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teachSam-Projekt Ernährung

Zu klein, zu groß, zu schrumpelig

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Die Sache mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum, kurz MHD, hat wohl schon ein wenig die Runde gemacht. Obwohl das MHD, willkürlich von der Ernährungsindustrie festgelegt, nichts, aber auch gar nichts damit zu tun hat, ob ein Lebensmittel ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen noch verzehrt werden kann, werden nach einer Studie der Universität Stuttgart aus dem Jahr 2012 in Deutschland jährlich 11 Mio. Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Das entspricht, wie Landwirtschaftsministerin Aigner bei der Vorstellung der Studie sagte, 275 000 Lastwagen, die aneinandergereiht eine Länge von 4500 km ausmachen würden. Jeder einzelne wirft im Schnitt 81,6 kg. Lebensmittel weg, davon ist gerade mal ein Drittel unvermeidbar (z. B. Knochen, Bananenschalen oder Muschelkalk...) 53 kg. davon sind vermeidbare Abfälle, alles in allem ein Wert von ca. 235 Euro, auf eine 4-köpfige Familie hochgerecht 940 Euro, laut Studie.
Das MHD hat uns einfach glauben gemacht, was die Industrie uns weismachen will: Lebensmittel müssen "glänzen", will heißen, müssen in jedem Fall auch gut aussehen, wenn sie unseren Hunger oder Appetit stillen sollen. Ein gutes Geschäft - für die Ernährungsindustrie!

Insgesamt werden 10,97 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle pro Jahr in Deutschland produziert. Sie verteilen sich lt. Stuttgarter Studie die Lebensmittelabfälle wie folgt (Angaben in Millionen Tonnen pro Jahr)

  • Haushalte 6,67, davon vermeidbar 4,34

  • Handel 0,55

  • Großverbraucher 1,90

  • Industrie 1,85

Nimmt man genauer unter die Lupe, welche Lebensmittelabfälle in deutschen Haushalten eigentlich vermeidbar sind, dann ergibt sich folgendes Bild (in %) :

  • Backwaren 15

  • Speisereste 12

  • Milchprodukte 8

  • Getränke 9

  • Fleisch und Fisch 6

  • Teigwaren 5

  • Sonstiges 3

  • Gemüse 26

  • Obst 18

Für dieses Wegwerfverhalten der Deutschen gibt es viele Gründe. "Es liegt,"' so betont Daniela Kuhr in der Süddeutschen Zeitung vom 14. März 2012,  "in erster Linie an persönlichen Ernährungsgewohnheiten". Zugleich weist sie aber auch darauf hin, dass man sich die Motive für das Wegwerfen von Lebensmitteln natürlich auch je nach Verursacher unterscheide. So würden Lebensmittel von der Lebensmittelindustrie dann weggeworfen, wenn sie nicht die gewünschten Eigenschaften aufwiesen, bei Großverbrauchern dagegen landeten die Lebensmittel meist wegen mangelhafter Lagerung, Hygienevorschriften oder einer variierenden Nachfrage auf dem Kompost oder im Müll. Interessant auch die Feststellung, dass das MHD beim Wegwerfen von Lebensmitteln durch Privatleute keineswegs an erster Stelle steht. Backwaren und Obst und auch Gemüse, das frisch eingekauft wird, haben nämlich gar kein MHD. Sortiert man die obige Liste, so ergibt sich, das erst an 5. Stelle ein Produkt steht, das ein MHD aufweist: Milchprodukte.
Die Stuttgarter Studie macht deshalb vor allem die geringe Wertschätzung von Lebensmitteln bei uns dafür verantwortlich, dass Lebensmittel im große Stil weggeworfen werden. Sie seien eben allzeit verfügbar und dazu noch im EU-Vergleich einfach zu billig. Wenn dann noch schlechte Organisation des Umgangs mit ihnen, z. B. Fehlkäufe, Fehlplanungen und Fehler bei ihrer Bevorratung hinzukommen, dann summiert sich das Ganze zu einer so  erschreckenden, allgemein kaum zur Kenntnis genommenen gesellschaftlichen Praxis.
Aber ehe sich ein jeder von
unter dem Stigma des "Brotverderbers" Gewissensbissen hingibt, lohnt sich auch ein Blick darauf, was die Stuttgarter Studie gar nicht beleuchtet. Sie hat, so Marlene Weiss in der Süddeutschen Zeitung vom 14.3.2012, einfach ausgeklammert. Große Mengen von Lebensmitteln werden bereits beim Hersteller aussortiert - oft auch, weil sie Qualitätsvorgaben des Handels verfehlen, in: Süddeutsche Zeitung, 14.3.2012 dass ein großer Teil der Lebensmittelvernichtung schon bei den landwirtschaftlichen Herstellern stattfindet. Wenn stimmt, was der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europarlament, Martin Häusling, sagt, wandern nämlich 39% aller Wegwerf-Lebensmittel schon nach der Ernte in die Tonne oder auf den Kompost. Was nicht der Norm entspricht, als zu groß, zu klein, zu schrumpelig, usw. angesehen ist, wird, soviel vielleicht zum Trost, auf diese Weise wahrscheinlich wieder dem natürlichen Kreislauf zugeführt - hoffentlich.
Kein Wunder, dass die Behauptungen Häuslings den Bauernverband in Rage bringt, der, um Imageschaden abzuwenden, solche Vorwürfe schlichtweg zurückweist und in seiner Stellungnahme auf anderes Terrain ausweicht.  So erklärt sein Sprecher, Michael Lohse: "Wegen der guten Infrastruktur in Deutschland und dank der geschlossenen Kühlkette haben wir so gut wie keine Verluste" und wenn es schon mal, ausnahmsweise versteht sich, dazu komme, dass ein Teil der Salaternte untergepflügt würde, sei diese eben nicht mehr zu verkaufen gewesen. Und schließlich gebe es ja immer noch Hagel und, nichts zu vergessen, so etwas wie die EHEC-Epidemie 2011. Zur Erinnerung: Am 25. Mai 2011 warnten »Robert Koch-Institut (RKI) und das »Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mit der Bekanntgabe von Ergebnissen einer Studie des RKI zu EHEC/HUS vor dem Verzehr von rohen Gurken, Tomaten und Blattsalat. Das »Bundesverbraucherministerium (BMLEV) veröffentlichte ebenfalls entsprechende Warnungen, die es, auch als der Nachweis des Erregers auf sich warten ließ, vorsorglich mehrfach wiederholte. Mit fatalen Folgen für die Landwirtschaft, denn für Wochen stellte, Umfragen zufolge, von denen das Abendblatt am 28.5.2011 berichtete, etwa die Hälfte der Deutschen ihre Ernährung um und verzichtete auf dieses frische Gemüse. Gerade herangereift, landete es auf dem Kompost oder wurde einfach untergepflügt.
Seltsamerweise zählt die Stuttgart Studie auch die Lebensmittel zu den Verlusten hinzu, die vom Handel an karitative Einrichtungen wie den »Tafeln kostenlos abgegeben werden. Heutzutage versorgen diese seit 1993 in Deutschland tätigen gemeinnützigen Organisationen nach Angaben ihres Bundesverbandes 1,5 Millionen Menschen mit dem Allernotwendigsten. Auch wenn die Ursachen der Armut damit nicht bekämpft werden, so gelangen doch immerhin auf diese Weise Lebensmittel zu einem erschwinglichen Preis an Menschen, die anders kaum überleben könnten. Würden sie nämlich im Einzelhandel verbilligt angeboten werden, könnten sie den Verkauf "hochpreisiger" "frischer" Ware erschweren. Das aber kann auch nicht erklären, warum diese Waren, die allesamt gut verzehrbar sind, zu denen hinzugezählt werden, die einfach weggeworfen werden. Wer hat ein Interesse an dieser Art von Verschleierung?  Vielleicht hat es auch schlicht mit sozialen Ressentiments zu tun. Wer von der Tafel leben muss, gehört eben zum Rest der Gesellschaft und ist bestenfalls Resteverwerter. Wer sich davon ernähren muss, was andere wegwerfen, so lautet die Logik, hat in den in den Tempeln erlebnisorientierter Sortimentsgestaltung moderner Supermärkte nichts mehr zu suchen. Das Obst und Gemüse, das dort, mit Scheinwerfern und Musik ins rechte Licht gesetzt, als gewachstes Hochglanzprodukt mit Tröpfchen-Dauerberieselung in den so genannten "Frische"-Abteilungen vor sich hinprotzt, können sich die vielen Tausend Resteverwerter im reichen Deutschland schon längst nicht mehr leisten. Ihnen ist längst nichts mehr zu klein, zu groß, zu schrumpelig, Hauptsache es macht noch satt.

(Quellen u. a.:
Kuhr, Daniela (2012): Unser täglich Brot. Deutsche Mülltonnen sind voll brauchbarer Nahrungsmittel, der Wert von Essen wird zu gering geschätzt, in: Süddeutsche Zeitung vom 14. März 2012
Weiss, Marlene (2012): Wehe, die Kartoffel ist nicht rund. Große Mengen von Lebensmitteln werden bereits beim Hersteller aussortiert - oft auch, weil sie Qualitätsvorgaben des Handels verfehlen, in: Süddeutsche Zeitung, 14.3.2012; Wikipedia)

Gert Egle, 3.10.2011, zuletzt bearbeitet am: 16.08.2023

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Gert Egle 2.10.2011, zuletzt bearbeitet am: 16.08.2023

 

   
   Arbeitanregungen:

  1. Verfassen Sie eine Inhaltsangabe zum Text.

  2. Diskutieren Sie in Form einer Pro-Contra-Diskussion die Frage: Mindesthaltbarkeitsdatum abschaffen?

  3. Verfassen Sie einen kommentierenden Leserbrief zu diesem Text.

 

Weitere Arbeitsanregungen:

  1. Erörtern Sie den Text. (Texterörterung)

  2. Visualisieren Sie den Text als Strukturbild und geben Sie dabei die Ergebnisse der obigen Umfrage in Form einer Bildstatistik wieder. Wählen Sie dazu eine geeignete Diagrammform aus.
  3. Führen Sie in Ihrer Klasse/Ihrem Kurs eine Umfrage mit denselben oder anderen Kategorien durch, visualisieren Sie das Ergebnis und vergleichen Sie Ihre Umfrageergebnisse mit denen der Studie.

 

 
   

 
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