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Die Entstehung von Parteien geht im Konflikt- und
Spannungslinien-Ansatz von
Lipset und Rokkan (1967), der sogenannten
Cleavage-Theorie, historisch auf zwei Modernisierungsprozesse der
europäischen Entwicklung zurück:
Nach Lipset/Rokkan
(1967) kommt es im Gefolge der beiden
Modernisierungsprozesse zu vier Hauptkonflikten, die die
Gesellschaft spalten (Cleavages, Konfliktlinien). Sie sind Ausdruck von
sozialen Spannungen und durchziehen die
Gesellschaft, bildlich gesprochen, wie Gräben.
Die tiefgreifenden Veränderungen, die sie mit sich bringen,
entwickeln sich zum Teil über einen langen historischen Zeitraum
weiter. Zu einer funktionierenden sozialen Trennlinie zwischen
gesellschaftlichen Großgruppen und damit für die Entstehung von
festgefügten Cleavages verantwortlich werden sie aber erste
"als es mit dem Massenwahlrecht zur Integration vieler neuer
Bürger in das politische Geschehen kam" und die wichtigsten
Konfliktlinien "von den Parteien aufgegriffen und in ein
begrenztes Set an politischen Alternativen übertragen" wurden. (Detterbeck
2011, S.40)
Was eine politische, gesellschaftliche, ökonomische oder
soziale Spannung zu einer Konfliktlinie werden lässt, ist dabei
an →bestimmte
Voraussetzungen gebunden.
Für
Lipset und Rokkan (1967) sind es vier Hauptcleavages,
von denen die Entwicklung der europäischen Parteiensysteme ausgeht. Die
Unterschiede zwischen den Parteiensystemen der verschiedenen Staaten
erklären sich damit, dass diese Hauptcleavages zum Teil unterschiedlich
ausgeprägt waren. Diese Cleavages sind
Auch wenn es Unterschiede in der Entwicklung der Parteien und
Parteiensysteme gibt, sind es doch diese vier Hauptcleavages, die "die Grundsteine für die
Organisation der Liberalen, der Katholiken, der
agrarischen Kräfte und der Arbeiter." (Ladner
2004, S.33) gelegt haben.
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Die
→Konfliktlinie zwischen Zentrum und Peripherie (cleavage
center-periphery) geht auf die Spannungen zurück, die im
Zusammenhang mit der Bildung der Nationalstaaten entstanden sind.
Lipset und Rokkan (1967) sprechen hier von
nationaler Revolution.
Die historischen Wurzeln dieses Cleavage gehen bis zur
Reformation im 16. Jahrhundert zurück, wo mit der
Territorialisierung zwischen den Kräften, die für die
Errichtung von Landesherrschaften und denen die an alten
feudalen Herrschaftsstrukturen festhalten wollten, große
soziale Spannungen entstanden. Hier standen sich die alten feudalen
Herrschaftsträger ihrer Mediatisierung unter die
landesherrliche Herrschaft ebenso entgegenstemmten, wie
politischen und kulturellen Standardisierungen, die den Weg
für die Entstehung eines modernen Staates freimachen
sollten.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
11.08.2016
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