|
Es gibt viele verschiedene Ursachen für einen drohenden
Suizid. Diese können schon
länger zurückliegen, sogar bis in die Kindheit zurückführen, oder aber in
einer aktuellen Lebenssituation begründet sein. Fast immer muss man jedoch
vom Zusammenwirken verschiedener Faktoren ausgehen, was den Blick mehr auf
die Entwicklung des Ganzen als auf den jeweiligen Anlass richten lässt.
Oft finden sich die Motive für das Entstehen von
Suizidtendenzen in
Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich. Das können Probleme mit
den Menschen sein, mit denen man die engsten Bande und Kontakte aufweist,
also Schwierigkeiten mit Partner oder Partnerin oder mit den Eltern sein,
es können Familienkonflikte jedweder Art, Ereignisse wie Tod, Trennung
oder Scheidung sein. Bei Männern spielen Konflikte im Beruf als
Suizidanlass eine besonders große Rolle. Neben den genannten gibt es
natürlich noch andere, aber im Allgemeinen wesentlich seltener auftretende
Motive suizidaler Handlungen.
Insgesamt gesehen handelt es sich bei den Motiven suizidaler Handlungen um
"psychosoziale Ausweglosigkeiten". Daher ist es wohl auch zutreffend den
Suizidversuch und den Suizid als Problemlösungsversuch dafür zu
bezeichnen. (vgl.
Pohlmeier 1986, S. 13)
Ursachen suizidaler Handlungen
Wer
lebensmüde ist, erlebt dies auf verschiedene Art und Weise.
Ausgehend vom vom Handlungsdruck, den bestimmte Suizidtendenzen ausüben,
kann man als Ausdrucksformen von
Suizidalität voneinander
unterscheiden:
-
Wünsche nach Ruhe und Abstand
von Problemen ohne Selbsttötungsabsicht
-
aktuelle oder zukünftige
Todeswünsche, die aber ohne Handlungsdruck erlebt und ohne die
Vorstellung eigenen Zutuns vorhanden sind
-
mehr oder minder konkrete
Suizidideen, die als Handlungsoption im Raum stehen, ohne dass sie im
Allgemeinen einen konkreten Handlungsdruck erzeugen
-
Suizidabsichten, die auf der
erklärten Absicht zur Selbsttötung beruhen, diese auch schon planen und
somit einen deutlichen Handlungsdruck erkennen lassen
-
Suizidversuch als eine
mit dem Ziel des Todes durchgeführte Handlung, die aber überlebt wird.
-
Suizid
Es gibt viele verschiedene
Ursachen für einen drohenden
Suizid. Im Allgemeinen
werden die folgenden Ursachen für besonders wichtig gehalten:
-
Depressive Zustandsbilder
-
Drogenabhängigkeit im
weitesten Sinne
-
Suizidale Krisen und
Suizidversuche in der Vorgeschichte; auch: Suizide in der
Herkunftsfamilie und in der nahe stehenden Umgebung (vgl.
Wolfersdorf 2002,
S. 137)
-
Persönlichkeitsstörungen und
neurotische Störungen
-
Schizophrenieerkrankungen
-
Schwierige soziale Situation
wie z. B. Isolation und Vereinsamung im Alter,
Langzeit-Arbeitslosigkeit, Zugehörigkeit zu bestimmten Randgruppen in
der Gesellschaft, die von einer besonders hohen Hoffnungs- und
Perspektivlosigkeit gekennzeichnet sind
-
Biologische und soziale
Krisenzeiten, die ein hohes Maß an Veränderungen abverlangen;
traumatische Krisen, die mit Gefühlen des Ausgeliefertseins oder eines
bevorstehenden Untergangs einhergehen; Katastrophen; Schicksalsschläge,
die als existenzbedrohend erlebt werden; biografische Wendepunkte und
Schwellenphänome ( vgl. u. a.
Empfehlungen zur Diagnostik ... 2005)
Bei
Kindern und Jugendlichen
müssen allerdings besondere Umstände berücksichtigt werden.
Einzelne Ursachen und Motive der Suizidalität
Bestimmte Motive treten im Zusammenhang mit dem Entstehen von
Suizidalität immer wieder
auf (vgl.
Comer 1995, S. 371ff.).
Dies sind vor allem:
Belastende
Ereignisse und Situationen
Eine suizidale Handlung kann auf Grund eines einzigen Ereignisses
oder einer Folge von Ereignissen, die sich allesamt in eine bestimmte
Richtung auswirken, vollzogen werden.
Der Verlust eines besonders geliebten Menschen durch Tod, Scheidung oder
ein sonstiges Zerwürfnis mit einem solchen stellen dabei, neben
eintretender Arbeitslosigkeit die wichtigsten Belastungen dar, die zum
Entstehen von Lebensmüdigkeit beitragen. Wie derartige Belastungen vom
einzelnen erlebt werden ist sehr verschieden und hängen mitunter auch
davon ab, ob ob sie langfristige, kurzfristige oder "nur" episodische
Bedeutung haben.
Affektive und
kognitive Veränderungen
In der Vorgeschichte (Anamnese) suizidaler Handlungen verändert sich
häufig das Verhalten und die Stimmung der betroffenen Person mehr oder
weniger grundlegend. Man beobachtet dann häufig, dass der Betroffene
gefühlsbetonter reagiert und zu starken Gefühlsausbrüchen neigt. Dabei
kommt es besonders häufig zu Angst, zu Wutausbrüchen, Traurigkeit,
Scham- und/oder Schuldgefühlen. In dieser Lage gerät der Betroffene in
einen depressiven Zustand, dem er nur mehr durch den Suizid in einem
einfachen "Entweder-Oder-Schema" zu entkommen glaubt. (vgl.
Comer 1995, S. 171)
Alkoholkonsum und andere Drogen
Viele suizidale Handlungen werden unter enthemmendem Alkoholeinfluss
begangen oder der Alkohol spielt in ihrer Vorgeschichte eine große
Rolle. In Studien hat man herausgefunden, dass mindestens 20 Prozent der
Menschen vor ihrem Suizidversuch Alkohol trinken. Das lässt vermuten,
dass viele als Unfälle unter Alkoholeinfluss eingestufte Ereignisse
Ergebnisse suizidaler Handlungen mit tödlichem Ausgang sind. (vgl.
Comer 1995, S. 172)
Wer über längere Zeit berauschende Drogen zu sich nimmt und damit in die
Drogensucht geraten ist, wird unter dem Eindruck des völligen
Ausgeliefertseins an den Drogenkonsum über kurz oder lang Suizidgedanken
und -ideen entwickeln. Aber andererseits kann die depressive Stimmung
des Betroffenen auch das Tor zum Drogenmissbrauch erst aufstoßen, der
dann aber wie ein Verstärker wirkt, weil bestimmte Drogen negative
Wahrnehmungen und Gefühle sogar intensivieren können.
Psychische Störungen
Wer einen Suizidversuch unternimmt, ist nicht in jedem Falle
psychisch krank. Allerdings ist der Anteil der Personen, die eine
psychische Störung aufweisen, bei Suiziden und Suizidversuchen
unverhältnismäßig hoch. Man schätzt ihn auf 30 - 70% und zeigt damit
zugleich die Schwierigkeiten auf, zu ganz verlässlichen und wirklich
repräsentativen Zahlen zu kommen. Manche psychischen Störungen stehen in
besonders engem Zusammenhang mit Suizidalität. Das sind affektive
Störungen, substanzbezogene Störungen und die Schizophrenie. (vgl.
Comer 1995, S. 172f.)
Schizophrene Persönlichkeiten denken anders, nämlich nicht
zusammenhängend, sie erfahren eine Persönlichkeitsspaltung, leiden unter
Kontaktverlust und mitunter auch unter Wahnvorstellungen und verlieren
nicht selten den Bezug zur Realität. Lange galt die Vorstellung als
zutreffend, dass dem Schizophrenen bestimmte Stimmen im Kopf den Suizid
einredeten, indem sie ihn als großartig und rundum noble Angelegenheit
ausgegeben hätten. Mittlerweile weiß man aber, gerade die
Schizophrenieforschung hat große Fortschritte gemacht, dass dies nicht
zutrifft. Wenn sich Schizophrene das Leben nehmen, tun sie es vor allem
deshalb, weil sie glauben, ihrer Krankheit nie mehr Herr werden zu
können.
Einzelne Auslösefaktoren
Berufliche Belastung
Eine anhaltende große berufliche Belastung kann ebenso wie
Unzufriedenheit darüber, dass man im Beruf keine Befriedigung und
Bestätigung finden kann, ein Auslöser für suizidale Handlungen sein.
Gewalttätige Umgebung
Wer körperliche oder seelische Schmerzen erleiden muss, kann
aus diesem Grunde suizidgefährdet sein. So kommt es vor, dass sich
Menschen, die unterdrückt werden oder Missandlungen am eigenen Leib
erfahren oder in ihrer nahen Umgebung miterleben müssen, das Leben
nehmen.
Schwere Krankheit
Unheilbare Krankheiten mit ihren zum Teil unerträglichen Schmerzen
und tiefen seelischen Wunden bringen vergleichsweise viele Betroffene
dazu , ihrem Ende freiwillig - auch durch Absetzen lebensverlängernder
Medikamente - ein Ende zu setzen.
Rollenkonflikt
Eigentlich gehören Rollenkonflikte zum Leben einfach dazu. Werden die
verschiedenen Rollen, die es auszufüllen gilt, aber zur anhaltenden
Belastung, dann können sie sich daraus Konflikte ergeben, die dem
Betroffenen als unlösbar erscheinen. Aufgerieben zwischen den
verschiedenen Ansprüchen und Rollenerwartungen entsteht dann eine
Situation, bei der nur der eigene Tod aus diesem Dilemma zu befreien
scheint.
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
29.09.2013 |
|