Wovon hängt das politische Interesse des Einzelnen ab?
Ob sich jemand ▪ politisch beteiligt oder nicht, hat natürlich auch mit
dem ▪ politischen
Interesse des einzelnen zu tun. Allerdings muss sich
jemand, der/die sich für Politik interessiert, noch nicht aktiv daran
beteiligen wollen.
Und doch ist es bei vielen Menschen eine
vergleichsweise dauerhafte Eigenschaft, mit der sie gegenüber
politischen Ereignissen aufmerksam sind, Was in der Politik passiert,
ist in ihren Augen auch für ihr eigenes Leben bedeutsam und aus diesem
Grund bemühen sie sich auch zu verstehen, was politisch "läuft".
Dass nicht alle, die sich für Politik interessieren, dies in gleichem
Umfang tun, macht auch klar, dass es dafür keinen verlässlichen Maßstab
für den Grad der Involviertheit (Ich-Beteiligung) des einzelnen gibt und
auch keine verlässlichen Rückschlüsse darüber, ob und in welchem Umfang
es zu politischen Handlungen kommt, mit denen auf politische
Entscheidungen Einfluss genommen werden soll.
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Ob man politisch
mitmacht oder nicht, hängt in hohem Maße auch davon ab, ob man sich
in politischen Fragen kompetent fühlt oder nicht. Während dieses
Kompetenzgefühl wahrscheinlich bei vielen Menschen, die sich heute
gegen das sogenannte "politische Establishment" oder die
"Altparteien" nicht besonders ausgeprägt war, hat sich dies bei
ihnen unter dem Einfluss des Rechtspopulismus mit seinen platten
Antworten auf komplexe politische und gesellschaftliche Fragen ganz
offensichtlich verändert. Und das Internet mit seinen vielfältigen
Möglichkeiten sich in bestimmte gesellschaftliche Debatten und
Diskurse einzuklinken und dabei um die Meinungsführerschaft zu
ringen, hat dieses Kompetenzgefühl sichtlich erweitert. Dabei sind
es vor allem emotionale Faktoren, geschürt oder nicht geschürt von
rechtspopulistischer Propaganda die vielen Menschen das nötige
Kompetenzgefühl geben, zu allen politischen Fragen etwas und meist
ziemlich Undifferenziertes artikulieren zu können.
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Hinzukommen aber auch
noch Erfahrungen und Einschätzungen, die damit zusammenhängen,
ob man überhaupt glaubt, mit seinem politischen Engagement
irgendetwas bewirken zu können.
Ist man der Ansicht, dass das alles sowie so nichts "bringt",
die Politik und die Politiker ("die da oben") ja doch machen, was sie wollen, dann wird
die Bereitschaft zu politischem Engagement angesichts der vermuteten
oder auf Erfahrung beruhenden geringen Responsivität des politischen Systems vergleichsweise gering
ausfallen.
Je höher demnach das politische Kompetenzgefühl und das politische
Responsivitätsgefühl des einzelnen ausgeprägt ist, desto eher und
anhaltender wird man bereit sein, seinen Gefühlen im Sinne politischer
Partizipation Taten folgen zu lassen.
Ein Meister, der diese Klaviatur perfekt in seinem Sinne spielen
kann, ist der US-Präsident Donald Trump, der seinen Anhängerinnen und
Anhängern stets das Gefühl zu vermitteln weiß, dass sie kompetent und
ihre Vorstellungen politikwirksam und sichtbar in den Gesetzen und
Verordnungen eines von ihnen, wie er sich selbst stets inszeniert,
höchste Responsivität besitzt.
Politisches Interesse nach Typen
Fragt man die Menschen
allgemein danach, ob sie sich für Politik interessieren, dann ist der
Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und politischem Interesse
besonders deutlich.
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Je höher dieses ist, desto größer auch das Interesse
an Politik. (vgl.
Gaiser/de
Rijke 2006, S.255f.)
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Werden in der Fragestellung aber auf
bestimmte Bereiche bezogene politische Interessen berücksichtigt, also
z. B. nach dem Interesse an Ausländer-, Umwelt-, Familien- oder
Bildungspolitik fallen diese Unterschiede kaum ins Gewicht. (vgl.
Westle 2006,
S.214)
Van Deth (2000,
S.200) hat das unterschiedlich ausgeprägte politische Interesse von
Bürgerinnen und Bürgern auf der Grundlage ihrer Neugier auf Politik und
ihrer politischen Involviertheit (Ich-Beteiligung) zu vier verschiedenen Typen
zusammengefasst.
Das Interesse von Jugendlichen an der Politik
Ob sich Jugendliche für Politik interessieren, hängt sehr stark davon
ab, wie die Eltern oder auch die Geschwister mit Politik umgehen.
Mit 23
Jahren erreicht das Interesse gewöhnlich einen Höhepunkt. (vgl.
Kuhn 2000, S.30)
Neben dem politischen Interesse spielt aber auch die Frage eine
entscheidende Rolle, ob man sich überhaupt für kompetent genug hält, um
sich politisch engagieren zu können.
Häufig sagen Jugendliche, dass sie
sich weder für Politik interessieren, noch hinreichend "Ahnung" davon
haben. Nicht zuletzt aus diesem gering ausgeprägten politischen
Kompetenzgefühl meiden sie politische
Diskussionen, was natürlich den u. U. schon geringen Grad von
Involvement gegenüber der Politik noch verstärkt.
Wer sich selbst nur
eine geringe politische Kompetenz zuschreibt, wird sich so auch mit
etwas komplizierteren politischen Fragen schwertun und es an der nötigen
Differenzierung mangeln lassen, wenn einfache und populistische
Antworten auf komplexe politische Fragen angeboten werden.
Außer dem politischen Kompetenzgefühl kommen aber noch Erfahrungen
und Einschätzungen zum Zuge, die damit zusammenhängen, ob man überhaupt
glaubt, mit seinem politischen Engagement irgendetwas bewirken zu
können.
Ist man der Ansicht, dass das alles sowie so nichts "bringt",
die Politik und die Politiker ("die da oben") ja doch machen, was sie wollen, dann wird
die Bereitschaft zu politischem Engagement angesichts der vermuteten
oder auf Erfahrung beruhenden geringen
Responsivität des politischen Systems vergleichsweise gering
ausfallen.
Je höher demnach das politische Kompetenzgefühl und das politische
Responsivitätsgefühl des einzelnen ausgeprägt ist, desto eher und
anhaltender wird man bereit sein, seinen Gefühlen im Sinne politischer
Partizipation Taten folgen zu lassen.
Für den Grad und die Art des politischen Interesses von Jugendlichen,
ist darüber hinaus wichtig, wie sie ihre eigene, persönliche Zukunft und
die Zukunft der Gesellschaft insgesamt sehen.
- Noch im Jahr 2015 hat die
Shell-Jugendstudie von 2015
hervorgehoben, dass sich die jungen
Leute von 2015 die Zukunft eigentlich so wie die Gegenwart vorstellen.
Dementsprechend sei der Gestaltungswille im Hinblick auf die eigene
Zukunft eher gering ausgeprägt, zumal die Jugendlichen mehrheitlich das
Gefühl hätten, "weder große Spielräume für die persönliche
Lebensgestaltung noch für die Veränderung der Gesellschaft zu haben.“ (Quenzel
u. a. 2015, S.377)
Trotzdem stellten die Forscher ein zunehmendes
politisches Interesse bei den Jugendlichen fest. (vgl. S. 282)
A
Allerdings schlage sich dieses politische Interesse, das "aus einer
Zufriedenheit mit der gesellschaftlichen Entwicklung" erwachse, derzeit
(noch) nicht in politischem Engagement, schon gar nicht bei den
etablierten Parteien nieder, zeige sich aber darin, dass Jugendliche
heutzutage ein stärkeres Bedürfnis danach hätten, sich bei politischen
Fragen zu positionieren. (vgl. S.383)
- Fünf Jahre später zeigt sich angesichts der wachsenden Probleme
mit dem Klimawandel aber ein zum Teil anderes Bild.
Quelle:
https://www.shell.de/ueber-uns/shell-jugendstudie/alle-schaubilder-und-grafiken.html
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
25.01.2020
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