Niederschreiben über was man schon nachgedacht hat
Die folgende Schreibstrategie
wird oft als "Niederschreiben" bezeichnet
und wer sie verwendet dementsprechend "Niederschreiber" genannt.
Besser verwendet man aber den dafür besser geeigneten Terminus "Aus-dem-Kopf-Niederschreiben", auch wenn dieser Terminus die Sache auch nicht
haargenau trifft.
Aber die bildliche Vorstellung, die sich damit
verbindet, kommt dem, was diese Schreibstrategie ausmacht, doch ziemlich
nahe. Vor allem wird dadurch auch der Gegensatz zu dem "Aus-dem-Bauch-Schreiben"
(Schreiben in einem Zug) vom Bild her gesehen schon deutlich.
Trotzdem: Alles Schreiben geschieht natürlich im Kopf ... (vgl.
Die Vertextung der Gedanken)
Ortner (2000,
S.482ff.) spricht bei dieser Schreibstrategie von einer
extra-literalen
Textentwicklung in großen Zügen und meint damit, dass der Schreiber, ehe
er etwas niederschreibt, schon darüber nachgedacht hat, was er schreiben
will. Dadurch ist also die Strukturbildung und die Wissensverarbeitung
vom eigentlichen Formulieren abgekoppelt.
Formulieren, was als Prätext schon im Gedächtnis vorhanden ist
Im Grunde genommen wird beim
Aus-dem-Kopf-Niederschreiben beim
Formulieren das aufgeschrieben/niedergeschrieben, was schon im Gedächtnis,
gewissermaßen als Prätext (Wrobel 1995)
repräsentiert ist.
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"Niederschriften zur Speicherung von Gedanken"
(vgl. Mrotzek/Böttcher
2011, S. 36), nicht einmal als Gedächtnisstütze, fertigt der
Aus-dem-Kopf-Niederschreiber an.
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Größere Umstrukturierungen und Korrekturen werden
beim Schreiben nicht mehr vorgenommen. Die Strukturierung im Kopf "muss
losgelöst von der Formulierung geleistet werden." (ebd.)
Klare Zweiteilung von Denken und Schreiben
Die klare Zweiteilung von Denken und Schreiben
unterscheidet das Aus-dem-Kopf-Niederschreiben von Schreibstrategien wie
dem Scheiben in einem Zug, dem
Einen-Text-zu-einer-Idee-Schreiben ganz deutlich. Zugleich hebt es
sich dadurch aber auch
von den Strategien des Versionenschreibens oder
Versionenredigierens ab.
Schülerinnen und Schüler neigen oft zu dieser Schreibstrategie
Bei Schülerinnen und Schülern lässt sich die Verwendung dieser
Schreibstrategie in Zusammenhang mit den unterschiedlichsten
schulischen
Schreibformen beobachten.
Ein Indiz dafür ist die Tatsache, dass
manche von ihnen, auch im Zusammenhang mit schulischen Schreibformen wie
der freien
Problem- und Sacherörterung
und Texterörterung,
oder auch bei der Textanalyse,
für welche die Strategie des
Schritt-für-Schritt-Schreibens oder die
Strategie des planenden
Schreibens eher naheliegen, ohne schriftliche Stoffsammlung,
Arbeitsgliederung oder sonstigen Konzeptgestaltungen auskommen.
Allerdings besteht auch die Gefahr, dass Schülerinnen und Schüler
nur glauben, dass sie ihre Textproduktion "aus dem Kopf" vorstrukturiert
niederschreiben. Oft folgen sie nämlich doch noch den Schreibstrategien folgen, die eher
für die Schreibformen in
der Primar- und Sekundarstufe geeignet sind, wie z. B. die Anwendung des
Einen-Text-zu-einer-Idee-Schreibens
bei bestimmten Formen des
Erzählens (z. B. Erlebniserzählung,
Nacherzählung etc.)
Hier muss der schulische Schreibunterricht aufzeigen, dass
unterschiedliche
Schreibaufgaben auch andere Schreibstrategien erforderlich
machen.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.07.2020
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