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Aspekte der Analyse und Interpretation

Verschiedene Interpretationsaspekte

Andreas Gryphius: Es ist alles eitel

 
FAChbereich Deutsch
Glossar Literatur  ● Autorinnen und Autoren Andreas Gryphius (1616-1664) Lyrische Texte Es ist alles eitelText [ Aspekte der Analyse und Interpretation Formmerkmale des Gedichts Verschiedene Interpretationsaspekte Antithetische Struktur und Aussage ]
Bausteine Ebenbild unseres Lebens Abend Tränen des Vaterlands Menschliches Elende Einsamkeit Thränen in schwerer Krankheit (Anno 1640)   ... Schreibformen Operatoren im Fach Deutsch
 

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Allseits bedrohtes Leben und unstillbarer Lebenshunger
Vanitas, carpe diem und memento mori: Der Mensch in bipolarer Spannung
Krankheit und Tod
Barocklyrik

Vanitas-Lyrik
Vanitas-Motiv und Vanitas-Symbole

Was Andreas Gryphius als zentrales Thema seines Sonetts »Es ist alles eitel« aufgreift kennzeichnet auch sein Werk als Ganzes. Es ist eines seiner  "Vanitas-Sonette" (Meid 22008, S.102) und wird hier unter dem Begriff der ▪ barocken Vanitas-Lyrik eingeordnet, deren zentrales ▪ Motiv die Vergänglichkeit (vanitas) darstellt.

Im Vordergrund steht das ▪ Motiv der Vergänglichkeit, das eines der populärsten Motive der ▪ Barocklyrik darstellt.

Das Thema der Vergänglichkeit menschlichen und allen irdischen Daseins war den Menschen dieser Zeit stets präsent. Wer den Wirren des ▪ Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), der unglaubliche ▪ Verheerungen über Land und Leute brachte, ebenso ausgesetzt war, für wen »Hungersnöte und ▪ Epidemien zum alltäglichen Lebens und seine Risiken einfach dazugehörte,  lebte wohl auch oft mit einem Lebensgefühl zwischen ▪ Vanitas, carpe diem und memento mori, das mit der ▪ Spannung zwischen einem allseits bedrohten Leben und einem unstillbaren Lebenshunger zurechtzukommen hatte. Ein allgemeines Lebensgefühl, wonach der sogenannte "Barockmensch" nur in dieser Bipolarität gelebt hätte, ist indessen kaum anzunehmen.


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Trotzdem: Der Tod jedenfalls gehörte, angesichts der zeitgenössischen Umstände, in einer Weise zum Leben dazu, wie wir es uns heute kaum mehr vorstellen können.

Hinzu kam noch, dass "Reformation und Gegenreformation (...) das Individuum nicht nur einem äußeren Chaos ausgeliefert (haben), sondern sie haben auch zu einer inneren Verunsicherung in Glaubensfragen geführt, in der Gryphius eine gefährliche Unterminierung des Heilsgedankens erblickt. So ist es nicht verwunderlich, dass sich in seinen Gedichten das antithetische Lebensgefühl seiner Zeit mit einem unerschütterlichen Glaubenspathos verbindet, mit dem oft in fast beschwörender Weise der Leser direkt angesprochen wird. […]" (Kenkel 1980, S.88)

Typisch für ihn, wie er den Leser bzw. die Leserin direkt zu Beginn seines Gedichts mit dem zentralen Thema seines Gedichts, der Eitelkeit der Welt, konfrontiert. Man kann den Eindruck gewinnen, dass "der Dichter als Wahrheitsverkünder und Seher seine prophetische Stimme (erhebt)" und zwar "mitten im Rasen des Krieges", wo er "selbst zum Augenzeugen der Vergänglichkeit geworden" ist (Szyrocki 1964, S.59)

Die direkte Anrede (Apostrophe) des Lesers in der Du-Form, ein typisches Merkmal nicht nur seiner Lyrik im Barock (vgl. Szyrocki 1997, S.67), welche Traditionen der neulateinischen Dichtung fortsetzte, bezieht den Leser "von vornherein in eine Antithetik (ein), die erst aus der letzten Zeile ersichtlich wird, deren Versrhythmus als einziger mit dem der ersten Zeile identisch ist. Beide Zeilen zusammen bilden ein Kontrastpaar, das die dazwischen liegenden zwölf Zeilen in die Polarität von irdischer Vergänglichkeit und christlicher Ewigkeitslehre stellt." (ebd.)

Auf diese Weise wird die antithetische Struktur des Gedichts mit Versmaß und der intensiven Bildlichkeit noch stärker betont. Mit dem Alexandrinervers mit seiner klaren Zäsur nach der dritten Hebung, "entsteht eine Mitteldiärese*, die es Gryphius ermöglicht, die zwei Halbverse einer Zeile antithetisch zu gestalten, ohne dabei gegen den Sprachrhythmus schreiben zu müssen." (ebd.)

Das wiederum hat zur Folge, dass sich "die Bildlichkeit, die durchgängig auf Kontrastmetaphern beruht, nahtlos in das vorgegebene Versschema ein (fügt). Die Gegensatzpaare von bauen und einreißen, von Stadt und Wiese, von Glück und Beschwerden und schließlich von Ruhm und Traum dienen einzig dem Zweck, die Bedingtheit alles Zeitlichen, d.h. den Vergänglichkeitsgedanken in konkreten Bildern dem Leser vor Augen zu führen." (ebd.)

Der Gedanke an die Vergänglichkeit allen Daseins wird in dem Gedicht von Gryphius mit der Hilfe biblischer Bildlichkeit zu einer "Schreckensmetaphorik" (ebd.), die den Leser mahnt: "Betrachte die eigentlichen Werte der menschlichen Existenz, gedenke deines ewigen Seelenheils, andernfalls bist du verloren! Dieser offensichtliche Lebenspessimismus, hervorgerufen durch die tiefe Glaubenserschütterung seiner Zeit und dargestellt mit fast missionarischem Unterton, ist typisch für die Gryphsche Lyrik." (ebd.)

 

WORTERKLÄRUNGEN:
** Diärese (griech.) starke Zäsur: zugleich Ende eines Versfußes und eines Wortes; typisch für den Alexandriner.

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 27.01.2024

 
 

 
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