|
"Da muss ich morgens nur einfach in den Bus steigen, wenn die
Schüler zur Schule wollen, um zu sagen, warum ich dafür bin, dass
die Kinder schon in der Schule lernen, wie man sich zu benehmen
hat," sagt die gehbehinderte Vera S. (67), wenn sie auf das in ihren
Augen rücksichts- und vor allem respektlose Verhalten von
Schülerinnen und Schülern zu sprechen kommt, die niemals freiwillig,
meistens sogar erst nach deutlichen Missfallensäußerungen über die
"unverschämte Alte" den für Gehbehinderte reservierten Platz räumen.
"Bei mir ist es vielleicht besonders schlimm, aber da steht wirklich
keiner mehr auf, wenn ein älterer Mensch einsteigt, ja nicht einmal
die Jüngsten, die sind meistens sogar noch besonders frech," fügt
sie mit bewegter Stimme hinzu.
Mag sein, dass das, was Vera S. für die Einführung von
Benimmunterricht an den Schulen nicht für alle repräsentativ ist,
die heutzutage mehr Engagement in Sachen gutes Benehmen von der
Schule erwarten, aber alleine steht sie mit ihrer Forderung nicht.
Benimmunterricht an den Schulen steht nämlich für viele Bundesbürger
hoch im Kurs. Das zeigt eine zwar schon etwas länger zurückliegende
Umfrage, an deren Aussagekraft für heute sich wohl kaum etwas
geändert haben mag. Die
meisten Bundesbürger haben sich 2003 in einer Umfrage, die infratest dimap
mit 550 Bundesbürgern durchgeführt hat, dafür ausgesprochen,
Benimm-Unterricht an den Schulen einzuführen. Dabei war der Prozentsatz der
Befürworter wirklich erdrückend, für alle die einem solchen
Unterfangen mit gebührender Skepsis gegenübertreten. Stolze 77
Prozent der Befragten sagten nämlich Ja zum schulischen Pauken von
gutem Benehmen, von Höflichkeitsregeln und Ordnung, früher nannte
man das noch Ordnungsliebe in den Kopfnoten mancher Bundesländer.
Verschwindend klein dagegen der Anteil derer, die mit
Benimmunterricht an den Schulen nichts am Hut hatten. So wundert es
nicht, dass sich mit solchen Umfragewerten im Rücken der damalige
saarländische Bildungsminister Jürgen Schreier (CDU) sofort
anschickte, mit einem bundesweit bis dahin beispiellosen
Benimmunterricht an den Schulen seines Landes "das Ende der
Unhöflichkeit" einläuten wollte.Gert Egle,
www.teachsam.de, 19.03.12,
zuletzt bearbeitet am:
29.09.2013
(Quelle der Informationen: Lübecker Nachrichten, 29.08.2003,
http://www.ln-online.de/news/archiv/print.php?id=1209376, 18.9.03)
|
|