Das menschliche Auge stellt als Sehorgan das am weitesten entwickelte
Sinnesorgan des Menschen dar. Mit weit über 130 Millionen Rezeptorzellen
für elektromagnetische Reize befinden sich in den Augen
70% aller Sinneszellen des Menschen. (vgl.
Campbell/Reece 2003,
S.1372) Die Bedeutung der visuellen Wahrnehmung wird auch durch weitere
Ergebnisse der neueren Hirnforschung unterstrichen. So hat man
festgestellt, dass neben der primären Sehrinde, die ungefähr 15% des
gesamten Cortex (Großhirnrinde) umfasst, es noch mehr als 30 weitere
verschiedene Areale des Gehirns gibt, die mit der visuellen Wahrnehmung zu
tun haben. Man nimmt heute an, dass etwa 60% des Cortex an Wahrnehmung,
Interpretation und Reaktion auf visuelle Reize beteiligt sind. (vgl.
Gegenfurtner 2005, S. 39)Augen sind gegenüber Fremdkörpern aus der Umwelt äußerst empfindliche Sinnesorgane,
denen in der knöchernen Augehöhle besonderer Schutz geboten wird. Sie sind
aus diesem Grund von Nasenbein, Jochbein
und Stirnbein umgeben und in ein Fettpolster eingebettet und, wenn einmal
ein kleiner Fremdkörper (Staub o. ä.) ins Auge zu kommen droht, wird das
Auge durch das Augenlid reflexartig geschlossen (Lidreflex).
Kommt dennoch etwas hinein, so wird es mit der Tränenflüssigkeit wieder
ausgeschwemmt.
Das Auge kann - anatomisch betrachtet - in die folgenden drei Einheiten
gegliedert werden:
Der Augapfel besteht aus drei Schichten,
die, konzentrisch angeordnet, übereinander liegen.
Die äußere Augenhaut
besteht aus der weißen Lederhaut und der durchsichtigen Hornhaut. Die
Lederhaut ist u. a. für das Bewegen des Augapfels
wichtig, da an ihr die Muskeln ansetzen, die den Augapfel in der
Augenhöhle bewegen. Wo das Licht über die Pupille ins Auge gelangt,
befindet sich die durchsichtige Hornhaut,
die das Augeninnere vor dem Eindringen auch kleinster Partikel schützt.
Sie wird mit Tränenflüssigkeit permanent feucht gehalten.
Die mittlere Augenhaut
versorgt über die mit einer Pigmentschicht versehene
Adlerhaut die anliegenden
Hautschichten mit Sauerstoff und Nährstoffen und geht zur Augenöffnung hin
in den so genannten Ziliarkörper bzw.
Strahlenkörper über. Dieser ist für die Aufhängung der Linse und für den Prozess
der Akkommodation verantwortlich. Bei der Akkomodation wird durch den
Ziliarmuskel die Form der Linse verändert, wodurch sich die Brennweite der
Linse ändert. Wenn man in die Ferne sieht (Fernakkomodation),
wird die Linse dadurch abgeflacht, wenn man in die Nähe schaut (Nahakkomodation),
wird sie durch die Kontraktion des Ziliarmuskels abgerundet. An der Stelle, an der das Licht
eintritt, nimmt die Iris bzw. Regenbogenhaut
ihren Platz in der mittleren Augenhaut ein. Die Iris bildet also die
Pupille und sorgt für die Regulierung des Lichteinfalls (Adaptation).
Bei wenig Licht ist die Pupille weit geöffnet, bei hellem Licht dagegen
weniger. Wenn man von einem dunklen Raum plötzlich ins Helle kommt, kann
man den Adaptionprozess unmittelbar erfahren: wir fühlen uns nämlich dann
geblendet.
Auf der inneren Augenhaut oder
Netzhaut befinden sich die lichtempfindlichen
Rezeptorzellen (Stäbchen, Zapfen), die auf das Spektrum
sichtbarer Lichtwellen reagieren. Unsere Photorezeptoren sind mit ihrer "Leistung" an die Umwelt angepasst. Das
für uns sichtbare Licht stellt nur einen kleinen Ausschnitt aus dem ganzen
elektromagnetischen Spektrum dar. Die Wellenlänge des für uns sichtbaren
Lichts bewegt sich zwischen 400 bis 700 Nanometer (1nm entspricht 10-9m).
In diesem Wellenbereich können Menschen und Tiere auch Farben wahrnehmen.
Dort, wo der Sehnerv aus dem Auge austritt, befinden sich keine Lichtsinneszellen. Diese Stelle nennt
man blinden Fleck. Die Stelle des schärfsten Sehens ist die
Fovea, die frei von Blutgefäßen ist.
Was wir sehen, ist - wie schon gesagt - ein vergleichsweise bescheidener Ausschnitt aus dem
gesamten Spektrum elektromagnetischer Wellen, die durch Schwingungen von
Elektronen entstehen. Diese Elektronenschwingungen können künstlich
erzeugt werden, wie etwa in einer Glühbirne oder aber auf natürliche
Prozesse zustande kommen wie im Falle des Sonnenlichts, das ja die
Hauptquelle für das in unserer Umgebung vorhandene Licht ausmacht. Im
Tierreich gibt es eine ganze Reihe von Arten, die bei ihrer Wahrnehmung
auf einen anderen z. T. erweiterten Ausschnitt aus dem elektromagnetischen
Spektrum zurückgreifen können. So besitzen z. B. Schlangen
hochempfindliche Infrarotrezeptoren, mit denen sie die Körperwärme von
Objekten (z. B. Beutetieren) wahrnehmen können, von Fischen wissen wir,
dass sie z. T. elektrische Stromstöße abgeben können und manche Tier
scheinen sogar das Magnetfeld der Erde wahrnehmen zu können. Sie scheinen
es für ihre Wanderungsbewegungen oder für ihr Heimfinde-System zu nutzen
(vgl. Campbell/Reece 2003,
S.1270) Und auch bei anderen Fähigkeiten der visuellen Wahrnehmung lohnt
ein Blick über den Menschen hinaus. Bei einer
Filmvorführung kommen uns
die Abfolge von etwa 48 Bildern pro Sekunde als fließende Bewegung vor, d.
h. von dieser Zahl an können wir im gleichen Zeitintervall die
Einzelbilder überhaupt nicht mehr wahrnehmen. Grundsätzlich schaffen wir
es, ca. 50 Lichtblitze pro Sekunde auseinander halten können. Insekten
dagegen bringen es auf bis zu 330 Lichtblitze pro Sekunde. Kein Wunder
also, dass uns eine Fliege immer wieder entwischt, wenn wir nach ihr
schlagen, sieht sie unsere Hand doch in Super-Zeitlupe auf sich zukommen.
Auch das Farbensehen ist bei manchen Insekten wie z. B. den Bienen
ausgeprägter als beim Menschen. Sie können auch das ultraviolette Licht
sehen. Manche Krebse, Tauben und sogar manche Fische bringen es sogar
fertig, die Polarisationsebene des Himmelslichts wahrzunehmen und sind
dadurch in der Lage auch bei völliger Bewölkung des Himmels den aktuellen
Sonnenstand zu ermitteln.
Im Innenraum des
Augapfels befindet sich der Glaskörper,
die Linse und die beiden
Augenkammern.
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Auge und Kamera
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
13.02.2021