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Eine materialgestützte Erörterung
ist eine schulische Schreibform. Die
Schreibaufgabe besteht darin, sich im Rahmen eines erörternden Texts, manche sagen auch argumentativer Text dazu, mit
einem Thema auseinanderzusetzen, über das man sich mit einer Auswahl
unterschiedlicher Materialien informieren kann. Die Materialien bestehen
aus einer Auswahl unterschiedlicher
kontinuierlicher und
diskontinuierlicher Texte, d. h. es finden
sich darin
In der Regel ist eine bestimmte Themenstellung bzw. Problemstellung Teil der
jeweiligen Schreibaufgabe.
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So könnte sie z. B. als freiere Form der
Erörterung, zu denen Materialien über die Bereitschaft, sich in unserer
Gesellschaft ehrenamtlich zu engagieren, lauten:
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Eine anderes Beispiel mit
Materialien über Medien und die
Mediengesellschaft könnte lauten:
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Medien sind aus unserer Welt heute nicht mehr
wegzudenken. Schreiben Sie eine Rede, mit der Sie auf einer
Schulversammlung dafür eintreten, einen schulinternen, kostenlosen und
für alle Endgeräte verfügbaren Hotspot für die mobile Internetnutzung
einzurichten.
In beiden Beispielen ist neben der Themen- bzw.
Problemstellung auch das Textmuster vorgegeben, dem beim Schreiben gefolgt
werden soll (Kommentar bzw. Rede). Das ist, schon aus Zeitgründen,
insbesondere bei Klassenarbeiten und Klausuren, üblich.
Aber die Schreibaufgabe kann natürlich auch komplexer gestellt sein. Das ist
z. B. dann der Fall, wenn man aus den vorgegebenen Materialien selbst eine
Problemstellung erarbeiten muss, die im Anschluss daran erörtert werden
soll. Das Erschließen einer solchen Problemstellung kostet natürlich in der
Planungsphase deutlich mehr Zeit.
Noch komplexer kann die Schreibaufgabe werden, wenn die Materialien zu einem
bestimmten Thema (mit oder ohne konkrete Fragestellung) selbst recherchiert
und mit einer zahlenmäßigen Begrenzung ausgewählt werden müssen, um eine
entsprechende Informationsgrundlage für das eigene Erörtern zu schaffen.
Eine solche Schreibaufgabe wird z. B. als so genannte
Kompendiumaufgabe in den Abschlussprüfungen für die Realschule in
Baden-Württemberg, aber auch anderen Bundesländern, verwendet.
Expliziter und impliziter Textbezug
Die Materialien dienen im Allgemeinen als
Informationsgrundlage zum Thema. Damit soll vermieden werden, dass
Schülerinnen und Schüler quasi aus dem hohlen Bauch schreiben, ohne sich mit
wesentlichen Informationen zum Thema und ggf. kontroversen Standpunkten dazu
vertraut gemacht zu haben. Auch wenn man sich - sofern die Schreibaufgabe
nicht anderes vorsieht - nicht explizit mit einem Text und seinen Aussagen
auseinandersetzen muss, wie dies bei der
Texterörterung der Fall ist, ist die
inhaltliche Erfassung der Materialien ein Muss! Dennoch ist einem
bei einteiligen Schreibaufgaben nach dem obigen Muster weitgehend selbst
überlassen, was und wie viel davon in die eigentlichen Erörterung einfließt.
Verlangt wird dabei aber keine ausdrückliche (explizite) Bezugnahme auf
Inhalte und Aussagen der vorliegenden Materialien, aber irgendwie einfließen
lassen, sollte man schon einiges davon (impliziter Textbezug). Nur
Abschreiben geht natürlich gar nicht und auch das bloße Referieren und
Paraphrasieren ist weder eine eigenständige gedankliche Leistung noch
entspricht dies der geforderten eigenständigen sprachlichen Gestaltung mit
deutlicher Distanz zu den Materialien der Auswahl.
Wo beim Erörtern auf die Materialien konkret Bezug genommen wird, muss das
auch kenntlich gemacht werden. (→Zitieren:
Die wichtigsten Regeln)
Um die Schülerinnen und Schüler zu einem reflektierten
Umgang mit den in den Materialien angebotenen Informationen und Standpunkten
anzuhalten, wird dies mitunter auch in der Schreibaufgabe selbst formuliert
und damit auch eingefordert. Ein Beispiel des Staatsinstituts für
Schulqualität und Bildungsforschung München für die Abiturprüfung in Bayern
kann dies verdeutlichen:
"Nehmen Sie Stellung zu der Notwendigkeit, den Möglichkeiten und den
Grenzen der Sprachpflege in der heutigen Zeit! Beziehen Sie sich bei
Ihren Ausführungen auch auf die beigefügten Bild- und Textmaterialien!"
(http://www.isb.bayern.de/download/10363/materialgestuetztes_eroertern.pdf,
12.2.2013)
Man sollte sich indessen nicht täuschen lassen:
Die Materialien haben immer ihren Sinn und ihre Inhalte müssen bei der
Erörterung im Blick gehalten werden. So heißt es denn an gleicher
Stelle, dass die Problemstellung eigenständig und inhaltlich fundiert zu
behandeln ist. Zugleich sollen aber auch "Kerngedanken aus den
Materialien aufgegriffen und inhaltlich selbständig verarbeitet werden."
(ebd.,
Hervorh. d. Verf.)
Und was vielleicht noch wichtiger ist:
"Das Material liefert Informationen für eine vertiefte Auseinandersetzung
und erleichtert die Stoffsammlung, woraus sich ein gesteigerter
inhaltlicher Anspruch ergibt."
Einteilige und mehrteilige Schreibaufgaben
Schreibaufgaben zum materialgestützten Erörtern können
entweder einteilig oder mehrteilig sein.
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Einteilig sind
alle Schreibaufgaben, die aus einer kurzen Problemstellung und einem
Schreibauftrag, meistens mit Vorgabe eines bestimmten Textmusters,
bestehen. (vgl. Beispiele oben)
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Mehrteilig sind Schreibaufgaben, die im
Allgemeinen aus zwei oder drei einzelnen Schreibaufgaben bestehen, die
als Textprodukt keinen gemeinsamen, einzelnen, in sich geschlossenen
Text ergeben. Stattdessen werden unterschiedliche Schreibaufgaben
gestellt, die sich zwar im vorgegebenen thematischen Zusammenhang
bewegen, aber unterschiedliche Schreibformen darstellen. Meistens wird
dabei eine Schreibaufgabe vorangestellt, welche die →inhaltliche
Erfassung der Materialien und/oder die
→Herausarbeitung
des Gedankenganges mit seinen argumentativen Strukturen
dokumentieren soll. Solche Schreibaufgaben zur
Textwiedergabe sind, wie auch andere Schreibaufgaben, der
eigentlichen Erörterungsaufgabe, die, meistens in freieren Formen, zu
einem in sich geschlossenen (=kohärenten)
Text führen, vorangestellt.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
29.09.2013 |
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