Um in den besonderen
Rechtsraum einer Universität aufgenommen zu werden, mit anderen
Worten ein Studium zu beginnen, bedurfte es eines förmlichen
Rechtsakts, der in der »Matrikel,
dem Verzeichnis aller Studenten aktenkundig gemacht wurde.
Bei der
Immatrikulation, für die
gewöhnlich keine größeren Gebühren anfielen, wurde der Name und die
Herkunft des Studenten verzeichnet, der danach rechtlich gesehen
akademischer Bürger («civis academicus») wurde und der
Gerichtsgewalt des Rektors unterstand. Gewöhnlich musste ein
neuer Student dafür einen
Immatrikulationseid leisten, mit dem er sich dazu verpflichtete,
die Rechte und eines Mitglieds der Universität zu erfüllen und
insbesondere dem Rektor Gehorsam zu leisten. Akademische Bürger
waren im Übrigen auch "Gewerbetreibende, die in dauernder Verbindung
mit der Universität standen", darunter "Gastwirte und ihr Personal,
Buchdrucker, Buchbinder u. a. m., die sich stolz akademische Bürger
nennen durften" und wie die Studenten auf die Statuten der
Universität vereidigt wurden. (Bauer
1926, S.74) Wer nicht zur Universität gehörte, den nannten die
akademischen Bürger Philister.
Zur Aufnahme in die
Gemeinschaft der Universität gehörte auch ein Initiations-Ritual,
das in der zeitgenössischen Terminologie als
▪ Deposition bezeichnet wurde, für das
die Universität Gebühren verlangte. Depositionsrituale gingen
meistens mit erniedrigenden und quälerischen Auswüchsen einher.
Nach der förmlichen
Aufnahme in den Personenverband einer Universität, nach
Immatrikulation und
▪ Deposition,
konnte eine Student, sofern ihm das sogenannte ▪
Pennaljahr keinen Strich durch
die Rechnung machte, sein Studium aufnehmen. In der Regel ging er
dazu zunächst auf die
▪ Artistenfakultät,
es sei denn, er konnte, weil er z. B. schon eine höhere Schule, wie
z. B. ein
»Gymnasium
illustre besucht hat, die als
▪ Bakkalaureat
anerkannt wurde, gleich an den höheren Fakultäten anfangen.
Die überwiegende Zahl der Studenten in Wien, so wie an allen
mittelalterlichen Universitäten, die sich nach dem Vorbild der
Pariser Universität richteten, waren Scholaren der
Artistenfakultät. Sie waren bei Eintritt in
die Universität meist erst zwischen 14 und 16 Jahre alt und hatten
wohl meistens bereits Elementarunterricht an einer ▪
Lateinschule erhalten.
Den
Statuten der Fakultät entsprechend waren sie einer strengen
Disziplinarordnung unterworfen, die ihren Tagesablauf penibel regelte
und als Kleidung ein dem Klerikerstand entsprechendes Habit
vorschrieb. Die Scholaren sollten, solange es sie gab, in von der Fakultät überwachten
Häusern (Bursen, Kodreien) wohnen und sich darüber hinaus einer
sogenannten ▪
famila scholarium (Magister- bzw. Schülerfamilie) familie“
anschließen. Darunter ist eine Gruppe von Scholaren zu verstehen,
die von einem Magister der Universitätund den ihm
untergeordneten Scholaren zu verstehen. Die so entstandene
persönliche Bindung sollte die Aufrechterhaltung der Disziplin und
einen kontrollierten Studiengang garantieren. Dies waren die
vorgeschriebenen Normen, die im universitären Alltag jedoch nicht
immer eingehalten wurden.
Weil die Aufnahme in
die Universität "zugleich der Eintritt in eine privilegierte
Rechtsgemeinschaft (war), die Ortsfremden Schutz vor dem Zugriff
lokaler Obrigkeiten gewährte" (Maisel
2018), strebten sie auch Personen an, die gar nicht studieren
wollten, "für die jedoch der vorübergehende Status eines Studenten
in ihrem Lebenszyklus eine attraktive Option darstellte." (ebd.)
Von den in den Matrikelverzeichnissen aufgeführten
"Universitätsbesuchern" war die Zahl derer, die nicht einmal das
▪ Bakkalaureat erreichten, wie das Beispiel der Universität Wien im
15. Jahrhundert zeigt, sogar in der deutlichen Überzahl. (vgl.
ebd.) Die
Gründe dafür sind sicher vielfältig.
Dafür sorgte
sicherlich aber auch die Tatsache, dass die Gebühren, die für das
Studium anfielen, nicht besonders hoch waren und mittellose
Studenten, die so genannten pauperes,
davon auch befreit werden konnten.
Grundsätzlich lag dies
aber auch an
der mittelalterlichen Auffassung, wonach "das Wissen als Geschenk
Gottes nicht verkauft werden dürfe («scientia donum Dei est, unde
vendi non potest»).(Fisch
2015, ebd.)
Richtig teuer konnte es aber werden, wenn man
die Verleihung eines akademischen Grades durch die Universität
anstrebte. Wer einen Doktortitel haben wollte, musste nicht nur für
die Promotionsgebühren kräftig in die Tasche greifen, sondern durfte
sich auch danach nicht lumpen lassen und hatte alle an der Prüfung
Beteiligten zu einem "Doktorschmaus" einzuladen. (vgl.
ebd.) Die
▪ hohen akademischen Abschlüsse
und Grade wurden allerdings nur von wenigen Studenten
angestrebt, wohl auch weil den meisten schlicht die finanziellen
Mittel dazu fehlten.
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
06.12.2024