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Kompendiumaufgabe (Aufgabentyp 3) (D, RS Ba-Wü)

Überblick

 
 
  Die so genannte Kompendiumaufgabe ist eine Schreibaufgabe, die in Baden-Württemberg zu den Aufgabentypen der Schulabschlussprüfung in der Realschule zählen. Als Schreibaufgabe ist sie aber auch in anderen Bundesländern zu finden. Vom Aufgabentyp her gesehen handelt es sich bei der Aufgabe um einen längerfristig angelegten Prozess des erörternden bzw. argumentativen Schreibens, der zum →materialgestützten Erörtern zählt.

Kompendiumaufgabe als materialgestütztes Erörtern

Ein Kompendium ist zunächst einmal ein Überblick bzw. Abriss zu einem bestimmten Thema. Von diesen Bedeutungen abgeleitet wird und unter dem Begriff auch eine Zusammenstellung von Materialien verstanden, die einen Überblick über ein Thema verschaffen können. In dieser Bedeutung wird der Begriff auch für die so genannte Kompendiumaufgabe verwendet. Sie besteht darin eine Auswahl von Texten zu einem bestimmten Thema zusammenzustellen, zu bearbeiten und für das Schreiben eines Aufsatzes, allgemeiner für das Bewältigen einer bestimmten Schreibaufgabe, zu nutzen.

Um zu verdeutlichen, dass es sich bei der Kompendiumaufgabe um eine komplexe Schreibaufgabe handelt, wird die in der Schulabschlussprüfung an den Realschulen des Landes Baden-Württemberg als Aufgabentyp 3 geführte Schreibaufgabe nicht einfach Kompendiumaufgabe genannt, sondern "Texte lesen, auswerten, schreiben". Das Thema, um das es in der Schreibaufgabe geht, wird mit einer begrenzten Anzahl so genannter Impulstexte eingegrenzt, die den thematischen Rahmen vorgegeben innerhalb dessen sich die dreigliedrige Schreibaufgabe bewegt.  ist Die Dreigliedrigkeit der Schreibaufgabe und zwar zu einem mit einer kleinen Anzahl von verbindlichen Impulstexten. Daher spricht man in diesem Zusammenhang von einem Rahmenthema. Das Rahmenthema für die Abschlussprüfungen der Jahre 2013 und 2014 (→Rahmenthemen und Schreibaufgaben 2005-2014) lauteten, z. B.:

  • 2013: "Jugendliche und soziales Engagement - ist Helfen Ehrensache?"
    Zu dem Rahmenthema sind drei Impulstexte beigefügt. ("Jugend - In Verruf", “Soziales Engagement - Helfen ist Ehrensache“ und "Ehre statt Geld“
  • 2014: "Generation online - Leben in verschiedenen Welten?"
    Zu dem Rahmenthema sind drei Impulstexte beigefügt: "Karikatur", “Jugendliche plaudern anders“ und "Privatsphäre im Netz - Das Internet erinnert sich ewig“

Die Aufgabe der Impulstexte ist es,

  • das Rahmenthema ab- bzw. einzugrenzen

  • eine allgemeine Wissensgrundlage zum Rahmenthema und seiner unterschiedlichen Facetten zu schaffen

  • zu weiteren Recherchen - auch mit Hilfe der neuen Medien - zum Rahmenhema zu animieren

  • die eigenverantwortliche Auseinandersetzung mit den zur Erweiterung der Wissensbasis selbst ausgewählten Texten des Kompendiums anzuregen

Wie beim Kompendium sind auch die Impulstexte eine eine Auswahl kontinuierlicher und/oder diskontinuierlicher Texte (Sachtexte, u. U. auch literarische Texte, Bilder, (Bild-)Statistiken, Infografiken, Karikaturen u. ä. m.). Dabei ist die Anzahl und auch das zahlenmäßige Verhältnis bestimmter Textsorten nicht festgelegt. (→Frage: Wie viele Texte muss das Kompendium eigentlich umfassen?) Vorgegeben ist nur, dass im Kompendium bearbeitete Texte zum Rahmenthema gesammelt werden sollen, die im Laufe des Prüfungsschuljahres erschlossen worden sind. Und, dass die Sammlung bearbeiteter Texte den Schülerinnen und Schülern bei der Anfertigung ihrer Prüfungsarbeit als Materialgrundlage verwendet werden darf.

Für die Durchführung der schriftlichen Prüfung auf der Basis der Kompendiumaufgabe hat das zuständige baden-württembergische Ministerium festgelegt:

"Das sachliche Argumentieren und Erörtern bestimmt die Aufgabe 3. Spätestens mit Beginn des 10. Schuljahres bekommen die Schülerinnen und Schüler ein Rahmenthema genannt. Zu diesem Rahmenthema werden Impulstexte veröffentlicht, die Anstöße und Hilfestellungen für eine argumentative Auseinandersetzung mit einem Sachverhalt geben. Während des Schuljahres werden von den Schülerinnen und Schülern bearbeitete Texte zu diesem Rahmenthema in einem Kompendium gesammelt, das dann während der Prüfung benutzt werden darf. Die Aufgabenstellung gibt in einer fiktiven, aber real möglichen Schreibsituation einen Schreibanlass mit einem klaren Adressaten und einer klaren Textintention (überzeugen, informieren etc.) vor, wobei das vorbereitete Wissen relevant ist. Die im Bildungsplan verankerten Arbeitstechniken sind das Handwerkszeug zur Lösung der Aufgabe: Informationen aus kontinuierlichen und diskontinuierlichen Texte sammeln, ordnen, auswerten, exzerpieren sowie zusammenfassen.“ (Realschule. Neue Abschlussprüfung. Handreichung zur neuen Realschulabschlussprüfung, hrsgg. V. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, November 2006, S.15,  »http://www.schule-bw.de/schularten/realschule/publikationen/handreichungv2.pdf 

Nicht zulässig sind Texte im Kompendium, die "unzulässige Hilfsmittel" darstellen. Im Allgemeinen gilt:

  • Keine Musteraufsätze, die beispielhafte Lösungen für bestimmte Schreibaufgaben darstellen, ganz gleich, ob diese Beispiellösungen selbst in der Auseinandersetzung mit Kompendiumsmaterialien entstanden sind oder aus fremder Feder stammen. Im Kompendium darf also beispielsweise kein kommentierender Leserbrief oder Redebeitrag zu einem oder zu mehreren Texten des Kompendiums enthalten sein.

  • Keine allgemeinen Arbeitsanleitungen, keine Gliederungsmodelle und keine zusammenfassenden Hinweise zu bestimmten Textsorten nach dem Muster: "Wie schreibt man eine Rede?" oder "Wie wird eine Argumentation aufgebaut?"

  • Keine unbearbeiteten Texte

Um dies zu überprüfen, müssen die erstellten Kompendien von der Fachlehrperson vor der Prüfung eingesammelt werden. Werden die Materialien von der betreuenden Lehrperson beanstandet, müssen die unzulässigen Hilfsmittel vor der Prüfung entfernt werden. Wie dies im einzelnen geschieht, ist nicht festgelegt und hängt von etlichen Faktoren ab.
So kann es durchaus sein, dass eine Lehrkraft, die Eigenverantwortlichkeit besonders hoch ansetzt, und in einem solchen Fall keine Möglichkeit zur Nachbesserung des Kompendiums zulässt.
Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass Lehrerinnen und Lehrer das ganze Jahr über als Lernberater/-innen an der Seite ihrer Schüler/-innen stehen und ihnen immer wieder Hinweise und Rückmeldungen darüber geben, ob sie mit der Leistung ihrer künftigen Prüfungskandidaten/-innen zufrieden sind.

Schwierig und sicher nicht überall gleich gehandhabt ist die Grenzziehung von Zulässigem und Unzulässigem bei Formulierungen zu Texten des Kompendiums, die über Stichworte, Gliederungen, Markierungen und Hervorhebungen hinausgehen. Schreibdidaktisch dürften zwar angesichts der Vielfalt unterschiedlicher Schreibstrategien keine Einwände dagegen erhoben werden, wenn bestimmte Aussagen über Texte und deren Inhalte schon zum Teil ausformuliert beigefügt sind. Solange es sich nicht um einen in sich geschlossenen Musteraufsatz handelt, worunter natürlich auch völlig ausformulierte Textwiedergaben (Inhaltsangaben, strukturierte Textwiedergaben) fallen, dürfte es prinzipiell keine Einwände geben, wenn im Zusammenhang mit der Erschließung von Texten einzelne Aspekte auch in  Gestalt eines mehr oder weniger klar ausformulierten Entwurfs dem/n Kompendiumstext/-en) beigefügt werden. So können →Markierungen und Hervorhebungen, dokumentierte Formen der Texterfassung bis hin zu einem Parallelkonspekt, Gliederungsentwürfe, Argumentationsskizzen und Teilausarbeitungen bei der Erschließung der Texte aufeinander bezogen bleiben. In der Praxis werden hingegen solche Teilentwürfe oft, aller schreibdidaktischer Einwände zum Trotz, für unzulässig erklärt. Was also letztlich zulässig ist oder nicht, sollte zumindest vor Beginn des Schreibprozesses unmissverständlich geklärt werden.

Unabhängig von der Tatsache, dass ganze Musteraufsätze im Prüfungskompendium nicht enthalten sein dürfen, sollten einzelne oder auch mehrere Materialien oder das Rahmenthema bzw. bestimmte Teilthemen während des Schuljahres schreibend in den Formen erschlossen werden, die auch als Prüfungsaufsätze vorkommen können. Das ist zur Übung von Textmustern nötig, die beim Prüfungsaufsatz eingefordert werden.
Man muss also nicht nur wissen, worum es geht, sondern auch wie man's macht, wenn in der Prüfung eine der so genannten freieren Formen der Erörterung verlangt wird, wie z. B. (→Rahmenthemen und Schreibaufgaben 2005-2014)

  • ein Artikel für die Schülerzeitung

  • ein Kommentar zur Veröffentlichung in einer Tageszeitung

  • ein Informationstext für eine Broschüre, einen Flyer oder für die (Schul-)Homepage

  • eine Rede oder einen Vortrag zu einem bestimmten Teilaspekt des Rahmenthemas

  • einen Brief

Die jeweilige Schreibaufgabe wird dann durch Angabe einer fiktiven, aber real möglichen Schreibsituation und eines Schreibanlasses mit einem klaren Adressaten und einer klaren Textintention (überzeugen, informieren etc.) eingegrenzt und muss vom Schreiber/der Schreiberin in konkrete Schreibziele "übersetzt" werden.

Die Schülerinnen und Schüler, die sich bei der Auswahl ihres Themas während der schriftlichen Prüfung für den Aufgabentyp 3 (Kompendiumsaufgabe) entscheiden, erhalten ihr Kompendium zu Beginn der schriftlichen Prüfung zurück. In Baden-Württemberg umfasst die Prüfungszeit 240 min.

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 23.01.2017
 

 
      
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