suspendiert.

Art. 8. Die inländischen Buchhändler sind gehalten, die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes auch alsdann zu beobachten, wenn sie ein Buch im Auslande drucken lassen, auch sind sie dieser Verpflichtung nicht entbunden, wenn! die ganze Auflage bloß fürs Ausland bestimmt ist.

Art. 9. Alle Druckschriften müssen mit dem Namen des Verlegers und Buchdruckers, letzterer am Ende des Werks, alle Zeltungen und Zeitschriften mit dem Namen eines im preußischen Staate wohnhaften bekannten Redakteurs versehen sein.
Die Ober-Zensurbehörde ist berechtigt, dem Unternehmer einer Zeitung zu erklären, dass der angegebene Redakteur nicht von der Art sexy, das nötige Zutrauen einzuflößen, in welchem Falle der Unternehmer verpflichtet ist, entweder einen ändern Redakteur anzunehmen, oder wenn er den ernannten beibehalten will, für ihn eine von Unsern oben erwähnten Staats-Ministerien auf den Vorschlag gedachter Ober-Zensurbehörde zu bestimmende Kaution zu leisten.

Art. 10. Es bleibt einem Buchdrucker oder Verleger überlassen, das von ihm zu druckende Werk entweder im Ganzen in einer deutlichen Abschrift, oder stückweise in gedruckten Probebogen zur Zensur einzureichen, in letzterem Falle hat er es sich jedoch selbst beizumessen, wenn nach Vollendung eines Teils des Drucks der Zensor einen folgenden Abschnitt unzulässig fände, und durch Wegstreichen desselben das bereits Gedruckte unnütz würde. Das zur Zensur überreichte Manuskript wird von dem Zensor auf der ersten und letzten Seite mit seinem Namen und dem Datum bezeichnet.
Ist das Werk bogenweise der Zensur überreicht worden, so muss das Imprimatur auf jedem Bogen ausgedrückt sein. Die Erlaubnis zum Druck ist nur auf ein Jahr gültig; ist der Druck nicht im Laufe desselben besorgt worden, so muss eine neue Erlaubnis nachgesucht werden.

Art. 11. Keine außerhalb der Staaten des deutschen Bundes in deutscher Sprache gedruckte Schrift, kann in den Königlichen Staaten verkauft werden, ohne die ausdrückliche Erlaubnis der Ober-Zensurbehörde.

Art. 12. Keine in Deutschland verlegte Schrift in irgend einer Sprache, wo auf dem Titel nicht der Name einer bekannten Verlagshandlung steht, und welche der Buchhändler nicht durch diese oder eine andere bekannte, welche für die Richtigkeit dieses Namens Gewähr leistet, erhalten hat, darf verkauft werden.

Art. 13. Der Buchdrucker und Verleger, welcher die in gegenwärtigem Gesetze bestimmte Vorschrift befolgt und die Genehmigung zum Abdruck einer Schrift erhalten hat, wird von aller fernem Verantwortlichkeit wegen ihres Inhalts völlig frei. Sollte der im §. 6. des Bundesgesetzes vom 20sten September vorausgesehene Fall eintreten, und die Bundesversammlung die Unterdrückung einer solchen unter gehöriger Beobachtung der gegenwärtigen Zensur-Vorschrift erschienenen Schrift verfügen; so hat der Verleger Anspruch auf Entschädigung zu machen. Dem Verfasser kann in keinem Falle eine gleichmäßige vollständige Befreiung von Verantwortlichkeit zu Statten kommen, sondern, wenn es sich finden sollte, dass er des Zensors Aufmerksamkeit zu hintergehen (z. B. durch eingestreute strafwürdige Anspielungen oder Zweideutigkeiten, deren beabsichtigter Sinn dem Zensor verborgen bleiben konnte) oder sonst durch unzulässige Mittel die Erlaubnis zum Druck zu erschleichen gewusst habe, so bleibt er deshalb, besonders bei einzelnen, in einem weitläufigen Werke vorkommenden unerlaubten Stellen, nach wie vor verantwortlich. Ist in einem solchen Werke der Verfasser nicht genannt, so muss der Verleger denselben anzeigen; wenn er dieses nicht kann oder nicht will, oder der Verfasser ist nicht ein im Lande gegenwärtiger preußischer Untertan, so muss der Verleger die Verantwortung an dessen Stelle übernehmen. Übrigens versteht es sich von selbst, dass wenn in einer Schrift Stellen vorkommen, wodurch eine Person sich für beleidigt hält, derselben, der erfolgten Zensur und Erlaubnis zum Druck ungeachtet, ihre Rechte gegen den Verfasser und Verleger vorbehalten bleiben.

Art. 14. Eine unveränderte neue Auflage eines Werks, das seit der Bekanntmachung gegenwärtiger Zensur-Vorschrift mit Erlaubnis erschienen war, kann ohne weitere Zensur auch im Auslande gedruckt werden, nur muss der Verleger der Zensurbehörde, unter welcher der Buchdrucker steht, oder wenn es außerhalb gedruckt wird, derjenigen seines Wohnorts die gehörige Anzeige machen.

Art. 15. Der Verleger ist, wenn er ein Werk mit Erlaubnis hat drucken lassen, zu keiner Entrichtung für Zensur-Gebühren, auch von Bekanntmachung gegenwärtiger Zensur-Vorschrift an, zu keiner Ablieferung von irgend einem Frei-Exemplar an eine Bibliothek verbunden. Jedoch verbleibt die Verpflichtung zur Abgabe eines Exemplars an den Zensor.

Art. 16. 1) Jeder Buchdrucker in Unsern Staaten, welcher eine Schrift druckt, und jeder inländische Verleger, der eine Schrift im Inn- oder Auslande drucken lässt, ohne diesen Zensur-Vorschriften zu genügen, verfällt bloß deshalb in eine polizeiliche Strafe, nach Maßgabe der Gefährlichkeit des Inhalts von Zehn bis Einhundert Reichstaler und außerdem ist die Polizei befugt, die ganze Auflage einer solchen Schrift in Beschlag zu nehmen. Bei Wiederholung dieses Vergehens wird die Strafe verdoppelt. Ist der Verfasser selbst Verleger, so treffen auch ihn die Strafen des Verlegers. Buchhändler und Buchdrucker, die zum dritten Male sich solcher Vergehungen schuldig machen, sollen der Befugnis zu diesem Gewerbe verlustig sein.
2) Ist der Inhalt einer solchen Schrift an sich strafbar, so treten außerdem die gesetzlichen richterlichen Strafen ein, wobei Wir erklären, dass bei frechem und unehrerbietigem Tadel und Verspottung der Landesgesetze und Anordnungen im Staate es nicht bloß darauf ankommen soll, ob Missvergnügen und Unzufriedenheit veranlasst worden sind, sondern eine Gefängnis- oder Festungs-Strafe von Sechs Monaten bis Zwei Jahren wegen solcher strafbaren Äußerungen selbst verwirkt ist. Eine gleiche Strafe soll Statt finden, bei Verletzung der Ehrerbietung gegen die Mitglieder des deutschen Bundes und gegen auswärtige Regenten, und bei frechem, die Erregung von Missvergnügen abzweckendem Tadel ihrer Regierungen.
3) Für den Inhalt der Schrift ist zunächst der Verfasser, wenn aber der Verleger diesen Unsern Gerichten nicht stellen kann oder will, auch der Verleger verantwortlich.
4) bloß die Unterlassung der wahren Anzeige des Verlegers auf dem Titel einer Schrift, wenn sie auch mit Zensur gedruckt ist, soll polizeilich mit eitler Geldbuße von fünf bis fünfzig Reichstalern an den Verleger bestraft werden. Eben so soll der Drucker bestraft werden, der eine Zeitung oder periodische Schrift ohne den Namen des Redakteurs druckt.
5) Wer verbotene Schriften verkauft oder sonst aussiebt, soll außer der Fiskation der bei ihm davon vorhandenen Exemplare mit einer Polizeistrafe von zehn bis einhundert Reichstalern, im Wiederholungs-Falle mit Verdoppelung derselben und im dritten Falle, außer der doppelten Geldbuße, mit Verlust des Gewerbes bestraft werden.
Zu den Verbotenen gehören alle in Deutschland, ohne Namen des Verlegers erscheinende Schriften, und alle deutsche Zeitungen und Zeitschriften, auf denen der Name des Redakteurs fehlt.

Art. 17. Zeitungen und andere periodische Schriften, sobald sie Gegenstände der Religion, der Politik, der Staatsverwaltung und der Geschichte gegenwärtiger Zeit in sich aufnehmen, dürfen nur mit Genehmigung der oben gedachten Ministerien erscheinen, und sind von denselben zu unterdrücken, wenn sie von dieser Genehmigung schädlichen Gebrauch machen.

(aus: http://www.heinrich-heine-denkmal.de/dokumente/zensurgesetz.shtml , - an moderne Rechtschreibung angepasst)

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 12.10.2023

   
   Arbeitsanregungen:
  1. Arbeiten Sie in einer tabellarischen Übersicht die Bestimmungen der preußischen Zensur-Verordnung heraus.

  2. Welche Absichten werden damit verfolgt?

  3. Vergleichen Sie die Zensurverordnung mit dem Pressegesetz der Karlsbader Beschlüsse.

  4. Rollenspiel: Drei Verleger überlegen, wie sie unter diesen Bedingungen ihre publizistische Tätigkeit fortsetzen sollen.

 
   
 

 
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