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 Formelle
Petitionen sind im Gegensatz zu
informellen Petitionen ähnlicher Art Petitionsangebote, die "es den
Bürgerinnen und Bürgern (ermöglichen), in einem rechtlichen Rahmen meist auf
den Webseiten öffentlicher Institutionen, Petitionen einzureichen. Diese
formellen Petitionsangebote fließen auf Grund einer rechtlichen Grundlage in
den politischen Meinungs- und Entscheidungsprozess mit ein." (Christian
Heise/E-Demokratie.org,
CC-BY 3.0 DE)
Formelle
Petitionen, die sich an die Volksvertretungen richten (Legislativpetitionen),
können Einzelpetitionen, Massen - oder Sammelpetitionen sein. Dabei versteht
man unter Einzelpetitionen, Eingaben,
die von einer Person gemacht werden.
Massenpetitionen sind Eingaben in
größerer Zahl mit demselben Anliegen, deren Text ganz oder im Wesentlichen
übereinstimmt, und Sammelpetitionen
sind Unterschriftensammlungen mit demselben Anliegen oder öffentliche
Petitionen, die auf der Internetseite des Petitionsausschusses des Deutschen
Bundestages mitgezeichnet wurden. Legislativpetitionen werden auf der
Grundlage des im Grundgesetz als Grundrecht
verbürgten Petitionsrechts (GG Art. 17)
an den »Deutschen Bundestags
oder die Länderparlamente gerichtet. Sind sie an den Deutschen
Bundestag adressiert, werden sie von einem Ausschuss bzw. dem ihm
zugeordneten Ausschussdienst entgegengenommen, geprüft und beschieden. Im
Falle des Bundestags ist der »Petitionsausschuss
das zuständige Gremium
des »Deutschen Bundestags
erreichen. Um vom Petitionssausschuss angenommen zu werden müssen sie
zunächst einmal schriftlich abgefasst sein und den vollständigen Namen und
die postalische Anschrift des Petenten enthalten. Je nachdem, ob sie per
Post oder elektronisch übermittelt werden, müssen sie entweder eigenhändig
unterschrieben sein oder in der dafür geforderten Weise gezeichnet werden. (→Grundrechte:
Petitionsrecht)
Durch die Einführung der →E-Petition
im Jahr 2005 hat der Deutsche Bundestag zudem eine Möglichkeit geschaffen,
eine Petition unter bestimmten Voraussetzungen elektronisch zu erstellen.
Allerdings hält sich der Zuspruch, den öffentliche E-Petitionen an den
Deutschen Bundestag bislang gefunden haben, durchaus in Grenzen. So brachten
es lediglich 17 der im Jahr 2013 eingereichten öffentlichen E-Petitionen auf
mehr als 5.000 Online-Mitunterzeichner. Allerdings gab es darunter auch
etliche, die eine weitaus höhere Zahl von Offline-Mitunterzeichner fanden.
(vgl.
Jahresbericht des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages,
Ausgabe 2014) Allerdings darf man bei der Beurteilung der
Mitunterzeichnerzahl nicht außer Acht lassen, dass die von den Petenten
jeweils als Erfolg ihrer Initiative verbuchte öffentliche Aufmerksamkeit
oder der Austausch und die Diskussion über die Petition im Forum der
E-Petitionsplattform des Deutschen Bundestages oder in anderen sozialen
Medien u. U. durchaus kompensiert, dass eine Petition sich mit das
Quorum von 50.000
Mitzeichnern deutlich verfehlt, die in der Regel für eine mündlichen
Erörterung des Anliegens im Petitionsausschuss verlangt werden.Nach
Richter/Bürger (2014, S.255) drei
Typen von formellen E-Petitionen
unterschieden werden:
-
Elektronisch eingereichte
Petitionen
-
Öffentliche elektronische
Petitionen
-
Öffentliche elektronische
Petitionen mit kommunikativen und partizipativen Elementen
E-Petitionsangebote können aber auch danach unterschieden werden, welche
Parzipationsofferten von ihnen angeboten werden. So kann man nach Santucci
(2007) das Briefkasten-Modell, das institutionelle Modell und das
Town-Meeting-Modell voneinander unterscheiden.

Öffentliche E-Petitionen an den Petitionsausschuss werden unter
bestimmten Voraussetzungen auf der Webseite des Deutschen Bundestages
veröffentlicht. Solche öffentlichen Petitionen können dann von anderen
Personen auf elektronischem Weg mitgezeichnet werden.
Wer diesen durch die Verfassung verbürgten und per Bundesgesetz
geregelten Petitionsweg geht und damit sein Anliegen auf einem genau
festgelegten Partizipationspfad vorbringt, kann dies aus unterschiedlichen
Gründen tun. So will er/sie sich u. U. im Sinne zivilgesellschaftlichen
Engagements
- sich bei den Mandatsträgern/Abgeordneten im Parlament angesichts
sonst fehlender direkter Einwirkungsmöglichkeiten im repräsentativen
System der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar Gehör verschaffen
- bei der politischen Gestaltung wichtiger gesellschaftlicher Fragen
mitwirken
- sich mit anderen vernetzen, um gemeinsam Einfluss auf die
prinzipiell nur ihrem Gewissen unterworfenen Abgeordneten nehmen zu
können.
Unter Umständen will sie/er z. B. als Einzelpetent aber einfach auch als
eine Art letzten Rechtsbehelf, ein ihr/ihm eigener Einschätzung nach
widerfahrenes "Unrecht" durch staatliche Behörden noch einmal überprüfen und
im günstigsten Fall aus der Welt schaffen lassen.
In jedem Fall bewegt sich, wer sich mit einer formellen E-Petition bei den
Parlamenten Gehör verschaffen will, im Rahmen der vom Repräsentativsystem
vorgegebenen Partizipationspfade und agiert, nicht zuletzt weil diese
Petitionen namentlich und unter Angabe der Adresse eingereicht werden, mit
"offenem Visier" als mündiger Staatsbürger und im Vertrauen auf den
Rechtsstaat, ihn vor Übergriffen auch dann zu schützen, wenn seine
Meinungsäußerung, seine Bitten und Beschwerden den jeweiligen Mehrheiten im
Parlament nicht in den Kram passen. Dass formelle E-Petitionen, die
veröffentlicht werden wollen, sich nicht gegen die
freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und
die in der Verfassung verbürgten Grundrechte richten darf, versteht sich
daher fast von selbst.
Ob formelle E-Petitionsangebote, denen man nur auf einem festgelegten
Partizipationspfad folgen kann, sich mit den Angeboten
freier E-Petitionsportale messen
müssen, kann man nicht so ohne Weiteres mit einem Nein beantworten. In jedem
Fall stehen sie in Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit im
und außerhalb des Internets. Dabei folgt das "Geschäftsmodell" freier
E-Petitionsanbieter oft einer klaren Marketingstrategie, um registrierte
Mitglieder zu gewinnen. Inzwischen gibt es eine
ganze Reihe von Online-Petitionsportalen im Internet, die ihren Nutzern
attraktive E-Petitionsangebote offerieren, die über das Angebot hinausgehen,
das formelle E-Petitionsangebote machen (können).
Gert Egle,
www.teachsam.de, 24.3.04 |
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