Vier verschiedene Elemente
können Nachrichten/Botschaften als kongruent oder inkongruent
qualifizieren. Allerdings kommen diese meistens nicht isoliert voneinander
vor, sondern ergänzen sich gegenseitig. (vgl. auch:
▪
Sprechakte)
Qualifizierung durch den situativen Kontext
Wenn der Trainer einer Fußballmannschaft zu einem Spieler,
der gerade einen Elfmeter verschossen hat, sagt: "Du hast einen richtigen
Torriecher!", dann lässt die Realität des vergebenen Strafstoßes die - wie
auch immer gemeinte - sprachliche Äußerung inkongruent erscheinen. Beides
passt einfach nicht zusammen.
Qualifizierung durch die Art der Formulierung
Wenn ein Schüler, der in Mathematik eigentlich immer ganz
ordentliche Noten erzielt, vor einer Klausur äußert: "Ich habe von Mathe
wieder 'mal keinen blassen Schimmer!", dann schafft diese Übertreibung
Inkongruenz.
Wenn ein Lehrer seinen Schülern zu verstehen gibt:
"Eigentlich ist schließlich auch ganz egal, ob ihr das wisst oder nicht.
Wissen ist doch meistens Ballast, Ballast muss man, wenn man hoch hinaus
will, abwerfen.", dann wird einem Schüler ziemlich schnell klar sein, dass
diese Äußerung wohl nicht wörtlich zu verstehen ist. Dies liegt natürlich
nicht nur an der ironischen Art der Formulierung, sondern auch am
situativen Kontext und ggf. an der Art der Intonation des Gesagten.
Qualifizierung durch
▪
Mimik und
▪
Gestik
Wer jemandem in einer Gesprächsrunde keines Blickes
würdigt, aber gleichzeitig erklärt, er finde die betreffende Person sehr
interessant, qualifiziert seine Äußerung durch Körperhaltung (kehrt u. U.
den Rücken zu) und durch den fehlenden Blickkontakt in inkongruenter
Weise. Wenn ein Lehrer seinen Schüler wegen einer Äußerung lobt und
gleichzeitig tadelnd das "Gesicht verzieht", ist die Stimmigkeit der
Botschaft nicht mehr gewährleistet.
Qualifizierung durch den Tonfall
Viele Redefloskeln, mit denen wir in "kritischen"
Situationen zu tun haben, haben die Aufgabe die Form zu wahren. Wenn wir
nach einer heftigen Auseinandersetzung nach einer Reklamation hören: "Wir
würden uns freuen, wenn wir Sie wieder begrüßen könnten.", müssen wir
schon sehr genau auf den Tonfall achten, um unter Umständen Hinweise
darauf zu bekommen, wie das wirklich gemeint ist.
Um die Situation zu klären, ist ein klares
▪
Feedback des
Empfängers als
▪
Feedback-Geber nötig, der dem Sender seine Verwirrung über die sich
widersprechenden Botschaften mitteilen sollte.
So kann der Sender/▪
Feedback-Nehmer seine
Lage möglicherweise erkennen und entwirren, oder aber zu verstehen geben,
dass er selbst sich noch nicht im Klaren ist und noch keine endgültige
Meinung abgeben kann.
Diese Metabebene der Kommunikation lässt dann auch
zu, dass der Sender die "beiden Seelen in seiner Brust" als
▪
innere
Stimmen wahrnehmen kann, einen gewissen Aufschub erhält, um eine
"innere Ratsversammlung" abzuhalten.
Dabei kann er natürlich auch darüber
entscheiden, ob er diesen Selbstklärungsprozess nach dem Muster "Schau, so
läuft es in mir ab!" im Kontakt mit dem Empfänger der Nachricht angehen
will. (vgl.
Schulz von Thun, Miteinander reden 3, 1998, S.71f.)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
20.01.2023