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Der
Begriff Medienkompetenz ist
heute in aller Munde, wenn es darum geht, Eigenschaften und Fähigkeiten
eines Menschen zu beschreiben, der in der heutigen und zukünftigen
Informationsgesellschaft leben und handeln soll. Der Weg von der
Industriegesellschaft in die globale Informationsgesellschaft lässt sich
dabei nach Schorb
(1997b, S.236) durch drei Teilprozesse charakterisieren:
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Ablösung der von Menschen gesteuerten Produktion durch
eine mediale, computerisierte Produktion
-
Informationen, d. h. Kommunikationsinhalten jedweder Art,
als Grundlage von Handel und Wandel der Gesellschaft
-
Verwandlung von bislang öffentlich zugänglichen
Informationen (z. B. in Massenmedien oder öffentlichen Einrichtungen) in
Waren, an die man nur noch gegen Geld herankommt
Der Begriff
Medienkompetenz
Es kursieren mittlerweile vielfältige Definitionen des Begriffs,
manche von ihnen sind sehr weit, andere eher eng gefasst. Ihre
Bandbreite begrenzen zwei Pole: Eine Auffassung versteht unter
Medienkompetenz lediglich die Anpassung bzw. Weiterentwicklung von
Fertigkeiten des modernen Menschen, die mit der technischen Handhabung von
Medien im Tempo eines rasanten technologischen Wandels einhergehen, die
andere öffnet weit darüber hinausgehend den Begriffsumfang auch auf Aspekte wie
kritische Reflexion und aktive Gestaltung der Medienlandschaft und
sämtlicher vernetzten und medialen Umgebungen. (vgl.
Schorb 1997b, S.235)
Begriffe: Kompetenz, Erziehung und Bildung
Der Begriff Kompetenz steht in dieser
Verwendung zwischen den benachbarten Begriffen Bildung und
Erziehung.
-
Erziehung wird dabei als ein intentionaler Prozess
verstanden, der sich an einem oder mehreren Erziehungszielen orientiert,
oder, wie es
Baacke (1999a, S. 31)
ausdrückt, "im Idealfall pädagogisch-professionelle Handlungsakte in
systemischen Zielkontexten" bedeutet.
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Bildung dagegen geht vom
einzelnen Menschen, dem Bildungssubjekt, aus, einem "Ich", das "zwar durch
‚Erziehungsakte‘ beeinflusst werden kann, aber letztlich unverfügbar bleibt,
so dass dem zu Bildenden zwar Bildungsgelegenheiten zur Verfügung gestellt
werden können, er aber nicht (wie es ‚Erziehung‘ gern möchte) zum Objekt
sicherer Gelingensresultate bestimmt werden kann." (ebd.,
S. 31f.)
Wenngleich in der Praxis meist eine weitgehend
zweckorientierte Verwendung des Begriffs Medienkompetenz dominiert, liegen
seine maßgeblichen Wurzeln in der Gesellschaftstheorie. 1972 bringt Dieter Baacke den
Begriff der kommunikativen Kompetenz (Baacke, Kommunikation und Kompetenz,
1972) in die Medienpädagogik ein. Sein
Begriff davon geht auf die Verwendung des Begriffs in Noam Chomskys
Universalpragmatik zurück und bezieht sich auf Jürgen Habermas' Theorie des
kommunikativen Handelns und Niklas Luhmanns Systemtheorie.
Der gesellschaftstheoretische Ansatz geht von der
Analyse der kapitalistischen Gesellschaft aus, die zwar den Anspruch erhebt,
ihren Mitgliedern die gleichen Handlungs- und Entwicklungsmöglichkeiten zu
ermöglichen, in der Realität freilich als Klassengesellschaft diese Chancen
nach dem Besitz oder Nichtbesitz von Produktionsmitteln verteilt. "Im
Bereich der veröffentlichten Kommunikation bedeutet dies, dass Information
dort, wo sie öffentlich gemacht wird, ein für den Markt gefertigtes Produkt
ist. Als solches unterliegt es der Ratio und dem Kalkül der informationsproduzierenden Industrie. In der Konsequenz ist eine deutliche
Trennung im Zugang zur veröffentlichten Information zwischen Produzenten und
Konsumenten zu konstatieren." (Schorb 1997b, S.235)
Wenn unter kapitalistischen Bedingungen die überwiegende
Mehrheit der Gesellschaft faktisch keine oder kaum mediale Artikulations-
und Kommunikationsmöglichkeiten besitzen, zielt kommunikative Kompetenz
darauf ab, vorherrschende ideologische Blockierungen des Bewusstseins zu
überwinden und einen symmetrischen Kommunikationsprozess zu konstituieren,
an dem alle Teilnehmer potentiell gleichberechtigt sind. Im Begriff des
herrschaftsfreien Diskurses, der möglichst egalitäre
Kommunikationsstrukturen zur Voraussetzung hat, bringt Jürgen Habermas Ziel
und Ergebnis kommunikativer Kompetenz auf den Begriff. Die kommunikative
Kompetenz, aufgefasst als "umfassende Fähigkeit zur gleichberechtigten
Partizipation an individueller und gesellschaftlicher Kommunikation" (Schorb 1997b, S.236)
ist damit auch ein wesentlicher Inhalt von Medienkompetenz, als deren "Besonderung"
(
Baacke (1999a, S. 32) sie zu
beschreiben ist. Medienkompetenz stellt damit die "Ausformung kommunikativer
Kompetenz zur Beherrschung der Medienentwicklung" dar ( (Schorb 1997b, S.236).
Auch wenn sich in Zeiten des Internets und des Social Web im
Zuge einer fortschreitenden Mediatisierung des sozialen und öffentlichen
Lebens die Kritik an einseitigen massenmedialen Kommunikationsstrukturen des
Kapitalismus in
der von Schorb Ende der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
vorgebrachten Form heute nicht mehr halten lässt, bleibt der Begriff der Medienkompetenz auch ohne diese Fundierung ein
zentraler Begriff der Medienpädagogik, dem es freilich angesichts ungelöster
Definitionsprobleme gut ansteht, "mehr als relativ allgemein formulierte
Programmatik" statt "als systematisch strukturiertes Konzept" (Moser
2010, S.243) verstanden zu werden.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
29.09.2013
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