▪
Kooperatives Lernen
▪ Praxis der Lernberatung
(Scaffolding)
▪
Überblick
▪
Lernberatung bei der Planung
▪
Lernprozesse anregen ▪
Lernhandlungen ausführen
▪
Selbstbewertung unterstützen ▪
Selbstbeurteilung anregen
▪
Fragebögen zur Gruppenprozessanalyse
▪
Fragenkatalog zur
Organisation des Lernprozesses bei kooperativem Lernen
Verstehende Zuwendung als Grundprinzip
Lehrkräfte, die das für
die Praxis ▪ kooperativen
Lernens im ▪ Gruppenunterricht
notwendige positive Lernklima mit
einer entsprechenden
Kooperations- und ▪
Feedbackkultur
etablieren und in ihrer Funktion praktizieren wollen, müssen verstehen,
dass ihr Lehrerhandeln, neben aller Professionalisierung im Einzelnen,
sich stets auf dem Hintergrund der Elemente vollzieht, aus denen sich,
wie bei allem (sozialen) Handeln von Menschen, ihr eigenes Menschenbild
mit seinem Wertebezugssystem zusammensetzt.
Diese Überlegungen, die
sich auf verschiedene Ansätze der »Humanistischen
Psychologie von »Carl
Rogers (1902-1987) und der »Themenzentrierten
Interaktion von »Ruth
Cohn (1912-2010) u. a. stützen, sind auch grundlegende
Orientierungen für das kooperative Lernen.
Der Mediziner und
Psychotherapeut »Joachim
Bauer (geb. 1951), der den Lehrerberuf
"gern mit dem des Arztes" vergleicht, die sich beide durch ihr
fachliches Wissen und ihre hilfreiche Art des persönlichen Auftretens
auszeichnen sollten, stellt ins Zentrum seiner Überlegungen zur
Lehrerrolle das Konzept
der verstehenden Zuwendung. "Der Lehrerberuf", so führt er in
diesem Zusammenhang aus, " erfordert eine Balance zwischen verstehender
Zuwendung und Führung. Verstehende Zuwendung bedeutet, den
einzelnen Schüler nicht nur unter dem Aspekt seines schulischen Könnens
(oder seiner schulischen Schwächen) zu sehen, sondern auch und vor allem
als Person, das heißt seine Motive, sein Bemühen, sein Verhalten, seine
emotionalen Stärken ebenso wie seine problematischen Seiten
wahrzunehmen. Dabei vermeidet sie Kränkungen, Demütigungen und
Bloßstellungen. Führung bedeutet die Notwendigkeit, Werthaltungen
zu vertreten, Ziele zu formulieren, Schüler zu fordern, als Lehrkraft
mutig zu diesen Forderungen zu stehen und Kritik zu üben, Schülerinnen
und Schüler dabei aber Mut zu machen und sie in ihren Anstrengungen zu
unterstützen." (Bauer
2007, S. 54)
Die Lehrerpersönlichkeit und ihr Menschenbild sind für das
Gelingen von Gruppenunterricht in der
Schule von erheblicher Bedeutung. Von ihnen hängt ab, ob die für die
Durchführung von Gruppenunterricht nötige
Lehrerrolle
auch angemessen ausgefüllt werden kann.
Schülerinnen und Schüler haben einen Anspruch auf kooperative Lernformen
Im
kompetenzorientierten Unterricht ist die Frage, ob in Kleingruppen
kooperativ gearbeitet und gelernt werden soll, nicht mehr ins Belieben
einzelner Lehrpersonen gestellt, die einfach nach Gutdünken darüber
befinden, ob in Teams gelernt werden soll oder nicht. Frontalunterricht
hat zwar noch immer seinen Platz, die Schülerinnen und Schüler haben
aber heute auch einen Anspruch darauf, in kooperativen Lernformen
zusammenzuarbeiten.
Die Zeiten, wo Gruppenunterricht
also als Lehrperson "halt" nicht jedermanns Sache war, sind vorbei und
die Einwände, dass nicht alle Lehrkräfte das dafür nötige
Toleranzverhalten und eine persönliche Selbstsicherheit besitzen
(vgl.
Gage
/ Berliner (1986, S.494) können, auch wenn sich so etwas nicht einfach
wegzaubern lässt, heutzutage nicht mehr überzeugen.
Und trotzdem gibt es
sicher auch heute nochLehrkräfte, die sich mit der vermeintlich
geringeren, im Grunde aber nur andersartigen Strukturiertheit
kooperativen Lernens schwertun, weil sie sich mit den in ▪
offenen
Unterrichskonzepten gängigen Kommunikationsformen und dem dafür
nötigen Abbau von Lehrerdominanz beim unterrichtlichen Lernen nicht so
"wohlfühlen". (vgl. ebd.,
S.498)
Kompetenzorientierung
und entsprechende Neuausrichtungen bei der Lehrerausbildung und
-fortbildung haben auch in dieser Hinsicht zu einem grundlegend anderen
Verständnis geführt und die Lehrkräfte, die in ihrer eigenen Schulzeit
niemals etwas anderes erlebt haben als Frontalunterricht, sind
inzwischen wohl im Ruhestand oder stehen davor. Das bedeutet aber
keineswegs, dass damit die Frage problematischen Menschenbildern und
Einstellungen von Lehrkräften eine Alters- oder Generationsfrage ist.
Die Lehrperson als
Lernberater/-in
Die Funktionen, die ein Lehrer im
Gruppenunterricht
erfüllt, sind trotz eines hohen eigenaktiven und eigenverantwortlichen Anteils der Schülerinnen
und Schüler außerordentlich wichtig.
Ganz allgemein verlangt
Gruppenunterricht und kooperatives Lernen einen Lehrer oder Lehrerin,
die sich nicht mehr vor allem als Wissensvermittler/-in sieht und im
Mittelpunkt des Unterrichtsgeschehens, sondern als Lernberater/-in
versteht (Gage
/ Berliner (1986), die sich mehr mit dem Arrangieren von - im Idealfall - weitgehend selbstbestimmten
Lernprozessen beschäftigt als der konkreten Wissensvermittlung.

Dennoch fallen dem Lehrer, zumindest in der Phase der Einübung von
Gruppenarbeit, wichtige Aufgaben zu (vgl.
Gudjons
1993, S.16)
Initiierende
Funktion |
Lehrer
erteilt Aufgaben und versucht damit die Lernprozesse in
Gang zu bringen |
Regulierende
Funktion |
Lehrer
nimmt Einfluss auf die zeitlichen und räumlichen Vorgaben und
u.U. auf die Zielformulierungen der Gruppen |
Bewertende
Funktion |
Lehrer
gibt hilfreiches Feedback, gibt Anregungen zur Selbstkontrolle
des Gruppenarbeitsprozesses durch die Schüler/-innen selbst |
Stimulierende
Funktion |
Lehrer
versucht z.B. ins Stocken geratene Lern- und
Gruppenarbeitsprozesse wieder in Gang zu bringen,
Fehlertoleranzen unter den Gruppenmitgliedern zu entwickeln
und Konfliktlösungsmodelle anzubieten |
Lernberatung hat viele Aufgaben
Eine
wichtige und immer wieder gestellte Frage im Zusammenhang mit ▪
offenen
Unterrichskonzepten im Allgemeinen und dem Gruppenunterricht im Besonderen
dreht sich um das Problem, unter welchen Umständen die Lehrkraft in die
Gruppenarbeit der Lernenden eingreifen soll.
Mit dem Konzept der ▪
Lernberatung (Scaffolding) kann wirksam auf selbständige
individuelle oder kooperative Lernprozesse einwirken und "Anstösse und Anregungen
für die selbständige Konstruktion von Wissen sowie zum Aufbau von
Lern- und Denkprozessen (aber keine Arbeitsanweisungen oder
Lösungen)" (Dubs 2009,
S. 93) geben.
Lehrkräfte müssen auf
der Basis ihrer verstehenden Zuwendung beim
kooperativen Lernen den Schülerinnen und Schülern eine förderliche ▪
Lernberatung (Scaffolding)
anbieten, müssen sie in professionalisierter Weise
zum Lernen
anregen, sie bei der bei der
▪ Planung ihres
Lernens unterstützen, ihnen, einzeln oder in der Gruppe erwünschte ▪
Hilfe bei der
Ausführungen von Lernhandlungen geben, sollen sie
bei ihrer
Selbstbewertung unterstützen und sie immer wieder zur
Selbstbeurteilung
des eigenen Lernens anregen und damit ihre ▪
metakognitiven Fähigkeiten und Kompetenzen stärken.
Auch die ▪ Leistungsbewertung im
▪ Gruppenunterricht
kann durchaus Teil der Lernberatung sein und bewegt sich im
Spannungsfeld der Begriffe Beurteilen und Bewerten.
Der von
Bonati (1995)
entwickelte
Ansatz der förderlichen Beurteilung zielt
dabei auf eine
kontrollierte und aufmerksame Begleitung des Lernens, die sich in der
Abfolge von Beobachtung, Analyse und Lernhilfe manifestiert. Er versteht
sich als prozessorientiert, kriterienbezogen,
kommunikativ und will die Schülerinnen und Schüler auch der Frage der
Leistungsbewertung und -beurteilung zu Partner/-innen machen. Dabei wird
angenommen, dass sich die Entstehung und Entwicklung einer Lernleistung,
wenn überhaupt, von der Lehrperson nicht kontinuierlich, sondern nur
punktuell beobachtet werden kann. Um so wichtiger sind auch in diesem
Konzept Rückmeldeprozesse beim Lernen, bei denen Bonati (1995,
S.400) vom Prozessfenster spricht.
Wichtig ist dabei vor
allem, dass sämtliche Beurteilungskriterien auf den jeweiligen
Lernprozess abgestimmt und transparent sind und, wenn möglich, auch mit den
Schülerinnen und Schülern gemeinsam vereinbart worden sind. Was die
Anzahl solcher Kriterien anbelangt, so ist Weniger oft Mehr. Praktikabilität und
Wirksamkeit von drei bis vier, flexibel zu handhabenden Kriterien haben
unbedingt den
Vorrang vor Vollständigkeit und Systematik.
Für die eine
förderliche Beurteilung, die kommunikativ ist und die Schüler
zu Partnern macht, hat Bonati (1995,
S.400) drei schematische Varianten vorgestellt:
1 |
S + - |
S = Selbstbeurteilung
durch die Schüler selbst; + = Was war gut, - = Was ist
verbesserungsfähig? |
2 |
L +
- |
L = Beurteilung durch
den Lehrer; + - = Qualität der Leistung; Ursache und Ort der
Lernschwierigkeiten im Gespräch mit Schüler herausfinden |
3 |
S und L » |
» = Lernhilfen,
Korrekturaufgaben und Verbesserungsvorschläge an den Schüler; und
= Vorschläge sollen vom Lehrer und vom Schüler ausgehen |
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Organisation des Lernprozesses bei kooperativem Lernen
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
03.08.2020
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