•
Didaktische und methodische Aspekte
zu den Kurzgeschichten Borcherts
Die •
didaktischen Konzepte, die bei
der Behandlung von •
Kurzgeschichten
zum Tragen kommen, gelten für den gesamten Bereich der •
erzählenden Literatur.
Daher umfassen sie auch die • Gesamtheit
der Kurzgeschichten von •
Wolfgang Borchert
bestimmen auch die Arbeit mit seiner Kurzgeschichte • »An diesem Dienstag«.
Auch wenn ▪
Kurzgeschichten im Allgemeinen
wohl •
nicht zu der von Kindern und
Jugendlichen bevorzugten Freizeitlektüre gehören .
(vgl.
Pfeiffer 22013,
S.65)
motiviert eine anregende und eigenaktive Behandlung der Kurzgeschichten Borcherts
die Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Gründen heute wohl
noch immer.
In einer Zeit, in
der der Krieg nach Europa zurückkehrt ist (Angriff Russlands auf die
Ukraine im Februar 2022), die Bilder von der Zerstörung des
Gaza-Streifens durch Israel und dem Schicksal der dort lebenden
Menschen seit dem von der terroristischen Hamas am 7.10.2023
verübten Massaker allgegenwärtig geworden sind, und die Welt an
zahlreichen Orten von Krieg und Zerstörung gezeichnet ist, erhalten
auch die Geschichten Borcherts, die die Erfahrungen und das
Schicksal der Menschen im Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit
im kulturellen Gedächtnis der Deutschen bewahren, eine große
Aktualität.
Schon Wilhelm
Große
(1995/2017, S.93f.) hat dabei auf die besondere Wirkung der
Kurzgeschichten Borcherts auf Schülerinnen und Schüler hingewiesen und
dies auf "die Glaubwürdigkeit seines kurzen Lebens, die Wahrhaftigkeit
der Texte, sie pazifistische Haltung, das unterkühlte Pathos"
zurückgeführt, die diese Geschichten auszeichneten. Sie sprächen die
Jugendlichen besonders durch ihre "Verweigerungshaltung" an und den in
ihnen zum Ausdruck gelangenden Pazifismus sowie "die in ihnen
verwirklichte Humanität", die auch seinen Texten ein hohes Maß an
Glaubwürdigkeit verliehen.
Der Zugang zu den
Texten im Unterricht erfolgt im Allgemeinen
kognitiv-analytisch oder produktiv mit verschiedenen
Methoden des
handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts, die dem
Entwicklungsstand, dem Wissen und den erworbenen Kompetenzen der
Schülerinnen und Schüler entsprechend zu gestalten sind.
Der •
kognitiv-analytische Zugang
zu dieser Kurzgeschichte
kann über •
Gattungswissen, •
Textanalysewissen, •
Literaturgeschichtliches Wissen, •
Autorenwissen oder •
Intertextuelles Wissen
erfolgen.

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Im Allgemeinen
zielen kognitiv-analytische, •
wissensorientierte Konzepte, die auch als • "Literaturwissenschaftsdidaktik"
(Köster
2015, S.60 unter Bezugnahme auf
Pflugmacher
2014, S. 157f.) bezeichnet werden, darauf "in Bauformen,
Strukturen, Untergattungen und Strategien des Erzählens" (Kepser/Abraham
42016,
S.194) einzuführen.
Dazu gehört auch die
Herausarbeitung der •
Grundstrukturen von Borcherts Kurzgeschichten sowie die •
Besonderheiten seines Stils.
Konzepte der älteren Erzähltheorie als Grundlage der
literaturwissenschaftlichen Grundausbildung
Die
literaturwissenschaftliche Grundausbildung kann sich dabei nach Ansicht
von
Kepser/Abraham (42016,
ebd.) bei der
•
schulischen Erzähltextanalyse mit den Konzepten der
älteren Erzähltheorie
und ihren ▪
Strukturbegriffen
begnügen. Darunter fallen u. a. das Konzept der ▪
Erzählsituationen von »Franz
K. Stanzel (geb. 1923)
(1964,1979), die Analyse der Bauformen des Erzählens von »Eberhard
Lämmert (1924-2015) (1953/1955)
(z. B.
•
Erzählerbericht
und Figurenrede (Ältere Erzähltheorie).
Wer hingegen ein im
Vergleich zu Stanzels Konzept "weitaus offeneres, programmatisch
dynamischeres und der erzählerischen Praxis in der Tat angemesseneres
Instrumentarium" (Jeßing/Köhnen
22007, S.189) bevorzugt, findet in der ▪
Erzähltextanalyse nach Petersen (1998),
eine kriterienorientierte Alternative zu dem triadischen Konzept von
Stanzel. Dabei kann die etwas ▪
vereinfachte Form der "Kategorientafel" (Petersen
1998, S.8), die Petersen an anderer Stelle (72006,
S.58) zusammengestellt hat, insbesondere für die ▪
schulische Analyse erzählender Texte, nicht nur aus didaktischen
Gründen, die elementaren Instrumente im "▪
Werkzeugkasten"
bereitstellen.
Die Kategorien der
älteren Erzähltheorie
bestimmen auch die •
Lehrwerke in den Jahrgangsstufen 7 bis 10.
Ausgewählte Kategorien der neueren Erzähltheorie als Beitrag zur
Wissenschaftspropädeutik
Allerdings sollte,
wie auch wie
Kepser/Abraham (42016,
S.191) meinen, in Leistungskursen auch der Anschluss an die
neueren narratologischen Konzepte gesucht werden, die im Bereich der
Literaturwissenschaft heute an den Universitäten gelehrt werden.
Dazu
zählt vor allem die Erzähltheorie von
»Gérard
Genette (1930-2018) (1972,
dt. 1994)
(z. B. Kategorien wie
homodiegetischer
oder
heterodiegetischer Erzähler oder auch das ▪
Fokalisierungkonzept).
Auch die
Einführung in die Erzähltheorie (1998, 10. Aufl. 2016) von »Matías
Martínez und »Michael
Scheffel (geb.1958) schließt vor allem an Genette an.
Aber auch die Narratologie von »Wolf
Schmid (geb. 1944) (2005)
(z. B. •
Parameter der Perspektive)
bietet einiges, was schon im Literaturunterricht bei der Analyse von
Erzähltexten verwendet werden kann.
Eine umfassende Orientierung der •
schulischen Erzähltextanalyse an den umfangreichen
Kategoriensystemen und
▪
Strukturbegriffen der
neueren Erzähltheorie bzw. der neueren wissenschaftlichen Narratologien ist
dabei allerdings sicherlich nicht möglich.
Kompetenzorientierte,
auf den produktiven Umgang mit erzählenden Texten setzende Konzepte auch als "Literaturdidaktik" (Köster
2015, S.60) bezeichnet, gehen mit den Texten "spielerisch" um
und wollen damit ein Verständnis für historische und moderne Formen des
Erzählens schaffen. Sie setzen an der Ganzheitlichkeit ästhetischer
Erfahrung an und rücken als •
Prototypendidaktik (vgl. u. a.
Spinner 2006,
Köster 2015) bildliches
Denken und das Finden von selbst generierten Ähnlichkeiten mit all ihren
dabei auftretenden Unschärfen in den Mittelpunkt. Im •
handlungs- und
produktionsorientierter Unterricht
mit seinen vielfältigen •
Methoden und
Konzepten steht ein großes Repertoire unterschiedlicher
Möglichkeiten zur Verfügung mit erzählenden Texten •
produktiv und
•
kreativ
umzugehen.(•
Surfbrett Kreatives
Schreiben)
Um zu einem vertieften
Verständnis der Kurzgeschichte zu gelangen, können verschiedene •
Formen und
methodische Verfahren der Kontextarbeit durchgeführt werden, die
auch einem ahistorischen Verständnis der Gattung entgegenwirken. Dazu
zählen bei der • Kontextualisierung
der • Kurzgeschichten Borcherts das •
Autorenwissen, das •
Gattungswissen, das •
historische Kontextwissen
und das • intertextuelle
Wissen.
In •
eigenverantwortlichem
Lernen, das sich auf entsprechende
prozessorientierte Arbeits- und Schreibaufgabene stützt, können die
Schülerinnen und Schüler über die • Biografie
Borcherts recherchieren oder Informationen dazu aus
bereitgestellten (Arbeits-)Texten entnehmen und in Bezug zu der bzw. den
jeweils ausgewählten Kurzgeschichten setzen. Dabei können Sie sich auch
mit den Möglichkeiten und Grenzen des •
biografischen Ansatzes
bei der Interpretation beschäftigen und ggf. auch reflektieren, wie
sich der • Ansatz im
Laufe der Zeit verändert hat.
Ebenso könnte das
Heranziehen von
historischem Kontextwissen vor allem im Zusammenhang mit einer
thematisch motivierten Auswahl von Kurzgeschichten (z. B. Krieg,
Nachkriegszeit, Humanität) von den Schülerinnen und Schülern in
eigenverantwortlicher Regie in Form
kooperativen
Lernens erfolgen. So könnten sie Informationen über den
Verlauf des
Zweiten Weltkrieges (1939-1945)
und die Nachkriegszeit recherchieren, die als
Hintergrundwissen das Verständnis der Kurzgeschichte vertiefen können.
Literatur- und gattungsgeschichtlich zählt • »An diesem Dienstag« zur so genannten »Trümmerliteratur,
die
nach dem »Zweiten
Weltkrieg (1939-1945) entstanden ist. Kurzgeschichten, die dazu
gehören, zeichnen sich durch ihre "knappe. aussparende Erzählweise" aus. Diese zeigt sich
u. a. in dem "geradlinig auf den Schluss zulaufenden Gegenwartsgeschehen,
teilweise mit äußerst komprimiert eingefügter Vorgeschichte, meistens in
umgangssprachlichem, untertreibenden Stil. Die solchermaßen erreichte
Komplexität beleuchtet über den Einzelfall hinaus die oft fatale
Interdependenz von Individuum und Gesellschaft."
(Marx
2005, S.131)
»An diesem Dienstag« ordnet sich ein in eine ganze Reihe anderer
Kurzgeschichten des Autors, aber auch anderer Autorinnen und Autoren der
Nachkriegszeit, die Kriegserfahrungen und Erfahrungen der unmittelbaren
Nachkriegszeit thematisierten. Was der schon 1947 verstorbene Borchert
im selben Jahr in seinen Erzählbänden An diesem Dienstag und
Die Hundeblume veröffentlichte, beruhte, so
Schnell (31989,
S.537), nicht nur auf den "Erfahrungen und Anklagen eines einzelnen,
sondern einer ganzen Gruppe [...] einer ganzen Generation: der von ihren
Vätern betrogenen und verratenen Jugend, die unter dem Faschismus zu
leiden hatte, im Krieg ihrer besten Jahre beraubt wurde und nun,
inmitten von Trümmern, ihr neues Selbstverständnis suchte."
Wie z. B. »Heinrich Böll
(1917-1985) oder »Ilse
Aichinger (1921-2016) setzt auch Wolfgang Borchert auf die "offene, variable Form
der Kurzgeschichte und das damit verbundene knappe, andeutungsweise
Erzählen [...] um Kriegstraumata, Sinnverlust, Heimatlosigkeit im
konkreten wie im metaphysischen Sinn und ein tief erschüttertes
Weltvertrauen zu artikulieren." (Meyer
2014, S.194)
Werden Kurzgeschichten
verschiedener Autorinnen und Autoren ( z. B. Wie z. B. »Heinrich Böll
(1917-1985) oder »Ilse
Aichinger (1921-2016)) zum intertextuellen ▪
Textvergleich mit
der Geschichte Borcherts herangezogen, so können sie z.
B. in Form eines ▪
thematischen,
▪
synchronen
oder ▪
diachronen Vergleichs
oder ▪
als ▪
Motivvergleich,
▪
Stilvergleich,
▪
Gattungs- bzw. Textsortenvergleich
sowie als ▪
intermedialer Vergleich
durchgeführt werden.
Verschiedene
Vorschläge zur Arbeit mit den dem Text finden Sie z. B. unter den
folgenden • Bausteinen:
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
25.05.2025
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